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Das 5. Gebot (German Edition)

Das 5. Gebot (German Edition)

Titel: Das 5. Gebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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niedliches Kind. Und dazu sprachst du ein ganz merkwürdiges Kauderwelsch aus allen möglichen Sprachen, wir mussten dir erst mal richtig Englisch beibringen, du hast in allen Sprachen rauf und runter gebabbelt.“
    „Ich erinnere mich daran, wie wir zurückgekommen sind nach England. Meine Erinnerung scheint mit dem Moment einzusetzen, als wir wieder in Branksome waren.“
    „Was hat Fiona eigentlich mit dem Haus gemacht, während sie weg war?“, fragte George.
    „Nichts. Sie hat es nicht vermietet, wenn Sie das meinen, es war ja voll abbezahlt von der Erbschaft ihres Mannes. Fiona wollte ursprünglich gar nicht so lange wegbleiben, eigentlich wollte sie nur ein paar Wochen nach San Francisco. Sie hatte uns den Schlüssel gegeben und uns gebeten, die Blumen zu gießen und ab und an zu lüften. Das haben wir dann auch gemacht, drei Jahre lang“, sagte Sarah und lachte, was ungefähr eine Million Fältchen auf ihrer fast durchsichtigen, sommersprossigen Haut explodieren ließ.
    „Das nenne ich Nachbarschaftsdienst“, sagte George, der sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass man freiwillig drei Jahre lang das Haus eines anderen hütete. „Hat sie sich in der Zwischenzeit bei Ihnen gemeldet?“
    „Oh ja, sie hat uns wundervolle Ansichtskarten geschickt aus Amerika. Und dann hat sie angerufen. War ganz aus dem Häuschen, sagte, sie habe eine Gruppe von ganz tollen Leuten kennengelernt. Und mit denen werde sie ein Entwicklungshilfeprojekt aufbauen. Irgendwo, mitten im Urwald, da werde sie mitgehen, wir sollten uns keine Sorgen machen.“
    „Stimmt, bei mir hat sie damals auch angerufen und mir erzählt, dass sie im Krankenhaus gekündigt habe, um an diesem Entwicklungshilfeprojekt mitzuarbeiten. Was machen wir mit deinem Haus?, habe ich sie gefragt, und sie hat gesagt, weiter lüften, ich komme irgendwann zurück und kümmere mich darum, mal sehen, wie es läuft mit dem Projekt“, sagte Elsie. „Natürlich haben wir sie für verrückt erklärt, aber auf der anderen Seite war es gut für sie, dass sie etwas hatte, worum sie sich kümmern konnte, das hat ihr über Johns Tod hinweggeholfen.“
    „Meine Mutter ist nie über Daddys Tod hinweggekommen“, sagte Vicky. „In den ersten Jahren, als wir wieder in Branksome waren, bin ich immer auf Zehenspitzen durchs Haus gelaufen, weil ich Angst hatte, Daddy aufzuwecken. Entsinnt ihr euch an Miss Jekyll, unsere entsetzlich verquatschte Siamkatze? Irgendwann bin ich ihr im dunklen Flur auf den Schwanz getreten, und sie fing laut an zu zetern. Pssst, habe ich gesagt, Daddy schläft. Er war so unglaublich präsent in diesem Haus, meine ganze Jugend über. Daddy denkt dies, Daddy sagt das.“ Vicky lächelte traurig. „Ich hatte das Glück, einen Vater zu haben, der irgendwie immer zu Hause war. Vielleicht war er mir mehr ein Vater als all die Väter, die nur zum Essen und zum Schlafen nach Hause kommen und sich einen Dreck um ihre Familie kümmern.“ George fing Vickys Blick auf.
    „Dein Dad hat immer auf dich aufgepasst, da bin ich mir ganz sicher“, sagte Sarah, und George, dem diese Art von Glauben an ein Leben nach dem Tod höchst suspekt war, hustete, weil er sich am Tee verschluckt hatte.
    „Genauso, wie Mum immer bei mir sein wird.“ Vickys Augen füllten sich erneut mit Tränen.
    „Aber sicher, Lassie“, sagte Onkel Willy, „sie sind alle bei uns, alle, die wir lieben, alle, die wir lieben.“

15. Branksome
     
    „Ich kann dich hier doch nicht ganz alleine lassen“, hatte George mit einem Blick gesagt, der einem Golden Retriever gut gestanden hätte.
    „Doch, du kannst“, hatte Vicky ihn gedrängt.
    Natürlich musste ihr Mann zurück nach Berlin, sie waren sich einig darüber, dass Vicky noch ein paar Tage in England bleiben würde, um das Haus auszuräumen und einen Makler mit dem Verkauf zu beauftragen. Wie sollte Vicky ihm auch sagen, dass sie dem Alleinsein förmlich entgegenfieberte. Seit dem Tod ihrer Mutter war sie von lieben, hilfsbereiten, wohlmeinenden Menschen umringt gewesen, die ihr nicht eine Sekunde Zeit gelassen hatten zu trauern. Vicky wollte sich von ihrer Mutter verabschieden. Allein.
    Nachdem sie Onkel Willy gegen heftigsten Protest endlich in den Zug nach Sheffield gesetzt hatten, brachte George Vicky mit dem Mietwagen nach Branksome. Sie hatten verabredet, dass Vicky Fionas alten Ford als Fortbewegungsmittel nutzen konnte. Allerdings hatte George darauf bestanden, dass Vicky weiterhin im Langtry Manor wohnte und

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