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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Beine zu Wasser verwandelt. Sein Ego ebenso: Das war nicht der Zeitpunkt zum Tapfersein. Er würde betteln, auf die Knie fallen und ihnen, wenn nötig, die Sohlen ablecken, alles würde er tun, damit sie ihn nicht kaputtmachten. Alles, damit sie ihm sein Gesicht nicht verschandelten.
    Das war Preetorius’ Lieblingszeitvertreib, zumindest sagte man ihm dies auf dem Kiez nach: Schönheit zu verschandeln.
    Er hatte seine eigene Methode, konnte mit drei Schnitten seines Rasiermessers hoffnungslos irreparabel verstümmeln, und das Opfer durfte sich dann die eigenen Lippen als Andenken einstecken.
    Gavin taumelte vorwärts, patschte mit den Handflächen auf den nassen Boden. Etwas verwest Weiches fuhr unter seiner Hand aus der Haut.
    Nicht-Christian wechselte ein Grinsen mit Preetorius. »Sieht er nicht entzückend aus?« sagte er.
    Preetorius zerbiß knirschend eine Nuß. »Hab’ den Eindruck«, sagte er, »der Mann hat endlich seinen Platz im Leben gefunden. «
    »Ich hab’ ihn nicht angerührt«, bettelte Gavin. Nichts blieb mehr, als unaufhörlich zu leugnen; und selbst dann war es eine aussichtslose Sache.
    »Du bist so schuldig wie die Hölle«, sagte Nicht-Christian.
    »Bitte.«
    »Ich möchte das wirklich so schnell wie möglich hinter mich bringen«, sagte Preetorius und warf dabei einen Blick auf seine Uhr, »ich muß Termine einhalten, Leuten ihren Genuß verschaffen.«
    Gavin schaute zu seinen Folterern auf. Die von Natriumdampflampen erhellte Straße war eine Fünfundzwanzig-Meter-Kurzstrecke entfernt - falls er die Absperrung ihrer Leiber durchbrechen konnte.
    »Du gestattest doch: ein neuer Zuschnitt für dein Gesicht. Ein kleines modisches Verbrechen.«
    Preetorius hatte ein Messer in der Hand. Nicht-Christian hatte ein Seil aus seiner Tasche gezogen, mit einem Knäuel daran.
    Der Knäuel kommt in den Mund, das Seil um den Kopf
    Schreien war unmöglich, und wenn dein Leben davon abhing.
    So sah’s aus.
    Los!
    Gavin schnellte aus seiner Kriecherposition wie ein Sprinter vom Block, aber der Matsch ölte ihm die Absätze ein und warf ihn aus dem Gleichgewicht. Anstatt einen sauberen Start Richtung Freiheit hinzulegen, stolperte er zur Seite und fiel gegen Christian, der seinerseits auf den Rücken fiel.
    Ein atemloses Krabbeln auf allen vieren - bis Preetorius dazwischentrat, sich die Hände an dem weißen Dreckstück schmutzig machte und ihn auf die Füße hievte.
    »Kommst hier nicht raus, Kacker«, sagte er und drückte dabei die Spitze der Klinge gegen Gavins Kinn. Hier zeichnete sich der Knochen am deutlichsten ab, und ohne weitere Diskussion fing er an zu schneiden: folgte der Linie des Kiefers, zu versessen auf sein Tun, um sich darum zu kümmern, ob das Dreckstück geknebelt war oder nicht. Gavin brüllte, während ihm das Blut den Hals hinunterströmte, aber seine Schreie wurden jäh unterbrochen, als jemand Dickfingriger seine widerstrebende Zunge zu fassen bekam und sie festhielt.
    Sein Pulsschlag dröhnte ihm in den Schläfen, und unablässig gingen Fenster, eins hinter dem anderen, vor ihm auf, und er stürzte durch sie hindurch in Bewußtlosigkeit.
    Lieber sterben. Lieber sterben. Sie würden ihm das Gesicht ruinieren: lieber sterben.
    Dann schrie er wieder, nur war er sich gar nicht bewußt, daß er das Geräusch in seiner eigenen Kehle hervorbrachte. Durch das Gebrumm in seinen Ohren versuchte er sich auf die Stimme zu konzentrieren und erkannte, daß es Preetorius’ Schrei war, den er da hörte, nicht sein eigener.
    Seine Zunge wurde losgelassen, und augenblicklich mußte er sicherbrechen. Kotzend und rückwärts torkelnd, wich er einem Durcheinander vor ihm kämpf ender Gestalten aus. Eine oder mehrere unbekannte Personen waren dazwischengetreten und hatten die Vollendung seiner Verschandelung verhindert. Ein Körper lag ausgestreckt am Boden, mit dem Gesicht nach oben.
    Nicht-Christian, Augen offen, Leben aus. Gott: Jemand hatte für ihn gemordet. Für ihn.
    Ganz vorsichtig hob er die Hand zum Gesicht, um den Schaden zu betasten. Den Unterkieferknochen entlang war das Fleisch klaffend aufgerissen, von der Kinnmitte bis auf zwei, drei Zentimeter vor dem Ohr. Es war schlimm, aber Preetorius, immer schön methodisch, hatte sich die höchsten Wonnen bis zum Schluß aufgehoben - und war unterbrochen worden, ehe er Gavin die Nasenlöcher aufgeschlitzt oder die Lippen entfernt hatte. Eine Narbe entlang dem Kieferknochen war nicht gerade hübsch, aber zumindest keine Katastrophe, jemand

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