DAS 5. OPFER
frischem Basilikum vermischten sich und ließen Reggie das Wasser im Munde zusammenlaufen. Sie ging zum Tisch und sah eine Papiertüte mit ihrem Namen darauf. Sie öffnete sie und fand darin ein Vorderlicht und ein Rücklicht für ihr Rad, zusammen mit einer Packung Batterien.
»Danke, Onkel George«, sagte sie, und er antwortete mit einem Gern-geschehen-Nicken. Sie hielt Vera die Lampen hin, damit sie sie sich ansehen konnte. Vera lächelte anerkennend und zündete sich eine Zigarette an.
»Wir sind so viel sicherer, da es George gibt, nicht wahr?«, fragte Vera und blies zischend einen Rauchkringel in seine Richtung. Er stand mit dem Rücken zu ihnen, aber Reggie konnte sehen, wie sein Körper sich versteifte.
»Ich habe ein paar Werkzeuge mitgebracht, Reg. Du und ich, wir können nach dem Abendessen die Lampen anbringen«, sagte George, öffnete den Ofen und schob die schwere Auflaufform mit Lasagne hinein. »Ich habe auch etwas für dich, Vera«, sagte er und wischte sich die Hände an einem Küchentuch ab.
»Ich habe von Weihnachten im Juli gehört, Georgie, aber haben wir nicht erst Juni?«, fragte sie und lächelte durchtrieben. Sie hielt ihr Glas hoch, ließ die Eiswürfel in seine Richtung klirren. »Bist du so lieb und machst mir noch einen Drink? Oder widerspricht das dem Verhaltenskodex der Anonymen Alkoholiker oder so was?«
George warf ihr einen Blick zu, den Reggie nicht deuten konnte – war es Sorge? Vielleicht sogar Mitleid?
Lorraine war dabei, Tomaten kleinzuschneiden, hörte jetzt aber auf und warf Vera einen eisigen Blick zu. »Denkst du nicht, dass du genug hattest?«
»Schon gut, ich werde ihn mir selbst holen«, sagte sie und drückte sich vom Tisch hoch, ging schwankend und torkelnd zur Theke, wo sie sich einen weiteren Drink mixte, mit viel Gin und wenig Tonic.
»Die Lampen sind wirklich großartig, Onkel George«, sagte Reggie noch einmal, mit so munterer und fröhlicher Stimme, wie sie konnte. Sie setzte die Batterien ein und schaltete das rot blinkende Rücklicht an. Es blinkte wie ein Rettungswagen.
»Bist du bereit für dein Geschenk?«, fragte George, sobald Vera wieder am Tisch saß, mit einem frischen Drink in der Hand. Er durchquerte die Küche und nahm seine Jacke vom Stuhlrücken. Aus der rechten Tasche zog er ein kleines Geschenk, das in Seidenpapier gewickelt war.
»Für dich«, sagte er und reichte es Vera.
Sie legte ihre Zigarette beiseite und nahm das Geschenk. George sah erwartungsvoll und nervös dabei zu, wie Vera das Seidenpapier entfernte und einen winzigen, schön geschnitzten hölzernen Vogel enthüllte.
»Die ist anders als alle Enten, die ich je gesehen habe«, sagte sie zu ihm, drehte sie in ihrer Hand. Reggie beugte sich vor und sah, dass sie einen langen, anmutig geschwungenenHals hatte, die Federn der Flügel waren bis in die kleinste Einzelheit perfekt geschnitzt.
»Ja, das ist sie«, sagte er lächelnd und rückte seine Brille zurecht. »Es ist das hässliche Entlein«, sagte er zu ihr. »Ihr ganzes Leben lang vergleicht sie sich mit anderen, denkt, dass sie nicht dazugehört; dann wächst sie heran und ihr wird bewusst, dass sie in Wirklichkeit ein schöner Schwan ist.« Er starrte Vera an, die weiter auf den geschnitzten Vogel in ihrer Hand blickte.
Reggie hielt den Atem an, erwartete, dass ihre Mutter eine spöttische Antwort geben würde – Wen nennst du hier ein hässliches Entlein, Georgie? – doch Vera schwieg, während sie den Schwan betrachtete, ließ ihren Kopf hängen. Erst als sie ihn wieder hob, sah Reggie, dass Veras Augen nicht spitzbübisch oder gar wütend blickten – nur traurig.
Lorraine machte ein missbilligendes, glucksendes Geräusch und kehrte zum Tomatenschneiden zurück. »Verdammt!«, schrie sie auf, ließ das Messer fallen und umklammerte ihren Finger. Blut tropfte auf das Schneidebrett, vermischte sich mit dem Tomatensaft.
George sprang auf und ging zu ihr. »Lass mich mal sehen«, sagte er.
»Es ist nichts«, blaffte Lorraine.
George löste sanft ihre Finger von der verwundeten Hand. »Du hast dich übel erwischt«, sagte er, riss ein Papierküchentuch von der Rolle und faltete es zusammen. Er hielt das Tuch auf ihre Hand, sagte: »Lass uns die Wunde reinigen und sie mit einem Verband und Wundsalbe behandeln. Das letzte, was du brauchst, ist eine Infektion.« Zusammen bewegten sie sich durch den Flur in Richtung Badezimmer; Georges Hand lag auf Lorraines.
Reggie und ihre Mutter saßen schweigend da, lauschten
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