Das abartige Artefakt
Befehl, dass kein Untertan sie jemals betreten dürfe. Es hieß, dass sonst das gesamte Imperium untergehen, zu einem Spielball des Verderbens werden, zu Staub zerfallen, in Vergessenheit geraten würde und so weiter. Eigentlich alles, was auch das Erzferkel prophezeit hat. Während all der Zeitalter hatten einzig der Verwalter und sein höchster Priester Zugang zu den Kammern. Zumindest zu zweien von ihnen. Die dritte nämlich soll der Verwalter erst am Ende aller Schichten öffnen…“
Das Licht der Fackeln in den Händen der beiden Menhire flog über die Wände und erweckte die Schatten der Steine zum Leben.
Sie verringerten jedoch nicht für einen Moment das Tempo.
„Und was befindet sich in diesen Kammern?“, fragte Klammgluth neugierig. Wenn die Worte des Verwalters stimmten, dann musste in diesen Kammern etwas wahrhaft Bedeutsames versteckt sein.
„In der ersten Höhle verbergen sich die Bibliothekare“, erwiderte der Verwalter.
„Die Bibliothekare?“
„Die Herren über die Barthaarbibliothek“, erklärte der Verwalter. „Zwerge, die Dinge vermögen, die du dir in deinen kühnsten Träumen nicht vorzustellen vermagst. Sie sind blind und fürchten das Licht, sie leben von rohem Fleisch, abseits unserer Regeln und Gesetze, aber sie können einen Zwerg anhand eines einzigen Barthaars erkennen. Sie haben mir hier unten im Geheimen bereits so manchen Dienst erwiesen. Wo immer ein Haar ist, findet der, der Zugang zu den Bibliothekaren hat, eine Antwort…“
Diese Worte waren wie Goldstaub in Klammgluths Ohren. Er würde also, sobald das Zwielicht das Erbe des Verwalters antrat, unglaubliche Dinge besitzen. Dinge, die die Götter selbst den Zwergen hinterlassen hatten.
„Und was ist in der zweiten Kammer?“, fragte er.
In diesem Moment kamen sie an einer Tür an, und der Verwalter bedeutete ihnen, stehen zu bleiben. Der Verwalter blickte Klammgluth tief in die Augen, während Kiesgrimm, Trümmerboldt und Eisengilb sich neugierig näher herandrängten.
„Das Innere dieser Kammer hat noch nicht einmal der Allerhöchste jemals zu Gesicht bekommen“, sagte er. „Nur ich habe es gesehen. Es ist Pilzgrimms Erbe.“
„Pilzgrimm?“, fragte Klammgluth.
„Wutrich Pilzgrimm, der größte Erfinder der Zwergenheit. Er war es, der einst die Splitterspinnen besiegt und den unheiligen Krieg beendet hat. Er hat unserem Volk vieles hinterlassen. Das meiste ist von meinen Vorgängern im Lauf der Zeitalter verboten worden. Unheilige Erfindungen, die den Geist der Zwergenheit hätten zersetzen können, wenn sie gewöhnlichen Schürfbrüdern in die Hände gefallen wären. Es gibt nur zwei Hinterlassenschaften, die für das Imperium noch von Bedeutung sind. Das erste sind Pilzgrimms verbesserte Fallen. Damit hat er den gemeinen Gang erst zu dem gemacht, was er heute ist, und das Undenkbare erst wirklich undenkbar gemacht.“
„Und was ist die zweite Hinterlassenschaft?“, erkundigte sich Klammgluth.
„Die befindet sich in dieser Kammer.“
Der Herr aller Zwerge zog einen sehr alt anmutenden Schlüssel unter seiner Rüstung hervor.
„Aber ich denke, die Kammern wurden dem ersten Verwalter von Ewigen Schmied selbst übergeben?“, fragte Klammgluth. „Wenn dieser Pilzgrimm während der Spinnenkriege gelebt hat, dann war das Hunderte Jahre später! Wie könnte sein Nachlass an diesem Ort versteckt sein?“
Der Verwalter lächelte bedeutsam, während er den Schlüssel in das Schloss der Tür einführte und ihn langsam herumdrehte.
„Die zweite Kammer war von Anfang an leer. Sie war einzig dafür geschaffen worden, etwas Bestimmtes aufzunehmen, wenn die Zeit dafür gekommen war.“
„Aber was?“ Klammgluth fieberte ungeduldig der Öffnung der Tür entgegen.
„Der Ewige Schmied hat es dem ersten Verwalter ins Ohr geflüstert“, sagte der Herrscher aller Zwerge.
Er drehte den Schlüssel ein zweites Mal herum, ließ sich Trümmerboldts Fackel reichen, schob dann langsam die Tür auf und hielt die Fackel ins Innere der Kammer.
„Die Kupferkrieger Wutrich Pilzgrimms…“
Staunend erblickte Felsigk Klammgluth, der schwarze Menhir und Herr des Zwergischen Zwielichts, in der zweiten verborgenen Kammer im Widerschein der Fackel des Großen Verwalters das Unglaublichste, was ihm jemals unter die Augen gekommen war: vier kupferne Kolosse, jeder gut drei Zwerg groß, beinahe so gewaltig wie Trolle, mit riesigen, massiven Pranken und Füßen und farblos schimmernden, gläsernen Augen, die leblos auf ihn
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