Das 500 Millionen Komplott (German Edition)
seinen Freund mit dem Ellenbogen an und deutete mit einer vorsichtigen Bewegung auf eine Tür, die kurz vor dem Flugzeug aus dem Finger ins Freie führte. Die Kameraden verstanden, was Floyd im Schilde führte.
Er löste sich von seiner Gruppe und rannte die letzten Meter. Als er vor der Stewardess stand, tat er so, als hätte er seine Bordkarte am Sicherheitsschalter liegen lassen. Er ging einen Schritt ins Flugzeug, sodass sich die Stewardess zu ihm umdrehte und somit den anderen den Rücken kehrte. Während die vier anderen hastig den Finger verließen, tastete Floyd vor der Stewardess seine Taschen ab.
»Tut mir leid«, sagte er, »ich gehe schnell zurück und hole die Bordkarte.« Er hatte den Satz noch nicht ausgesprochen, rannte er auch schon den Finger zurück. Kurz vor der Tür sah er sich flüchtig um und stellte zufrieden fest, dass die Stewardess zum zweiten Mal unbewusst sein Helfer wurde. Sie verschwand im Flugzeug, wahrscheinlich, um den Flugkapitän zu sprechen. Floyd verschwand durch die Tür und stieß zu seinen Freunden, die sich unterhalb des Fingers versteckten.
Die Erlebnisse in Moskau und Tomsk hatten Floyd verändert. Als er zwei Tage später nach Bremen zurückkehrte,verhielt er sich seiner Lebensgefährtin gegenüber ungewohnt verschlossen und geradezu verstört. Svetlana kam nicht mehr an ihn heran, was für sie zu einer Belastung wurde. Sie hatte keine Ahnung, was Floyd in den letzten Tagen erlebt hatte. Für sie war er zum wiederholten Male Teilnehmer an einem Austauschprogramm, um seine Chancen auf eine höhere Laufbahn als Polizist zu verbessern. Seit Monaten belog er Svetlana. Er wollte sie unter keinen Umständen in die Sache hineinziehen, in der er selbst schon viel zu tief steckte.
»Was ist bloß mit dir los?«, fragte sie ihn, wohl wissend, keine zufriedenstellende Antwort zu bekommen.
»Was soll los sein«, war genau die Reaktion, die Svetlana erwartete. Sie verzweifelte schier an seiner plötzlichen Verschlossenheit, zu der Svetlana jegliche Erklärung fehlte. Natürlich suchte sie die Ursache in seiner Polizeiarbeit. Musste er im Dienst seine Waffe ziehen und hatte womöglich einen Menschen erschossen? Denkbar wäre es, aber weshalb sprach er nicht darüber? Für Svetlana war es ein Rätsel.
In den nächsten Tagen beobachtete sie ihn heimlich und bemerkte dabei, dass er häufig eine Schublade in seinem Schreibtisch aufzog und etwas hineinlegte. Als sich Svetlana in einem günstigen Moment den Inhalt dieser Schublade ansehen wollte, fand sie diese jedoch leer vor.
Svetlana suchte die Gründe für Floyds Verschlossenheit in seiner gespaltenen Persönlichkeit. Anfangs hatte er ihr noch erzählt, wie er sich fühlte, wenn seine Einheit zur Unterstützung in andere Bundesländer geschickt wurde, wo er es mit occupy-Demonstranten oder Stuttgart-21-Gegnern zu tun bekam. Er sah sich oft auf der falschenSeite, hätte sich also viel lieber unter die Demonstrierenden gemischt, statt sich gegen sie zu stellen. Dass er es heimlich tat, wusste Svetlana zu diesem Zeitpunkt noch nicht, ahnte es nicht einmal.
»Heute ist Faschingsumzug. Was meinst du? Hast du Lust hinzugehen?«, fragte Svetlana voller Vorfreude.
»Ich weiß nicht«, antwortete Floyd und ließ deutlich erkennen, dass ihm nicht unbedingt danach zumute war. Svetlana zuliebe willigte er schließlich ein.
Wenig später befanden sich beide mitten im Gedränge vor dem historischen Rathaus. Zu Svetlanas Verwunderung löste sich Floyd und seine Stimmung schien sich zu verändern, geradezu der allgemeinen Ausgelassenheit anzupassen.
»Das gefällt dir wohl?«, fragte sie lachend, wobei sie fast ihr eigenes Wort nicht verstand. Svetlana tanzte auf der
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