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Das abartige Artefakt

Das abartige Artefakt

Titel: Das abartige Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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blickten furchtsam zu den Latrinenöffnungen hoch.
    Der meiste Unrat fiel lediglich an ihnen vorbei, um weit unter ihnen mit leisem Zischen zu verdampfen. Aber von Zeit zu Zeit, wenn die kalte Luft der Höhlen und die emporwallende Hitze des Magmas sich vereinten, entstand ein Luftwirbel, der einen der übel riechenden Klumpen oder einen Schwall Zwergenpisse erfasste und sie an eine nahe Felswand klatschen ließ.
    Um derlei stinkendes Übel von ihnen abzuhalten, stand das zweibeinige Gedächtnis mit einem eisenbeschlagenen Wurzelholzschild vor dem Rest des Schicksalszwergs.
    Für das Gedächtnis war es eine der schwersten Aufgaben seiner gesamten Laufbahn im Dienste des Höchsten. Im Vergleich dazu war selbst das Auswendiglernen der sechshundert Hammerhymnen ein Vergnügen. Und die waren schon eine Zumutung gewesen.
    Auch wenn ihm die meisten emotionalen Regungen fremd waren, bedauerte das Gedächtnis doch zutiefst, dass es sich neben all den bedeutsamen Dingen auch an diese unwürdige Tätigkeit auf ewig würde erinnern können.
    Fazzgadt hatte des Geruchs wegen einen ledernen Mundschutz vor den Bart gezogen und war deshalb nur undeutlich zu verstehen, als er sich nun an den Hohepriester wandte: „Also, wenn ich es recht verstehe, dann ist dieser Nattergriff nur durch die Mithilfe des Steins geschnappt worden?“
    „Er hat mir verraten, dass der Dieb eine Schwäche hat“, bestätigte der Hohepriester. „Und er hat mir auch gesagt, was zu tun ist. Denn er ist allwissend.“
    „Ja, aber wäre es nicht klüger gewesen, ihn gleich zu dir zu bringen, anstatt ihn in das bestbewachte Gefängnis des Imperiums werfen zu lassen?“, fragte Fazzgadt. „Wenn du mich fragst, kann der Kiesel so schlau nicht sein.“
    Während das Gedächtnis erneut den Schild hochriss, um sie vor dem Übel von oben zu schützen, erwiderte der Hohepriester: „Und wie hätte ich das bewerkstelligen sollen? Die Wachen, die vor Lehmstichs Schließhöhle patrouillieren, sind von der Felswehr, die allein dem Verwalter unterstellt ist. Selbst wenn ich sie bestochen hätte, damit sie mir Nattergriff ausliefern, hätte der Verwalter früher oder später davon erfahren. Und er wäre misstrauisch geworden. Mit seinem Misstrauen ist gegenwärtig nicht zu spaßen, das kannst du mir glauben…“
    „Warum hat sich der sprechende Stein dann nicht einfach gleich an den Verwalter gewandt?“, fragte Fazzgadt immer noch nicht überzeugt.
    Der Höchste der Hohen, der das Vertrauen des Ewigen Schmieds nicht ganz ohne Stolz genoss, entgegnete mit einem Funkeln im Blick: „Er wird seine Gründe haben.“
    „Sei’s drum, es ist das letzte Mal, dass ich etwas für die Götter tue!“ Fazzgadt hob seinen Mundschutz und spie angewidert aus. Er schien alles andere als zufrieden mit den Antworten, die er bekommen hatte.
    In diesem Moment tauchten Flammrank und Blechboldt auf.
    „Es ist unmöglich.“ Kopfschüttelnd kam der blinde General zusammen mit dem Ferkelbändiger den felsigen Weg hinabgelaufen, an dessen Ende der Rest des Schicksalszwergs die beiden bereits erwartete.
    Sie hatten im Auftrag des Allerhöchsten und mit Hilfe der Autorität des Generals die Grundrisse der Verliese von Vorrngarth eingesehen und kehrten nun zurück, um ihm Bericht zu erstatten.
    Der General trug seine Paraderüstung, und der Ferkelbändiger die eines Felswehrgardisten.
    Die Felsen um sie herum, sowohl Boden als auch Wände, waren mit übel riechenden Klecksen übersät. Große, kleine, in allen erdenklichen Schattierungen. Doch sie stanken alle gleichermaßen. Zumindest konnte man das vermuten. Aber womöglich kam dieser erzüble Gestank, der einen Stein zum Weinen hätte bringen können, erst durch die Gesamtheit jener zahllosen Spritzer und Klumpen zustande.
    Der Schicksalszwerg hatte sich für ein Treffen an diesem ungastlichen Ort entschieden, um nicht beobachtet zu werden. Denn der sprechende Stein wollte, dass niemand von ihrem Vorhaben erfuhr, den Meisterdieb zu befreien und an seiner Seite das Undenkbare zu wagen. Und da kein Zwerg des Ehernen Imperiums freiwillig die Klippen unterhalb der Latrinen aufgesucht hätte, war es tatsächlich sehr unwahrscheinlich, dass man sie hier beobachtete.
    Alle paar Schichten kamen die Latrinenbrenner hier herabgestiegen, jene bedauernswerten Zwerge, die eine der niedersten Arbeiten überhaupt verrichteten und die Felsen mit Hilfe von Feuerschleudern { * } reinigten. Im Augenblick war jedoch weit und breit niemand zu sehen. Der Preis

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