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Das achte Tor

Das achte Tor

Titel: Das achte Tor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bottero
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stürzte er sich auf sie.
    In letzter Sekunde setzte Nathan sich in Bewegung. Er täuschte eine Drehung nach rechts an, und als der Werwolf sich auf ihn warf, duckte er sich weg und hechtete nach links. Eine Technik, die er in zahlreichen Rugby-Spielen angewandt und seine Gegner damit immer an der Nase herumgeführt hatte.
    Auch der Werwolf fiel darauf herein.
    Seine muskulösen Arme griffen ins Leere, und Nathan schlug zu. Ein präziser Schlag in die Rippen des Monsters brachte es aus dem Gleichgewicht. Nathan rannte aus dem Zimmer.
    Er sprang über die Balustrade, federte den Sprung geschickt ab und verschwand durchs Fenster nach draußen.
    Als er über den Balkon lief, kam der Werwolf durch die Tür. Er schien benommen. Nathan konnte sich ein tri-umphierendes Lächeln nicht verkneifen. Sein Vater hatte nie gewollt, dass er eine Kampfsportart ausübte, aber er wusste seit langem, wohin man schlagen musste, damit es wehtat.

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    Genau in diesem Augenblick merkte er, dass seine Angst vollkommen verschwunden war.
    Ein Monster, das geradewegs aus einer der dunkelsten Legenden entsprungen war, trachtete ihm nach dem Leben, und sein Puls dachte nicht im Traum daran, hö-
    her zu schlagen. Im Gegenteil, eine wahnsinnige Energie strömte durch seinen Körper und vermittelte ihm ein unerschütterliches Selbstvertrauen. Er war Mitglied der Familie. Und die Mitglieder der Familie fürchten sich nicht vor Werwölfen!
    »Komm doch her, wenn du dich traust!«, schrie er.
    »Mit dir bin ich noch lange nicht fertig!«
    Das Monster sprang ins Wohnzimmer und stürzte auf ihn los. Nathan kratzte die Kurve.

    ***

    Da er nicht wusste, wie schnell sein Gegner war, rannte er mit Höchstgeschwindigkeit den Weg zum See hinunter. Er warf einen Blick nach hinten und sah beruhigt, dass der Werwolf zwar schnell war, es ihm aber nicht gelingen würde, ihn einzuholen. Also konnte er seinen Plan durchführen. Vor dem Steg bog er ab auf einen Pfad, der zum Felsen hinaufführte.
    Er lief mit Riesenschritten und war froh, dass der Vollmond und der Schnee ihm die Orientierung er-leichterten. Der Atem des Werwolfs war keine fünf Meter hinter ihm zu hören, doch Nathan hatte keine Angst.
    »Lykanthrope sterben durch eine Silberkugel.«
    Der Satz tauchte aus dem Nichts auf. Nathan wankte 59

    und verlor zwei wertvolle Meter. Dann fing er sich wieder und beschleunigte. Was war das?
    »Konventionelle Waffen sind bei ihnen wirkungslos.«
    Nathan blickte sich kurz um. Wenn sich irgendjemand im Gebüsch versteckt hielt, weshalb kam er ihm dann nicht jetzt zu Hilfe? Sollte er um Hilfe rufen? Die Worte hallten noch in ihm nach, als er einen Entschluss fasste.
    »Konventionelle Waffen sind bei ihnen wirkungslos!«
    Nathan kapierte blitzartig. Er hatte nicht geträumt, sondern sehr wohl eine Stimme vernommen.
    Eine innere Stimme!
    Als hätte diese Erkenntnis ein Ventil in seinem Kopf geöffnet, sprudelte plötzlich ein unerwarteter Wissens-fluss aus einer unbekannten Region seines Gehirns heraus.
    »Bei Lykanthropen, fälschlicherweise oft Werwölfe genannt, handelt es sich nicht um menschliche Wesen, die einem Fluch zum Opfer gefallen sind, sondern um Angehöri-ge einer sehr alten Rasse, die in der Lage sind, eine andere Gestalt anzunehmen. Sie können aussehen wie Menschen, wie Wölfe oder wie Wolfsmenschen. Sie spuken in den ver-lassenen Städten Malarkadiens und den dunklen Wäldern Mesopias umher, wo sie sich vom Fleisch verirrter Reisender ernähren. Man kann einen Lykanthropen nur mit einer silbernen Klinge oder einer silbernen Kugel töten. Konventionelle Waffen sind bei ihnen wirkungslos.«
    Ein wildes Grollen holte ihn wieder in die Realität zu-rück. Der Werwolf kam näher.
    Nathan bekam plötzlich Angst, er könnte sich verlaufen haben. Er prüfte den Boden. Wenn er vom Weg abkäme, wäre er verloren. Zu seiner großen Erleichterung erkannte er sehr schnell die Spuren wieder. Hinter ihm 60

    malmten die Kiefer des Lykanthropen bedrohlich. Nathan beschleunigte, bis er ihm wieder zwei Meter abge-rungen hatte. Dann passte er sein Tempo dem des Monsters an. Er wollte es nicht abschütteln.
    Er wollte es zerstören.
    Die Spuren, die Nathan verfolgte, führten ins Unter-holz, und der Abstand verringerte sich. Es war nicht einfach, in der Dunkelheit auf einem schmalen, ver-schneiten Pfad voller Büsche den Vorsprung zu halten, und er fragte sich, ob er sich nicht gewaltig überschätzt hatte. Wie zur Bestätigung machte der Werwolf einen Satz vorwärts

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