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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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medizinisch gesehen teuersten Jahre unseres Lebens kommen, wird das gar nicht erwähnt. Die Wahrheit ist doch, dass Tabak ein finanzieller Segen für dieses Land ist. Aber vielleicht haben Sie ja recht. Vielleicht sollten wir Zigaretten wirklich verbieten – wir nehmen sie den gut informierten Erwachsenen weg, die sich dafür entschieden haben, dieses Produkt zu benutzen. Allerdings stellt sich mir dann die Frage, warum ausgerechnet Zigaretten zuerst dran glauben sollen. Schließlich sind sie nicht einmal das gefährlichste Produkt, das wir herstellen.«
    Flag beugte sich über den Schreibtisch. Offenbar interessierte ihn diese unerwartete Wende sehr. »Und was ist das gefährlichste Produkt, Mr Barnett?«
    »Ich würde sagen, die Kartons mit den kleinen Doughnuts – die mit dem Puderzucker oben drauf.«
    »Das ist doch lächerlich!«, brüllte Scalia. »Dass Leute wie Sie das grauenhafte Sterben von Hunderttausenden von Menschen bagatellisieren, ist … ungeheuerlich.«
    »Ich bagatellisiere gar nichts, Mr Scalia. Wissen Sie eigentlich, dass sich Diabetes bei Leuten in den Dreißigern in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt hat? Für Fettsucht gilt das Gleiche. Selbst wenn man von der überhöhten Anzahl von Rauchertoten ausgeht, die von der Anti-Tabak-Lobby veröffentlicht wird, ist Fettsucht in den Vereinigten Staaten inzwischen die häufigste Ursache für vermeidbare Todesfälle. Und genauso schlimm sind die zehn- bis zwölftausend Dollar pro Jahr, die für die medizinische Behandlung eines Diabetikers aufgewendet werden müssen – Kosten, die bei Rauchern nicht anfallen. Kosten für Komplikationen wie Amputationen, Erblindung, Herzkrankheiten und Fehlzeiten am Arbeitsplatz sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Insgesamt verursacht Diabetes Kosten von fast hundert Milliarden Dollar pro Jahr – so viel wie alle Krebsarten zusammen. Und diese Zahl ist noch gar nichts. Sie wird in den nächsten Jahren explodieren, wenn die Kinder aufwachsen, die jetzt zu Opfern werden.«
    »Ich weigere mich, darüber zu diskutieren, ob …«, fing Scalia an. Doch ich war in Fahrt wie noch nie in meinem Leben. Ich weiß, dass es sonderbar klingt, aber Scalia verkörperte für mich jeden, der mich jemals beleidigt hatte, und alles, was ich bis jetzt hinuntergeschluckt hatte. Ich schnitt ihm wieder das Wort ab und überraschte mich selbst, indem ich Flag direkt in die Augen sah.
    »Haben Sie gewusst, dass Raucher im Vergleich zu Nichtrauchern eine geringere Wahrscheinlichkeit für Übergewicht haben? Niemand redet davon, welche katastrophalen Gesundheitsprobleme Raucher dadurch vermeiden, dass sie dünn sind.«
    Erst nachdem ich das gesagt hatte, wurde mir klar, dass ich gar nicht wusste, ob es überhaupt stimmte, aber es hörte sich gut an, und wenn es um Integrität ging, erwartete man von der Tabakindustrie sowieso kein sonderlich hohes Niveau.
    »Mr Flag, wollen Sie denn noch mehr Ihrer wertvollen Zeit verschwenden, während Mr Barnett mit aller Macht versucht, von seinen grauenhaften Verbrechen abzulenken?«
    Ich ignorierte ihn einfach. »Und warum geben wir nur den Doughnuts die Schuld daran? Fettes Essen und Süßigkeiten sind genauso schlecht für uns. Ich glaube, es ist hinreichend bewiesen, dass sie weitaus tödlicher und kostspieliger sind als Zigaretten. Und wenn wir schon dabei sind, ich glaube, es würde erheblich weniger Krankheiten und damit Kosten für das Gesundheitssystem geben, wenn jeder dreimal in der Woche Sport treiben müsste. Wir könnten es per Gesetz vorschreiben. Dann müsste jeder amerikanische Bürger alle paar Monate ins Rathaus zum Wiegen.« Ich stellte mir den Berg wabbligen Fleisches am anderen Ende meines Ohrknopfs vor. »Und wenn jemand Übergewicht hat, bekommt er eine Geldstrafe oder muss die Kosten für seine medizinische Behandlung selbst zahlen. Und damit hätte ich der Regierung gerade eine Billion Dollar gespart.«
    »Sehr geschickt, Mr Barnett, wirklich sehr geschickt. Aber haben Sie schon mal gesehen, wie jemand an Lungenkrebs stirbt? Haben Sie schon einmal gesehen, wie jemand, der an dieser Krankheit leidet, bis auf die Knochen abmagert und an seinem eigenen Blut erstickt? Das verkaufen Sie. Nicht nur den Tod. Sondern einen grauenhaften Tod.«
    Ich widersprach ihm nicht. Wozu auch? Es stimmte ja alles.
    »Mr Barnett hat offenbar große Angst«, fuhr Scalia fort. »Er hat ein Vermögen geerbt, das meinen Quellen zufolge zu einhundert Prozent in Tabakaktien investiert ist. Er lebt

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