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Das 6. Buch des Blutes - 6

Das 6. Buch des Blutes - 6

Titel: Das 6. Buch des Blutes - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Hände von den Augen nahm, sah er mehrere menschliche Gestalten, die sich im Nebel bewegten. Er hatte die Verfolger vergessen, aber sie ihn nicht. Sie waren ihm in den Park gefolgt und waren jetzt in diesen Wahnsinn hineingeraten, und jetzt hatten sich Menschen und Halbmenschen und Nichtmenschen im Nebel verirrt, und ringsumher herrschte blutige Verwirrung. Er sah einen Schützen auf einen Schatten feuern, doch dann taumelte nur ein Verbündeter mit einer Kugel im Bauch aus dem Nebel hervor; sah ein Ding auf vier Beinen erscheinen und auf zweien wieder verschwinden; sah ein anderes vorbeirennen, das einen Menschenkopf an den Haaren trug und lachte, die Schnauze weit aufgerissen.
    Der Tumult bewegte sich in seine Richtung. Da er um sein Leben fürchtete, stand er auf und stolperte zur Mauer zurück.
    Das Schreien und Schießen und Fauchen ging weiter; er rechnete mit jedem Schritt damit, daß ihn eine Kugel oder eine Bestie erwischen würde. Aber er gelangte lebend zur Mauer und versuchte, sie zu erklimmen. Er hatte jedoch die Koordination seiner Bewegungen verloren. Es blieb ihm keine andere Wahl, als an der Mauer entlangzugehen, bis er ans Tor kam. Hinter ihm gingen die Szenen der Demaskierung und Verwandlung und irrtümlich vermuteten Identitäten weiter.
    Seine benommenen Gedanken wanderten kurz zu Mironenko.
    Würden er oder einer seines Stammes dieses Massaker überleben?
    »Ballard«, sagte eine Stimme im Nebel. Er konnte den Sprecher nicht sehen, aber er kannte die Stimme. Er hatte sie während seiner Halluzinationen gehört, und sie hatte ihm Lügen erzählt.
    Er spürte einen Stich im Nacken. Der Mann war von hinten gekommen und bohrte ihm eine Nadel in den Hals.
    »Schlafen Sie«, sagte die Stimme. Und mit den Worten kam das Vergessen.
    Zuerst konnte er sich nicht an den Namen des Mannes erinnern. Sein Verstand wanderte ziellos umher wie ein verwirrtes Kind, obwohl sein Gesprächspartner immer wieder seine Aufmerksamkeit verlangte und zu ihm sprach, als wären sie alte Freunde. Tatsächlich hatte das ungehorsame Auge, das sich immer ein wenig langsamer bewegte als sein Gefährte, etwas Vertrautes. Schließlich fiel ihm der Name wieder ein.
    »Sie sind Cripps«, sagte er.
    »Selbstverständlich bin ich Cripps«, antwortete der Mann.
    »Spielt Ihnen Ihre Erinnerung Streiche? Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe Ihnen ein Beruhigungsmittel gegeben, damit Sie das Gleichgewicht nicht verlieren. Ich glaube allerdings nicht, daß das sehr wahrscheinlich ist. Sie haben trotz erheblicher Provokationen einen guten Kampf geliefert, Ballard.
    Wenn ich daran denke, wie Odell durchgedreht hat…«
    Er seufzte. »Können Sie sich überhaupt noch an letzte Nacht erinnern?«
    Zuerst war sein geistiges Auge blind. Aber dann kamen die Erinnerungen. Vage Gestalten, die sich im Nebel bewegten.
    »Der Park«, sagte er.
    »Ich habe Sie gerade noch herausbekommen. Gott allein weiß, wie viele bereits tot sind.«
    »Der andere… der Russe… ?«
    »Mironenko?« meinte Cripps. »Ich weiß nicht. Sehen Sie, ich bin nicht mehr der Chef. Ich habe nur eingegriffen, um zu retten, was zu retten war. Früher oder später wird London uns wieder brauchen. Besonders da sie jetzt wissen, daß die Russen, wie wir, eine Spezialeinheit haben. Selbstverständlich haben wir schon Gerüchte gehört. Und nachdem Sie sich mit Mironenko getroffen haben, habe ich mir Gedanken über ihn gemacht. Daher habe ich unser Treffen vereinbart. Und als ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, da wußte ich es natürlich. Dieser Ausdruck in den Augen. So etwas wie Hunger.«
    »Ich habe gesehen, wie er sich verwandelt hat…«
    »Ja, ein irrer Anblick, nicht? Die Energie, die entfesselt wird. Sehen Sie, darum haben wir das Programm entwickelt, um uns diese Energie nutzbar zu machen, um sie für unsere Zwecke einzusetzen. Aber sie ist schwer zu kontrollieren. Es hat jahrelange Unterdrückungstherapie erfordert, das Verlangen nach Verwandlung langsam zu begraben, damit wir am Ende einen Menschen mit den Fähigkeiten einer Bestie hatten.
    Ein Wolf im Schafspelz. Wir dachten, wir hätten das Problem gelöst; daß die Reaktion auf Schmerzen jemanden unterdrückt halten würde, wenn es schon Glaubenssysteme nicht konnten.
    Aber wir haben uns geirrt.« Er stand auf und ging ans Fenster.
    »Jetzt müssen wir wieder von vorne anfangen.«
    »Suckling hat gesagt, Sie wären verwundet worden.«
    »Nein. Lediglich abberufen. Nach London zurückbeordert.«
    »Aber

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