Das Achtsamkeits Buch
Bewältigung von Belastungen sind Gelassenheit, Gleichmut und die Fähigkeit, zwischendurch immer wieder zur Ruhe zu kommen. Achtsamkeit kultiviert diese Ressourcen zusammen mit Mitgefühl und liebender Güte. So fördert eine fortgeschrittene Achtsamkeitspraxis inneren Frieden gerade in Zeiten starken Leids.
Auch die Kunst, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, schützt vor Überforderung – was in der Achtsamkeitspraxis besonders geschult wird. Diese erleichternde und unterstützende Kraft der Achtsamkeit wird in Michael Endes Roman »Momo« (1988, S. 36) beleuchtet: Darin wird Beppo der Straßenkehrer danach gefragt, wie er es schaffe, mit seinem kleinen Besen eine sehr lange Straße zu kehren, ohne zu verzweifeln. Er verrät Momo sein Geheimnis: »Schritt – Atemzug – Besenstrich. Schritt – Atemzug – Besenstrich« – seine Strategie der Konzentration und der Fokussierung auf die augenblickliche Bewegung und seinen Atem.
Exkurs:
Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR)
Das »Mindfulness-Based Stress Reduction Program« wurde von Dr. Jon Kabat-Zinn im US-Bundesstaat Massachusetts seit den späten 1970er Jahren entwickelt. Der ehemalige Molekularbiologe hatte selbst langjährige Erfahrungen mit buddhistischer Meditation – zunächst als Zen-Schüler und später in der Vipassana Tradition – und mit der Praxis des Hatha-Yoga. Als er damals die Krankenhausadministration überzeugen konnte, ergänzend zur regulären Behandlung von Schmerzpatienten ein Trainingsprogramm anzubieten, das auf Achtsamkeitsmeditation und Yoga basiert, war der Grundstein für die heute äußerst renommierte Stress-Reduction-Clinic gelegt.
Das MBSR-Programm wird inzwischen in über 240 Kliniken auf der ganzen Welt angeboten. In zahlreichen Studien konnte die Wirksamkeit bei unterschiedlichen Patientengruppen nachgewiesen werden. Eine Metaanalyse bezieht sich auf 20 von damals insgesamt 64 vorliegenden Studien (Grossman et al., 2004).
Ein »klassischer« MBSR-Kurs ist ein intensives, achtwöchiges Trainingsprogramm mit wöchentlichen 2 1/2stündigen Gruppensitzungen und einem ganztägigen Schweige-Retreat etwa in der 6. Woche. Drei Arten von formalen Übungen bilden den Kern des Programms:
• Traditionelle Sitzmeditation.
• Sanfte und achtsam ausgeführte Yoga-Übungen.
• Body-Scan. Dabei wird der Körper mit wohlwollender Aufmerksamkeit systematisch von innen »abgetastet«.
Bei allen drei Formen spielt der Atem für die Verankerung der Aufmerksamkeit in der Gegenwart eine zentrale Rolle.
Zusätzlich werden Informationen über Erkenntnisse der
Stressforschung, der kognitiven Psychologie und der Kommunikationswissenschaft vermittelt. Neben der täglichen formalen Praxis an sechs Tagen in der Woche zielt das Training darauf ab, Achtsamkeit im täglichen Leben zu kultivieren und in den Alltag zu integrieren.
Studien zur Wirksamkeit von MBSR in verschiedenen Anwendungsbereichen: siehe Anhang.
Weiterführende Literatur: Kabat-Zinn (1998, 1999, 2006a, 2006b), Lehrhaupt (2007).
Links:
MBSR-MBCT-Verband. Informationen zu MBSR und MBCT, Kurse, Forschung.
‣ http://www.mbsr-verband.org/
MBSR-Österreich. MBSR-Kurse in Österreich.
‣ http://www.mbsr.at/content/index_ger.html
MBSR-Verband Schweiz. MBSR-Kurse in der Schweiz, Grundlagen.
‣ http://www.mbsr-verband.ch/
Lehrhaupt, L. Institut für Achtsamkeit. Ausbildungen zum MBSR- und MBCT-Kursleiter.
‣ http://www.institut-fuer-achtsamkeit.de/
Arbor Seminare. Kurse zum MBSR-Lehrer.
‣ http://www.mbsr-deutschland.de/
Center for Mindfulness in Medicine, Health Care, and Society. Informationen aus dem »Ursprung von MBSR« (englisch).
‣ http://www.umassmed.edu/Content.aspx?id=41252
Achtsamkeit in der Bewältigung von Schmerzen
Da Schmerzen zumeist signalisieren, dass im Körper etwas nicht in Ordnung ist, möchte man ihre Ursache wissen und sie dann möglichst schnell wieder loswerden. Oft lässt sichallerdings die Ursache nicht beseitigen. Schmerztherapie ist oft mit Nebenwirkungen verbunden und kann gerade chronische Schmerzen häufig nicht vollständig lindern. Dann muss man lernen, mit dem Schmerz zu leben. Auch hier bietet Achtsamkeit einige Ansatzpunkte.
So wurde an der Universität von Montreal die Wahrnehmung von einem durch Hitze verursachten Schmerz bei 13 Personen untersucht, die alle mehr als 1000 Stunden Erfahrung in Zen-Meditation hatten (Grant, 2009). Um einen Schmerz auszulösen,
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