Das achte Opfer
ein paarmal begegnet, doch sie hat etwas an sich, das ich nur schwer beschreiben kann. Auf jeden Fall fühle ich mich in ihrer Nähe unwohl. Für meine Begriffe ist sie kalt bis ins Mark und versessen darauf, baldmöglichst Generalstaatsanwältin zu werden. Und die schafft das, da verwette ich meinen Arsch drauf.«
Julia Durant grinste nicht mehr, sie fragte mit zusammengekniffenen Augen: »Was ist los? Warum diese Abneigung?«
Hellmer zuckte nur mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich mag einfach diese Art Frauen nicht. Wahrscheinlich ist sie eine gottverdammte Lesbe.«
»Oh, ich wußte nicht, daß du was gegen Schwule und Lesben hast . . .«
»Hab ich auch nicht. Und ich habe auch keine Lust mehr, über dieses Weib zu reden. Gehen wir.«
Die Spurensicherung war noch immer bei der Arbeit, Julia Durant und Hellmer verabschiedeten sich und sagten einem der Streifenpolizisten Bescheid, daß in Kürze ein Kollege aus dem Kommissariat vorbeikommen würde, um ein Zimmer im Untergeschoß auszumessen. So lange müsse er noch warten, danach würde das Haus versiegelt. Gemeinsam stiegen die Kommissarin und Hellmer in den Dienstwagen, es war kurz vor zwölf.
»Gehen wir noch eine Kleinigkeit essen?« fragte sie, während Hellmer den Schlüssel ins Zündschloß steckte.
»Und wohin?«
»Zu unserem Italiener in Sachsenhausen. Ich will nicht mit leerem Magen bei der Schweiger antreten.«
»Von mir aus.«
Donnerstag, 12.50 Uhr
Berger wartete bereits auf dem Bürgersteig. Er rauchte eine Zigarette, als Hellmer und Julia Durant um die Ecke bogen. Er blickte zur Uhr, sechs Minuten vor eins.
»Gut, daß Sie da sind. Wie gehen wir vor? Ich meine, wir haben ausgemacht, nicht zu viel zu verraten, was unsere Ermittlungen angeht.«
»Wir werden nichts von den Decknamen erwähnen und auch nichts davon, daß Kindesmißbrauch im Spiel ist. Wir werden ihre Fragen beantworten, sofern sie überhaupt welche hat, und sollte sie zum Beispiel den Begriff Decknamenfallenlassen, dann fragen wir einfach zurück, woher sie diese Information hat«, erwiderte Julia Durant.
»Ich überlasse Ihnen das Reden gern«, sagte Berger, »sofern es Ihnen recht ist.«
»Ich denke, ich werde mit der Dame schon fertig werden.«
»Unterschätzen Sie die Schweiger nicht«, warnte Berger. »Sie ist eine Wölfin im Schafspelz. Sie ist, was ich bislang von ihr gehört habe, äußerst gerissen und nicht auf den Mund gefallen. Ich weiß das von Staatsanwalt Anders, er kommt mit ihr auch nicht zurecht. Aber was soll’s, gehen wir nach oben, und bringen wir’s hinter uns. Mehr als uns den Kopf abreißen kann sie auch nicht.«
Sie traten durch den Eingang, begaben sich in den ersten Stock, wo das Büro von Oberstaatsanwältin Schweiger lag. An der obersten Stufe blieb Berger unvermittelt stehen, zog einen Umschlag aus seiner Jacke und reichte ihn wortlos der Kommissarin. Sie nahm ihn an sich, öffnete ihn, zog den Zettel heraus. Sie las:
Weh euch . . . ihr Heuchler und Gesetzeslehrer! Ihr seid wie die Gräber, die außen weiß angestrichen sind und schön aussehen; innen aber sind sie voll Knochen, Schmutz und Verwesung. So erscheint auch ihr von außen den Menschen gerecht, innen aber seid ihr voll Heuchelei und Ungehorsam gegen das Gesetz . . . Ihr Nattern, ihr Schlangenbrut! Wie wollt ihr dem Strafgericht der Hölle entrinnen? So wird all das unschuldige Blut über euch kommen, das ihr auf Erden vergossen habt.
»Das ist dann die Ankündigung für Nummer sieben«, sagte Julia Durant ungewöhnlich gelassen und steckte den Zettel wieder in den Umschlag. »Wann kam es?«
»Vor etwa einer Stunde.«
»Gesetzeslehrer«, murmelte die Kommissarin. »Was ist mit einem Gesetzeslehrer gemeint? Ein Jurist? Oder jemand, der an der Uni Jura lehrt?«
»Das Branchenverzeichnis von Frankfurt ist voll mit Juristen, Rechtsanwälten und Notaren«, sagte Hellmer beiläufig. »Und an der Uni gibt es sicher mehr als nur einen, der Jura lehrt. Vergiß es einfach.«
»Werd ich wohl müssen«, erwiderte Julia Durant und steckte den Umschlag in ihre Tasche.
»Es könnte ja auch sein, daß mit einem Gesetzeslehrer jemand aus dem kirchlichen Bereich gemeint ist.«
»Das wäre dann schon der zweite. Nein, glaub ich nicht. Ich denke, morgen sind wir schlauer.«
»Was ist eigentlich mit dieser Nadja aus dem Bordell in der Elbestraße?« fragte die Kommissarin, während sie den Gang entlangliefen. »Ist sie noch dort oder schon rausgeholt worden?«
»Zwei Kollegen sind vorhin
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