Das abartige Artefakt
schlussendlich keine zwei Schichten gebraucht, um die neue Orakelhöhle aus dem Stein zu stampfen. Sie hatten Löcher in den Fels getrieben, Wände aufgestemmt und Säulen gemeißelt, hatten Decken durchbrochen und Gold gehämmert. Vorübergehend war die Ebene des Verwalters ein Meer aus emsig wogenden Bärten gewesen. Nie zuvor in der Geschichte des Ehernen Volkes war eine dreistöckige Höhle mit einer solchen Geschwindigkeit aus dem Fels geschlagen worden. Für diese Leistung hatte der Herr aller Zwerge seinen emsigen Untergebenen einen hohen Lohn versprochen: Gold, Bier und Schlaf im Überfluss. Und dafür hatten sie ihm ihren Schweiß gegeben.
Und der Verwalter hatte Wort gehalten. Im weitesten Sinne zumindest.
Er hatte sie belohnt, doch weder mit Gold noch mit Bier oder mit Schlaf. Stattdessen hatte er jeden Einzelnen der zweihundert zu einem Offizier der Begnadeten Bewahrer gemacht, und nun befanden sie sich auf dem Weg in ihr geheimes neues Quartier.
Der Große Verwalter saß auf einer goldbeschlagenen Felsbank im Zentrum der neuen Orakelhöhle und grübelte vor sich hin. Über ihm erhob sich ein dreistöckiger, beinahe komplett mit Gold ausgekleideter Felsendom. Hinter schweren goldenen Absperrketten standen auf allen drei Ebenen riesige, auf Gelenken gelagerte und mit Gold eingefasste Bottiche mit Orakelbier. Gleich daneben ragten aus den Wänden schwere Hebel hervor, mit deren Hilfe man sie in den Schacht der Höhle entleeren konnte.
Und zu Füßen des Verwalters, im Zentrum des Doms, befand sich der Deutergrund, eine goldene Plattform, die mit den Zeichen der drei ehrbaren Stämme und zahlreichen Abflussrinnen versehen war.
Die Handwerker hatten ganze Arbeit geleistet.
Das Bier wurde Bottich um Bottich von oben herabgegossen, angefangen bei der ersten Ebene. Wenn die Bottiche dort geleert waren und das Bier abgeflossen war, blieb der Schaum am Deutergrund zurück, um von den Schaumdeutern beschaut zu werden. Und wenn der Schaum des ersten Biers sich aufgelöst hatte, folgte das Orakelbier der zweiten Ebene und danach das der dritten.
Der Verwalter blickte auf und sah dem Gesandten des schwarzen Menhirs, der schon seit einiger Zeit vor ihm stand und ihm Bericht erstattete, direkt in die Augen.
„Und du sagst, der Höchste der Hohen betet wahrhaftig zu den Vorgöttlichen { * } ?“, fragte er.
„Wenn ich es doch sage, Herr, sogar einen Steinkriecher hat er ihnen geopfert!“, erwiderte der Gesandte.
„Das ist unglaublich.“ Der Große Verwalter schüttelte den Kopf. „Dass er, der einst zu den Göttern sprach, überhaupt zu so etwas in der Lage ist… Du siehst mich entsetzt, Zwerg. Es schmerzt mich, doch ich fürchte, dass der einstige Wisser des Wissens dem Ehernen Volk so nicht länger dienen kann.“
„Wie Ihr meint, Herr.“
Ergeben verneigte sich der Botschafter des Menhirs und kam dabei nicht umhin, Felsigk Klammgluth, den Herrn des Zwergischen Zwielichts, zu bewundern, dessen Plan, den Hohepriester in Ungnade zu lügen, tatsächlich aufzugehen schien.
Nachdenklich sah sich der Große Verwalter in der neuen Orakelhöhle um, ließ den Blick über das Gold schweifen und murmelte wie zu sich selbst: „Sind nicht ohnehin meine Schaumdeuter näher an den Gottzwergen als er? Sprechen sie nicht die Sprache des Schaums, die doch die der Götter ist? Ändern sich nicht mit den Zeichen auch jene, die sie deuten?“
„Wenn Ihr es sagt, Herr.“
„Ich? Nein, ich bin mir nicht sicher. Denn was ist mein Wille, wenn die Götter sprechen? Die Priester sollen den Schaum befragen und mir den Willen der Götter offenbaren!“
Der Große Verwalter sprang auf, eilte über den Deutergrund und trat an einen gewaltigen Gong an der Stirnseite der Halle, um ihn mit einem mächtigen Klöppel anzuschlagen.
Das dunkle, dumpfe Wummern, das bis weit in die Gänge zu hören war, ließ, während es sich dröhnend im Felsendom ausbreitete, die goldumhüllten Säulen vibrieren und das Bier in den Bottichen erzittern.
Und dann traten im gemessenen Gleichschritt die in wallende schwarze Gewänder gekleideten Schaumdeuter mit ihren mit seltsamen Talismanen behängten Helmen aus den Schatten. Auf knorrige goldene Stäbe gestützt, wankten sie ins Zentrum des Doms auf den Deutergrund zu.
Über ihnen tauchten muskulöse Zwerge mit nackten, eingeölten Oberkörpern aus dem Dunkel auf und traten an die schweren Hebel, um sie auf einen Wink der Deuter zu entleeren und die Götter sprechen zu lassen.
Noch aber war
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