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Das 5. Buch des Blutes - 5

Das 5. Buch des Blutes - 5

Titel: Das 5. Buch des Blutes - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Road auf; aber auf halbem Weg zu seinem Bestimmungsort setzte der Regen ein, mit großen Tropfen, gegen die seine Scheibenwischer beim besten Willen nichts ausrichten konnten. Der Verkehr geriet ins Stocken; einen knappen Kilometer kroch Jerry im Schneckentempo durch die Sintflut, mit den Bremslichtern des Fahrzeugs vor ihm als einziger Orientierung. Die Minuten verrannen, und seine Unruhe wuchs. Bis er sich aus dem zusammengebro-chenen Verkehr hinauszwängte, um eine andere Strecke ausfindig zu machen, hatte er sich bereits verspätet. Niemand wartete auf den Stufen zum Hallenbad; aber nicht weit davon war Garveys schießpulverblauer Rover an der Straßenseite geparkt.
    Vom Chauffeur keine Spur. Jerry fand eine Parklücke auf der gegenüberliegenden Straßenseite und rannte dann durch den Regen zum Hallenbad. Von der Wagen zur Eingangstür waren es nur fünfzig Meter, aber bis er dort anlangte, war er durchnäßt und außer Atem. Die Tür war offen. Garvey hatte zweifellos das Schloß geknackt und sich vor dem Regenguß ins Trockene gerettet. Jerry verdrückte sich nach drinnen.
    Garvey war nicht in der Vorhalle, dafür jemand anderer. Ein Mann von Garveys Größe, aber eineinhalbmal so breit. Er trug Lederhandschuhe. Sein Gesicht hätte, bis auf die fehlenden Nähte, aus demselben Material sein können.
    »Coloqhoun?«
    »Ja.«
    »Mr. Garvey wartet drinnen auf Sie.«
    »Wer sind Sie?«
    »Chandaman«, antwortete der Mann. »Gehn Sie nur rein.«
    Am anderen Ende des Korridors schimmerte Licht. Jerry stieß die Sprossentüren der Vorhalle auf und ging den Gang entlang darauf zu. Er hörte, wie hinter ihm die Eingangstür zuschnappte und dann den widerhallenden Tritt von Garveys Stellvertreter.
    Garvey redete gerade mit einem anderen Mann, kleiner als Chandaman, der eine ansehnliche Stablampe in der Hand hielt.
    Als die beiden Jerry herankommen hörten, blickten sie in seine Richtung; ihre Unterhaltung endete schlagartig. Garvey bot ihm weder einen Gruß noch die Hand, sondern sagte lediglich:
    »Wird auch Zeit.«
    »Der Regen…« fing Jerry an, fand es dann aber sinnlos, das Offensichtliche zu erklären.
    »Sie wer’n sich den Tod holen«, sagte der Mann mit der Stablampe. Jerry erkannte augenblicklich die melodische Stimme von:
    »Fryer.«
    »Eben der«, erwiderte der Mann.
    »Erfreut, Sie kennenzulernen.«
    Sie schüttelten sich die Hand, und dabei fiel Jerrys Blick auf Garvey, der ihn anstarrte, als sei er auf der Suche nach einem zweiten Kopf. Eine halbe Minute - so lang schien es zumindest - sagte der Mann kein Wort, sondern musterte nur das wachsende Unbehagen in Jerrys Gesicht.
    »Ich bin kein Blödmann«, sagte Garvey endlich.
    Die aus dem Nichts kommende Feststellung schloß von vornherein jede Antwort aus.
    »Ich glaub’ nicht mal, daß Sie der Drahtzieher bei dieser ganzen Sache sind«, fuhr Garvey fort. »Ich bin bereit, nachsichtig zu sein.«
    »Worum geht’s hier überhaupt?«
    »Nachsichtig«, wiederholte Garvey, »weil ich glaube, daß Sie total ins Schwimmen geraten sind. Stimmt’s?«
    Jerry runzelte bloß die Stirn.
    »Ich glaub’, das stimmt«, antwortete Fryer.
    »Ich glaub’ nicht, daß Sie begreifen, in welch großen Schwierigkeiten Sie eben jetzt stecken, oder?« sagte Garvey.
    Mit ungutem Gefühl bemerkte Jerry plötzlich den hinter ihm stehenden Chandaman und seine extreme Verwundbarkeit.
    »Aber ich glaub’ nicht, daß Unwissenheit in jedem Fall Seligkeit bedeuten muß«, sagte Garvey jetzt. »Ich mein’, selbst wenn Sie nichts begreifen, verschafft Ihnen das noch lang keinen Freibrief, oder?«
    »Ich hab’ nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie reden«, protestierte Jerry schwach. Garveys Gesicht war im Schein der Stablampe verzerrt und bleich; er sah aus, als hätte er dringend einen Ruhetag nötig.
    »Von dem Bau hier«, erwiderte Garvey. »Ich red’ von dem Bau hier. Den Frauen, die Sie hier reingesteckt haben… für mein Wohl. Was soll das alles, Coloqhoun? Das is’ alles, was ich wissen will. Was soll das alles?«
    Jerry zuckte leicht mit den Achseln. Jedes Wort, das Garvey äußerte, stürzte ihn nur in noch größere Verwirrung; aber der Mann hatte ihm schon gesagt, daß man Unwissenheit nicht als legitime Entschuldigung akzeptieren würde. Vielleicht war eine Frage die vernünftigste Antwort.
    »Sie haben Frauen hier gesehen?« sagte er.
    »Schon eher Huren«, entgegnete Garvey. Sein Atem roch nach der Zigarrenasche der letzten Woche. »Für wen arbeiten Sie,

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