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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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die Schulter legen – beides gilt es situationsangepasst zu kombinieren. Nur eines braucht es in der menschlichen Gesellschaft nicht: körperliche Gewalt gegenüber anderen. Konkurrenz und Allianz sind überall in der auf Selektion von Eignungen basierenden natürlichen Evolution eng miteinander verwoben. Somit ist der Vorwand der Evolutionskritiker, das von gegenseitiger Unterstützung getragene Miteinander fände bei Darwin zu wenig Beachtung, einfach haltlos. Das menschliche Zusammenleben macht hier keine Ausnahme, denn scheinbare Gewalterfolge entpuppen sich in der Langzeitwirkung immer als Niederlagen.
Wie wird es weitergehen – evolutionäre Eintracht oder Kontraproduktivität?
    Arbeitet der Mensch gegen die natürliche Evolution, versucht er deren gesetzliche Vorgaben außer Kraft zu setzen, um sich unabhängig zu machen? Ständig stellen wir unsere künstliche Produktivität dem natürlichen Geschehen gegenüber. Die Gentechnik wird von vielen als der Versuch gesehen, Gott zu spielen, um die Entwicklung zu unseren Gunsten zu steuern. Krankheitsbekämpfung durch Gentherapie, Nahrungsmittelmanipulation, Verlängerung der individuellen Lebensdauer – Ziele, über deren Konsequenzen wir uns noch gar nicht so recht bewusst sind. Das alles klärt aber nicht die Frage nach unserer evolutionären Einbindung. Bringen uns all diese Aktivitäten wirklich den Sprung in die Unabhängigkeit von der natürlichen Auslese zufälliger Mutationen? Ob eine solche Abkopplung überhaupt wünschenswert ist, soll hier nicht weiter diskutiert werden. Auf das Dilemma rund und dem Begriff „künstlich“ und die Frage nach der Grenze zum Natürlichen wurde bereits eingegangen. Fest steht: Wenn wir an einer Beurteilung unserer Zukunftsaussichten interessiert sind, müssen wir jetzt Farbe bekennen und uns über die Reichweite unserer
künstlichen
Aktivitäten nichts vormachen. Bereits heute dürften wir über die Möglichkeiten der kompletten Selbstausrottung verfügen und wir würden vermutlich andere Lebensformen mit uns nehmen. Aber die Bioevolution würde weitergehen, Lebensformen hervorbringen, die es zu neuer Blüte brächten – so wie es schon vielfach in den drei Milliarden Jahren Lebensgeschichte erfolgt ist. Ohne die Saurierkatastrophe vor 65 Millionen Jahren wäre den unscheinbaren Säugerahnen vermutlich nie der Durchbruch gelungen und vielleicht gar keine zweibeinige intellektuelle Extremform entstanden, die sich jetzt am Scheideweg glaubt. Doch prinzipiell unterscheidet sich die Überspezialisierung von Gehirnen nicht von anderen Extremformen, die einmal erfolgreich die Erde bewohnten. Ob Riesenhirsch oder Säbelzahnkatze – irgendwann wandelte sich der Bonus ohne eigenes Zutun in einen Malus. Wir – und das ist vermutlich erstmalig der Fall – versuchen durch geplantes Handeln diesen Wandel zu verhindern. Aber wir sind mit allen unseren basalen Lebensäußerungen, mit unserer genetischen Prädisposition, unserer Anatomie und Physiologie, von der Zeugung über Jugend, Alterung und Ableben völlig in das natürliche System und deren Evolution eingebunden. Das, was wir manipulieren, ist ein Bereich, der an diesen grundlegenden Abhängigkeiten nichts verändert und uns keine Immunität gegenüber globalen Umwälzungen verleiht. Solche hat es offensichtlich in unregelmäßiger Abfolge auch ohne menschliches Zutun immer gegeben, und wir müssen davon ausgehen, dass es auch in Zukunft so sein wird. Wir sind Teil der Natur und damit ist alles, was wir hervorbringen, vom Kinderfahrrad bis zum Jumbojet, von der Ideenproduktion bis zur Gentechnik auch natürlich. Wir werden uns den evolutionären Gesetzmäßigkeiten der Natur nie entziehen können – und das ist auch gut so. Das Gerede um künstlich oder nicht ist obsolet. Wir sind auf dieser Welt und nehmen Einfluss auf sie, wie es jede andere Spezies tut bzw. getan hat – wenn vielleicht auch in unterschiedlich starkem Ausmaß. Aber wir sind nicht so besonders und potent, dass wir das Rad der Evolution in eine uns genehme Richtung drehen könnten. Wenn die Natur zurückschlägt, sind wir die ersten Opfer der Selektion. Wir sollten die uns gegebenen Möglichkeiten nutzen, umweltverträglich unser Dasein zu stabilisieren, aber nicht in den Größenwahn verfallen, eine Konkurrenzevolution starten zu wollen. Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Halten wir uns vom Abgrund fern. Das ist zwar langfristig auch keine Überlebensgarantie, aber allemal besser, als mit dem Feuer

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