Das 9. Urteil
einfach weil das Getöse so wunderbar beruhigend wirkte. Dann sagte ich zu Conklin: »Red Dog will unbedingt einen rauchenden Colt sehen, sonst rückt er keinen Durchsuchungsbefehl raus.«
Conklin starrte mich an und erwiderte: »Interessant, dass du das Thema ansprichst. Ich habe mir gestern Abend ein paar alte Dowling-Filme angeschaut. Hier, sieh mal.«
Dann drehte er mir seinen Computerbildschirm zu.
Ich setzte mich, rollte meinen Stuhl zum Schreibtisch und fixierte Conklins Monitor. Darauf war ein Foto zu sehen, allem Anschein nach ein Standbild aus einem alten Spionagefilm.
» Nachtwache «, sagte Conklin. »Den hat er vor Jahrzehnten gemacht, zusammen mit Jeremy Cushing. Grausamer Film, geschmacklos und völlig übertrieben. Ist aber ein echter Kultfilm geworden. Hier, schau dir das mal an.«
Da war Dowling: schwarzer Anzug, Koteletten und die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen. Und er hielt eine Pistole in der Hand. »Das gibt’s doch nicht. Ist das etwa eine Vierundvierziger?«
»Eine Ruger Blackhawk. Ein sechsschüssiger Revolver mit Direktabzug«, sagte mein Partner und klickte das nächste Bild an. Es war bei einem Fototermin für die Presse entstanden und zeigte, wie der berühmte und mittlerweile verstorbene Jeremy Cushing Dowling die Hand schüttelte und ihm die Waffe als Andenken überreichte. Man konnte beinahe noch das Platzen der Blitzlichtbirnen hören.
Conklin drückte eine Taste, und der Drucker fing an zu surren. Ich rief sofort Yuki an. »Geh zu Red Dog und lass ihn nicht weg. Ich komme noch mal zu euch runter.«
Noch vor dem Mittagessen standen wir vor Dowlings wundervoller Villa in Nob Hill, drei vollbesetzte Dienstwagen der Mordkommission, deren Insassen darauf brannten, jemanden festzunehmen. Ich klingelte, und Dowling machte uns in Jeans und einem offenen weißen Hemd die Haustür auf.
»Sergeant Boxer«, sagte er.
»Ich bin’s mal wieder. Inspektor Conklin kennen Sie ja auch noch. Und dann möchte ich Sie mit der stellvertretenden Bezirksstaatsanwältin Yuki Castellano bekannt machen.«
Yuki überreichte Dowling den Durchsuchungsbefehl. »Ich habe mit Casey zusammen studiert, wissen Sie«, sagte sie und trat an Dowling vorbei in das riesige, vergoldete Foyer.
»Ich kann mich gar nicht erinnern, dass sie einmal von Ihnen gesprochen hat. He, Sie können doch nicht …«
Chi, McNeil, Samuels und Lenke betraten direkt hinter uns das Haus und legten dabei eine Entschlossenheit an den Tag wie bei einer Razzia in einer illegalen Kneipe während der Prohibition. Ich wurde kurz von Panik erfasst. Trotz allem, was ich Parisi erzählt hatte – dass Dowling niemals ein Andenken an den letzten Film, den Jeremy Cushing je gedreht hatte, wegwerfen würde –, war ich mir jetzt nicht mehr so sicher.
»Warten Sie«, sagte Dowling. »Was suchen Sie denn?«
»Das werden Sie schon merken«, sagte ich.
Ich ging die Wendeltreppe ins Schlafzimmer hinauf, während der Rest meiner Mannschaft sich im Haus verteilte. Ich hörte das Telefon klingeln, dann brüllte Dowling mit wutbebender Stimme.
»Tja, Peyser, dazu sind Anwälte schließlich da. Napa hin oder her, du kommst jetzt auf der Stelle zu mir.«
Ich betrat das Schlafzimmer des Filmstars. Eine Viertelstunde später gab es keine Schublade und kein Regal mehr, die ich nicht eigenhändig untersucht hatte.
Als ich gerade die Matratze vom Bett schob, spürte ich, dass noch jemand im Zimmer war. Ich hob den Blick und sah eine dunkelhäutige Frau in schwarzer Hausmädchentracht vor mir stehen.
Ich wusste, wer das war. Am Tag nach Casey Dowlings Ermordung, am Tag, als Conklin und ich hier waren und mit Marcus Dowling gesprochen hatten, hatte diese Frau uns etwas zu trinken serviert.
»Sie heißen Vangy, richtig?«
»Ich bin Ausländerin, illegal.«
»Ich verstehe. Ich … dafür bin ich nicht zuständig. Was möchten Sie mir sagen?«
Vangy bat mich, sie ins Wäschezimmer im Keller zu begleiten. Dort angekommen knipste sie das Licht über der Waschmaschine-Trockner-Kombination an. Dann schob sie mit beiden Händen den Trockner von der Wand.
Sie deutete auf den zehn Zentimeter dicken, biegsamen Abluftschlauch, der die heiße Luft aus dem Trockner ins Freie leitete.
»Da drin hat er sie versteckt«, sagte sie. »Ich habe es klappern gehört. Ich glaube, das, was Sie suchen, ist da drin.«
107
Wir saßen im Verhörzimmer Nummer zwei, dem größeren mit der besseren elektronischen Ausstattung. Ich überprüfte die Kamera und
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