Das 9. Urteil
Betonfußboden.
Ich wollte nicht, dass er starb. Ich wollte sehen, wie er in einem orangefarbenen Overall und in Ketten zum Tisch des Angeklagten geführt wurde. Ich wollte seine abartig gestörte Sicht der Dinge hören. Ich wollte, dass er mit neun mal lebenslänglich bezahlen musste, je einmal für jeden Menschen, den er ermordet hatte. Ich wollte, dass er bezahlen musste.
Ich drückte die Hand auf den Blutschwall, der aus seiner Halsschlagader pulsierte, und erschrak mich fast zu Tode, als Gordon mich aus müden Augen anstarrte und sagte: »Zucker…schnute. Ich glaub, ich … bin getroffen.«
Ich beugte mich dicht vor sein Gesicht, sodass ich fast den Luftzug spüren konnte, als er die Augen aufschlug und wieder zuklappte.
Ich sagte: »Warum hast du sie umgebracht, du dreckiges Stück Scheiße?«
Er lächelte und sagte: »Warum nicht?« Dann stieß er noch ein letztes Mal den Atem aus und starb.
Epilog
911
114
Es war der 25. September. Joe und ich hatten ein paar Freunde eingeladen, um aufeinander und die schönen Tage anzustoßen, die vor uns lagen.
Im Backofen schmorte ein Schinken unter einer Pfeffer-Mango-Kruste. Martha bettelte um einen Happen und bekam stattdessen einen Hundekuchen. Ich trug einen Kimono, hatte eine Avocadomaske aufgelegt und schälte Kartoffeln, während Joe die Äpfel für den Auflauf vorbereitete. Die 49ers spielten gegen die Dallas Cowboys, und man hörte die Menge im Fernseher jubeln, da klingelte Joes Handy.
Ich sagte: »Geh nicht ran, Liebling.«
Ich meinte es ernst, aber er grinste mich nur an und meldete sich.
Ich hatte seit Wochen keinen Anruf mehr bekommen, der mich nicht in einen Tunnel des Schreckens gejagt hätte, und ehrlich gesagt, durch all die Ereignisse in meinem Job lagen meine Nerven so blank, dass ich im Augenblick nicht einmal eine durchbrennende Glühbirne verkraften konnte. Oder einen abgebrochenen Fingernagel. Oder eine winzige Temperaturschwankung. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen.
Joe nahm das Telefon mit ins Wohnzimmer, und ich wusch die Kartoffeln und setzte sie auf. Als ich schließlich im Badezimmer stand und mir die Avocado vom Gesicht waschen wollte, sprach Joe mich an. Ich drehte den Wasserhahn zu, tupfte mir die Augen mit einem flauschigen Handtuch ab, und als ich mich wieder umdrehte, stand Joe vor mir mit grauem Gesicht und grimmiger Miene.
»Auf dem Dulles International in Washington steht ein voll besetztes Flugzeug«, sagte er. »Mit an Bord ist ein Typ, der vor Jahren mal als Informant für mich gearbeitet hat. Er hat ein Paket C4-Sprengstoff im Handgepäck mit an Bord geschmuggelt. Und jetzt droht er damit, das Flugzeug in die Luft zu sprengen.«
»O mein Gott. Und das FBI will dich als Berater mit dabeihaben?«
»Eher nicht. Der Typ mit dem C4, Waleed Mohammad, will mit niemand anderem reden, nur mit mir.«
Als wir uns kennengelernt hatten, war Joe stellvertretender Direktor des Heimatschutzes gewesen, und als er dann aus Washington hierhergezogen war, hatte er sich als hochkarätiger Sicherheitsberater selbstständig gemacht – als Berater, der von zu Hause aus arbeiten konnte.
»Also musst du den Typen anrufen«, sagte ich. »Ihm die Sache ausreden.«
»Ich muss nach Washington«, sagte Joe, kam zu mir und nahm mich fest in die Arme. »Sofort. Sie haben mir schon einen Wagen geschickt.«
Mir war, als würde mein Herz einfach stehen bleiben.
Es war dämlich, aber am liebsten hätte ich laut losgebrüllt und ihm gesagt, dass er nicht gehen darf und dass ich, falls er es trotzdem tat, so lange weiterheulen würde, bis er wieder da war.
»Du musst tun, was du tun musst«, sagte ich.
115
Als Yuki und Miles eintrafen, hatte ich mir etwas angezogen. Miles, dieser unbeschreiblich süße Barkeeper, überreichte mir eine Flasche Wein und verriet mir etwas über dessen ganz besondere Eigenschaften. Ich hörte zwar kaum, was er sagte, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mich bei ihm bedankt habe. Yuki wollte wissen, wo Joe war, und ich sagte ihr mit erstickter Stimme und Tränen in den Augen, dass er überraschend nach Washington fliegen musste.
Ich wandte mich ab, damit sie meine peinliche, tränennasse Trübsal nicht ertragen musste. Sie folgte mir in die Küche und war mir dabei behilflich, Oliven und Käse auf kleine Teller zu verteilen. »Was ist denn los, Lindsay?«, wollte sie wissen.
»Sieh mich bloß nicht an. Aber mit einem Mal kommt einfach alles in mir hoch. Verstehst du? Alles.«
»Wann kommt Joe denn
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