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Das 9. Urteil

Das 9. Urteil

Titel: Das 9. Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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wäre die positive Seite.
    Cindy zog sich einen Stuhl heran und setzte sich so hin, dass wir ein Dreieck bildeten. Eine ausgesprochen hübsche visuelle Metapher, bei der ich mich aber überhaupt nicht wohlfühlte.
    »Warum sollte Hello Kitty Casey Dowling umbringen?«, sagte sie. »Kitty ist noch nie gewalttätig geworden. Warum sollte er überhaupt eine Waffe dabeihaben, wenn er für bewaffneten Raubüberfall lebenslänglich bekommen kann?«
    »Wir sind dran, Cindy«, sagte ich. »Mein Gott! Ununterbrochen. Gestern Nacht habe ich gerade mal zwei Stunden Schlaf bekommen …«
    »Rich?« Cindy neigte den Kopf zur Seite wie ein kleiner gelber Vogel.
    »Genau, wie Lindsay gesagt hat. Wir haben gar nichts. Keine Fingerabdrücke. Keine Waffe. Keine Zeugen.«
    »Das Übliche«, sagte Cindy. Sie klimperte mit den Augenlidern und schenkte Conklin ein paar zweideutige Blicke, die eindeutiger nicht sein konnten. »Inoffiziell.«
    Conklin zögerte kurz, dann sagte er: »Was, wenn Casey den Eindringling gekannt hätte?«
    Cindy sprang auf, schlang Conklin die Arme um den Hals, küsste ihn auf den Mund und flog zum Bereitschaftsraum hinaus.
    »Tschüs, Cindy«, rief ich ihr hinterher.
    Conklin lachte.

19
    »Ich schau mal bei Claire vorbei«, sagte ich zu meinem Partner.
    »Ruf zwischendurch mal an«, erwiderte er.
    Ich lief die drei Stockwerke hinunter und arbeitete mich durch das belebte Foyer der Hall of Justice, schlüpfte zur Hintertür hinaus und gelangte durch den überdachten Gang in die Gerichtsmedizin.
    Claire war im Obduktionssaal. Sie trug eine Duschhaube mit Blümchenmuster und eine Schürze über ihrer XXL -Operationskluft – die Schwangerschaft hatte noch ein paar zusätzliche Pfunde auf ihrem ohnehin schon umfangreichen Leib hinterlassen. Ich rief ihren Namen, und sie nahm den Blick von Barbara Ann Bentons Leiche, die aufgeklappt vor ihr auf dem Tisch lag.
    »Du hast Cindy knapp verpasst«, sagte Claire und legte Barbara Anns Leber auf eine Waage.
    »Nein, hab ich nicht. Sie war oben bei mir. Hat Conklin einen Satz feuchte Lippen verpasst. Und ihm Gefälligkeiten versprochen, wenn er ihr eine Schlagzeile liefert. Da konnte er sich dann einfach nicht mehr beherrschen. Was hat sie dir aus den Rippen geleiert?«
    »Große Neuigkeiten. Casey Dowling ist erschossen worden. Cindy hat den besten Job, stimmt’s? Sie kann sich voll und ganz auf ihre Lieblingsstory konzentrieren und hat trotzdem Zeit und Gelegenheit, mit Inspektor Hottie rumzumachen.«
    »Gibt es über Barbara Ann Benton etwas Interessantes zu sagen?«, wollte ich wissen und starrte die Bauchhöhle der Toten an, in der Hoffnung, dadurch einem unangenehmen Thema zu entkommen. Präziser ausgedrückt: Es war kaum zu verhindern, dass Cindy sich in vertrauliche Ermittlungen einmischte … und ich war nicht diejenige, die mit ihr ins Bett ging.
    »Keine großen Überraschungen«, sagte Claire. »Mrs. Benton hat zwei Kugeln abbekommen. Beide hätten tödlich sein können, aber Todesursache war der Schuss in die Brust.«
    »Und das Kind?«
    »Todesursache: die Neun-Millimeter-Kugel, die den Schläfenlappen durchschlagen hat. So etwas nennt man Mord. Das ist eine offizielle Aussage, mit Brief und Siegel und allem Drum und Dran. Die Kugeln sind gerade im Labor.«
    Claire bat ihren Assistenten, Barbara Ann zu übernehmen und die Untersuchung abzuschließen, legte Handschuhe und Schutzmaske ab und nahm mich mit in ihr Büro. Sie setzte sich in den Drehstuhl, und ich ließ mich auf den Stuhl auf der anderen Seite ihres Schreibtischs nieder. Sie holte zwei Wasserflaschen aus ihrem Kühlschrank und gab mir eine davon.
    Auf Claires Schreibtisch steht ein Foto. Ich drehte es um und schaute es mir an: wir vier auf der Eingangstreppe zur Hall of Justice. Da war Yuki in einem schicken Anzug und mit dunklen, in der Mitte gescheitelten Haaren, die sich wie zwei schimmernde Flügel bis zum Kinn an ihre Wangen schmiegten. Cindy grinste mit ihren leicht vorstehenden Vorderzähnen, die noch unterstrichen, wie hübsch sie ist. Dann Claire, vollbusig und wunderschön mit Mitte vierzig.
    Und schließlich ich, mit meinen eins achtundsiebzig deutlich größer als die anderen, die blonden Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und mit todernstem Gesicht. Eigentlich halte ich mich ja für einen fröhlichen Menschen. Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin.
    »Was ist denn los, Lindsay?«
    »Man kann eben nicht alles haben«, sagte ich mit der Andeutung eines Lächelns.
    »Den Fall

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