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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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ansah. »Bitte?«
    »Trevor, wir haben jemanden, der das Protokoll führt. Habe ich was vergessen?«
    Die Männer am Tisch starrten mich an.
    Meine erste Reaktion war typisch: Wer war ich, dass ich auf einer solchen Sitzung einfach so den Mund aufmachte? Dann kam mir die etwas seltsame Erkenntnis, dass ich aufgrund meines Jobs, bei dem ich unzählige Dokumente durchgegangen war, meiner Herkunft und meines Studiums vielleicht mehr über die Geschichte und Philosophie hinter der Tabakindustrie wusste als alle anderen in diesem Raum. Vielleicht hatte ich ja sogar etwas Interessantes zu sagen.
    »Ich glaube, wir müssen uns eine Frage stellen: Warum haben wir keine Freunde mehr?«
    »Sagen Sie es mir«, erwiderte Trainer. Er hörte mir so übertrieben aufmerksam zu, dass die anderen es nicht wagten, ihre Verärgerung zu zeigen.
    Ich räusperte mich. »Ich frage mich, ob es nicht zum größten Teil daran liegt, dass wir so viel Zeit mit dem Versuch verbringen, uns keine Feinde zu machen, dass wir keine Zeit mehr für den Versuch haben, uns Freunde zu machen. Die Leute identifizieren sich viel eher mit einer offensiven Einstellung als mit einer defensiven. Wie kann sich jemand hinter eine Branche stellen, die immer noch so halb dementiert, dass Zigaretten schlecht für einen sind, und Prozesse aufgrund von Verfahrensfehlern gewinnt? Wir sind immer gut weggekommen, aber in der Regel haben wir das durch Manipulation und juristische Tricks geschafft. Die Leute schätzen weder das eine noch das andere. Sie wollen Gewinner haben«, sagte ich, während ich mich auf ein Gebiet vorwagte, das ich nur zu gut kannte. »Nicht Leute, die ihre ganze Zeit mit dem Versuch verschwenden, nicht zu verlieren.«
    »Das nehme ich Ihnen ab«, erwiderte Trainer mit einem Nicken, das ich als anerkennend interpretierte. »Und was sollen wir tun, Trevor?«
    Das war schon schwieriger zu beantworten. »Ich weiß nicht, ob wir überhaupt etwas tun können. Wir haben Politiker, Wissenschaftler, Medien gekauft – so gut wie alle. Wir haben jeden unter Druck gesetzt, der sich uns in den Weg gestellt hat. Aber letzten Endes haben wir unsere Arbeit zu gut gemacht. Wie Sie schon sagten, die Politiker haben Angst. Vor uns. Vor den Rauchern. Vor der Anti-Tabak-Lobby. Vor Tabakfarmern. Und nach einhundert Jahren, in denen wir diese Angst gepflegt haben, kommt sie als Bumerang zu uns zurück.« Ich musste Luft holen, hatte aber Angst, den Schwung zu verlieren, also sprach ich sofort weiter. »Die Branche hat nicht damit gerechnet, dass dieses Land einmal von der Judikative regiert werden wird.«
    »Diesem großen Land ist damit ein schlechter Dienst erwiesen worden«, sagte Trainer. »Eigenverantwortung, Eigenständigkeit und Tabak waren die Grundlagen, auf denen die Vereinigten Staaten gegründet wurden.«
    »Das ist richtig. Aber sie sind auch auf einem außer Kontrolle geratenen Kapitalismus gegründet worden: Trusts, Gummibarone, Sklaverei, Kinderarbeit. Diese Zeiten werden nicht wiederkommen. Genau genommen geht der Trend immer mehr in die entgegengesetzte Richtung.«
    Chuck Fay, Vorstandsvorsitzender von RJF und ein zäher alter Brocken, der während seiner Militärzeit mehrfach nach Vietnam gegangen war, weil er sich dort so »großartig amüsiert« hatte, meldete sich zu Wort. »Was, zum Teufel, meinen Sie damit? Ich bin ganz Ihrer Meinung und bei Gott auch bereit, mich von den Knien zu erheben und jemandem in den Hintern zu treten. Aber wie?«
    Ehrlich gesagt wusste ich es auch nicht. Eigentlich hatte ich den Anwesenden so schonend wie möglich beizubringen versucht, dass wir vermutlich alle dem Untergang geweiht waren und sie am besten schon einmal mit der Suche nach einem Job beginnen sollten.
    »Und wessen Hintern?«, sagte ein anderer. Ich war mir nicht sicher, welche Firma er leitete. »Mr Barnett sagt uns, was nicht stimmt, aber eine Lösung hat er nicht.«
    Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, als er mich kritisierte, aber Paul Trainer kam mir zu Hilfe.
    »Es ist nicht Trevors Aufgabe, diese Branche wieder in Ordnung zu bringen – er ist nur hier, um Informationen zu liefern. Den Rest müssen wir tun.«
    Sie lehnten sich alle wieder zurück, und ich verschmolz wieder einmal mit dem Hintergrund.
    »So, wie ich das sehe, müssen wir uns auf zwei Punkte konzentrieren. Erstens, die Leute sind der Tabakindustrie gegenüber äußerst misstrauisch, aber Politikern gegenüber sind sie das auch. Seit Jahren schon kritisieren uns diese Idioten

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