Das Abkommen
der Männer, die er getötet hatte, und er bedauerte es auch keineswegs. Er hatte getan, was zu tun war, und schien keinerlei Interesse daran zu haben, deshalb sein Gewissen zu befragen oder seine Tat im Nachhinein anzuzweifeln. Ich konnte eine Menge von diesem Mann lernen.
»Sind Sie sicher?«, fragte Anne und wartete, bis er etwas verwirrt genickt hatte, bevor sie aus dem Wagen stieg. Ich folgte ihr, ohne auch nur ein Wort mit Stephen gewechselt zu haben. Ehrlich gesagt hatte ich in seiner Gegenwart ein ungutes Gefühl. Das lag aber eigentlich nicht an ihm selbst, sondern eher daran, dass dieser brutale Killer von den Leuten, die ich in den letzten Wochen kennengelernt hatte, einer der wenigen war, die ich sympathisch fand.
Als wir durch die Glastüren der Vorstandsetage kamen, ließ man uns viel demonstrative Aufmerksamkeit und Schulterklopfen zuteil werden. Sekretärinnen standen hinter ihren Schreibtischen auf, Manager kamen aus ihren Büros heraus. Selbst der Mann mit dem Kaffeewagen blieb stehen und nickte uns ehrerbietig zu. Keiner von uns reagierte, wir senkten lediglich den Kopf und gingen schneller. Als wir mein Büro erreicht hatten, sahen wir ein riesiges Blumengesteck auf Annes Schreibtisch stehen, in dem eine Karte von Paul Trainer steckte. Ich fragte nicht, was er geschrieben hatte.
Auf meinem Schreibtisch standen keine Blumen – nur eine Notiz, mit der ich aufgefordert wurde, so schnell wie möglich in Trainers Büro zu kommen.
Ich stieß die Verbindungstür zu seinem Büro auf und stellte fest, dass die Besprechung schon in vollem Gang war. Trainer redete leise mit einem Mann, den ich nicht kannte, und schien mein Kommen gar nicht zu bemerken. Mein Vater dagegen kam auf mich zu und umarmte mich. Ich legte ihm die Hände auf den Rücken, aber wir wussten beide, dass es nur Show war.
Inzwischen war ich so gut wie sicher, dass mein Vater Daniel Alexander in Montana angerufen und ihn gebeten hatte, mir falsche Informationen zu geben, damit ich mich auf der Vorstandssitzung lächerlich machte. Und als das nicht die gewünschte Wirkung hatte, hatte er eine Kopie meines Trustvertrages an Angus Scalia gefaxt, um meinen ersten landesweit ausgestrahlten Fernsehauftritt zu torpedieren.
Ich hätte wütend auf ihn sein sollen. Ich hätte einen Schritt zurücktreten, ihm eine scheuern und es dann auf posttraumatischen Stress zurückführen sollen. Aber eigentlich war ich gar nicht böse auf ihn. Wenn überhaupt, tat er mir leid. Ich hatte Mitleid mit ihm, was vermutlich das Schlimmste ist, was man seinem Vater gegenüber empfinden kann.
Die Elternschaft hat viele edle Eigenschaften, doch eine der großartigsten ist die Hoffnung, das eigene Kind möge einmal besser sein als man selbst. Dass mein Vater mir gegenüber Eifersucht und Konkurrenzdenken an den Tag legte, war schon immer traurig gewesen, doch inzwischen hielt ich diese Einstellung für ausgesprochen erbärmlich. Erbärmlich und gefährlich.
»Alles in Ordnung mit dir? Wie fühlst du dich?«
»Ich bin hundemüde.« Wir waren froh, als wir uns wieder loslassen konnten. »Aber es geht mir gut.«
Trainer war der Nächste. Nachdem er sein Gespräch beendet hatte, rannte er fast durch das Büro, um mir energisch die Hand zu schütteln.
»Ich kann Ihnen ja gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, dass Ihnen nichts passiert ist. Man hat mich darüber informiert, dass Sie einen unglaublichen Mut gezeigt haben. Trevor, ich bewundere Ihre Standhaftigkeit angesichts der vielen Morddrohungen und Klagen gegen Sie.«
»Was für Morddrohungen? Und was für Klagen?«
»Haben Sie denn noch nicht Zeitung gelesen?« Er ignorierte meine Frage und zeigte auf einen Stapel Zeitungen auf seinem Schreibtisch. »Die Presse hat sich fast überschlagen. Ausnahmslose positive Reaktionen! Denken Sie an meine Worte! Wir werden in dieser Sache die Sieger sein.«
Er legte mir einen Arm um die Schultern und dirigierte mich von meinem Vater und den anderen weg. »Aber was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, als Sie von Verhandlungen mit der Anti-Tabak-Lobby gesprochen und gesagt haben, Zigaretten würden einen unangenehmen Tod verursachen? Ich weiß ja, dass dieser Drecksack Ivers ein zäher Brocken ist, und dass wir in der Öffentlichkeit unsere guten Absichten betonen müssen, aber bevor Sie noch einmal so etwas sagen, müssen Sie das vorher mit mir absprechen. Es besteht überhaupt kein Anlass dazu, so etwas Unüberlegtes zu tun. Verstanden?«
Trainer wollte
Weitere Kostenlose Bücher