Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
Vom Netzwerk:
und ihr Büro waren immer ihr sicherer Hafen gewesen – der eine Ort, wo sie die absolute Kontrolle hatte und nichts sie antasten konnte. Und jetzt war sie wie ein Hund mit eingezogenem Schwanz hierher zurückgekommen.
    Verfluchter Feigling.
    Sie hatte, seit sie am Sonntag weggelaufen war, hundertmal das Telefon in die Hand genommen, um anzurufen, ihr Verhalten zu erklären, aber sie hatte nie den Mut gehabt, tatsächlich zu wählen. Reggie hasste es, sich machtlos zu fühlen. Sie war es gewohnt, die Kontrolle zu haben, in jeder Situation zu wissen, was zu tun war. Doch sie war wie ein Kind weggelaufen, und jetzt konnte sie das Kleine-Mädchen-Gefühl der Unsicherheit nicht abschütteln. Es durchdrang alles, machte sie unfähig, sich zu konzentrieren.
    Was für eine Tochter verlässt ihre sterbende Mutter auf diese Art?
    »Sie sind besser dran ohne mich«, sagte sie laut zu sich selbst, dachte daran, wie ihre Mutter nackt auf dem Bett gelegen und Tara einen Engel genannt hatte, während diese Puder über Veras verwelkte Haut gestäubt hatte.
    Und wenn sie sie wollten, wenn sie sie irgendwie brauchten, dann wussten sie, wo sie zu finden war. Sie hatte halb erwartet, dass George anrufen und sich entschuldigen würde, weil er so hart mit ihr ins Gericht gegangen war. Dass er sie bitten würde zurückzukommen. Oder dass Tara sagen würde: Ich dachte, wir hatten eine Abmachung – keinen komischen Kram mehr.
    Doch das Telefon klingelte nicht. Reggie blickte in das Zentrum der Spirale, versuchte, ihren Geist zu beruhigen. Konzentrier dich, verdammt. Deine Arbeit war immer die eine Sache, in der du dich verlieren kannst, die Sache, die dich immer wieder rettet.
    Aber es hatte keinen Zweck.
    Sie blickte hoch, sah zu dem Horoskop-Chart, das Len gemacht hatte, welches an die Pinnwand über ihrem Schreibtisch gepinnt war. Sie sah den kleinen, blauen Dreizack – Neptun im zwölften Haus.
    »Das ist es, was dich so intuitiv macht«, hatte Len ihr gesagt. »Und es ist außerdem der Grund, warum du so eine gequälte Seele bist.«
    Reggies Haut kribbelte. Sie sah auf den Schreibtisch, ihr Blick fiel auf die Kaffeetasse, die sie benutzte, um darin ihre Werkzeuge aufzubewahren. Sie berührte den Griff des Bastelmessers, zog dann ihre Finger weg.
    Ruhelos verließ sie das Büro, zog sich um und ging laufen –ihre übliche Acht-Kilometer-Runde um den See. Doch selbst das war nicht das Richtige. Sie konnte ihren Laufrhythmus nicht finden. Sie mühte sich ab, trieb sich auf den Hügeln zu sehr an, ihre Muskeln schmerzten, bebten, bis sie schließlich zu einem langsamen Joggen abbremsen musste. »Verdammt«, zischte sie. Sauer und mit dem Gefühl, besiegt zu sein, kehrte sie nach Hause zurück und war erleichtert, Lens Truck in ihrer Auffahrt zu sehen.
    »Du bist zu Hause«, sagte er, seine Augen grau und unerbittlich.
    Er trug eine mit Farbe bespritzte Carhartt-Hose, ein Arbeitshemd aus Jeansstoff. Seine Haare, schwarz mit silbernen Strähnen, hatten diesen Out-of-Bed-Look, den Reggie liebte. Sie trat näher zu ihm. Er roch nach Terpentin und Marihuana.
    »Es tut mir leid, dass ich nicht angerufen habe. Ich habe einfach zu hart gearbeitet. Versucht, ein Gefühl für dieses neue Projekt zu bekommen. Komm herein«, sagte sie und schloss die Tür auf.
    Len folgte ihr in die Küche. Reggie holte sich ein Glas Wasser und kippte es hinunter.
    »Wie war es in Worcester?«, fragte Len.
    »Kraftraubend«, sagte Reggie und wischte sich mit ihrem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Es stellte sich heraus, dass es dort nicht viel gab, was ich tun konnte, also bin ich zurückgekommen.« Sie stellte das Wasserglas ab und ging zu ihm, dachte, dass Sex mit Len genau das sein könnte, was sie brauchte, um diesen scheußlichen Bann zu brechen, unter dem sie gestanden hatte.
    »Das ist aber schade«, sagte Len mit einer seltsamen Steifheit in der Stimme. »Wann bist du zurückgekommen?«
    »Sonntagabend«, gab sie zu. »Es tut mir wirklich leid, dass ich nicht angerufen habe. Ich konnte nach meiner Reise nicht klar denken, und ich wollte einfach ein bisschen mit dem Nautilus-Haus vorankomme. Du weißt, wie ich es hasse, mit einem Projekt festzustecken.« Sie beugte sich vor und berührte seine Brust, fuhr mit ihren Fingern hoch zu seinem Hals, an der Seite seines Gesichts entlang, wo sie über seine Stoppeln kratzten.
    »Reggie«, sagte er ruhig. »Ich weiß, wo du gewesen bist. Ich weiß, was passiert ist.«
    »Was?« Sie riss ihre Hand weg.
    »Wir

Weitere Kostenlose Bücher