Das 500 Millionen Komplott (German Edition)
würden.
»Wir dürfen uns nicht dazu hinreißen lassen, in eine emotionale Diskussion zu verfallen«, ermahnte Kaspar seine Gesprächspartner und meinte damit eher sich selbst. Er spürte seine sonst so ausgeprägte Ruhe allmählich schwinden. Vor seinem geistigen Auge sah er die Menschenmassen, die sich vor dem Redaktionsgebäude seiner Zeitung versammelt hatten. Würde sich dieses Bild demnächst vor den Fernsehstudios wiederholen? Er hatte ein ungutes Gefühl. Seine innere Stimme sagte ihm, dass die Sendung nicht so verlaufen würde, wie sie geplant war.
»Kommt ihr bitte in die Maske«, hörte er plötzlich jemanden sagen. Als er sich umdrehte, sah er die Aufnahmeleiterin,die ein Headset trug und in der Hand ein Schreibbrett hielt, auf dem ein Skript eingeklemmt war.
Was auch immer geschehen mochte, es ließ sich jetzt nicht mehr aufhalten.
26
Noch eine Stunde bis zur Sendung.
Alle Beteiligten waren aufgeregt, bis auf das Fernsehteam, von denen keiner eine Ahnung hatte, worum es in der Talkshow ginge. Für sie war es eine Sendung, wie sie sie schon hundertfach aufgezeichnet hatten. Selbst die Nervosität der Studiogäste war für sie nicht ungewöhnlich, da sie für die meisten Menschen ohne Kameraerfahrung völlig normal war.
Alle eingeladenen Gäste waren eingetroffen und hielten sich in einem Warteraum auf, nachdem sie in der Maske gewesen waren. Die meisten von ihnen nutzten die Wartezeit, um mit einem starken Kaffee die Aufgeregtheit ein wenig zu mildern. Für Kaspar war es ein komisches Gefühl, sich mit dem Menschen in einem Raum aufzuhalten, der ihm vor nicht einmal einer Stunde eine Waffe an die Schläfe gehalten hatte. Grabowski stand teilnahmslos in einer Ecke und tat so, als sei im Vorfeld nichts geschehen.
Svetlana und Torge saßen nebeneinander auf einer Ledercouch und verhielten sich ruhig. Im Geiste gingen sie noch einmal alles durch, was sie vor laufender Kamera berichten wollten. Nachdem Celine sich einen Becher Kaffee aus einer großen Thermoskanne gezapft hatte, setzte sie sich zu ihnen, ebenfalls wortlos. Überhaupt sagte niemand etwas, es herrschte gespenstische Stille.
Der Parteivorsitzende und ehemalige Bilderberger war auch schon im Sender eingetroffen, befand sich jedoch ineinem separaten Raum. Kaspar war lediglich über seine Ankunft informiert worden, was er mit großer Erleichterung zur Kenntnis genommen hatte. Bis zu diesem Augenblick hatte er Zweifel gehabt, ob er seine Zusage auch wirklich einhalten würde. Immerhin war es ein mutiger Schritt, sich öffentlich zu den Bilderbergen zu bekennen, erst recht zu den Inhalten der Agenda.
Als letzte kam Anastasija aus der Maske. Sie war elegant wie immer und trug ein schwarzes Kostüm mit hohen Schuhen. Ungewöhnlich war nur ihre große Sonnenbrille und ein eng anliegendes Kopftuch, wodurch sie fast nicht zu erkennen war. Sie ging zu Kaspar und flüsterte ihm zu, dass ihre Verkleidung ihr eine Anonymität wahren sollte. Auf keinen Fall wollte sie, dass ihr Gesicht in der Öffentlichkeit bekannt würde und sie dadurch nicht mehr als Agentin arbeiten könne. Für Kaspar klang es plausibel.
Dreißig Minuten vor Beginn der Sendung wurden sie von der Aufnahmeleiterin abgeholt und ins Studio gebracht. Die Atmosphäre dort war erdrückend. Alle Wände waren grell grün gestrichen, was im Regieraum ausgestanzt und gegen einen beliebigen Hintergrund ausgetauscht werden konnte. Für diese Talkshow hatte man sich für ein Panorama der Stadt als Kulisse entschieden. Eine entsprechende Filmaufnahme hatte das Team am Vormittag von ein Dachterrasse eines Bürohauses aus aufgenommen, von wo aus ein imposanter Blick über
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