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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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spiegelte, erzeugte sie grelle Reflexe, die das Auge blendeten.
    Selbst als das Wolkenmeer bereits kilometerweit unter ihm lag, brach Bausch den Steigflug nicht ab, sondern zwang den Zeppelin hinauf in Regionen, in denen die Luft eisig war und der Himmel eine stahlblaue Farbe besaß. Aus weiter Ferne drang das Summen einer Türklingel an Bauschs Ohren. Der alte Mann beachtete es nicht, sondern stieg höher und immer höher hinauf, höher als jeder Zeppelin zuvor, über die Grenzen der Atmosphäre. Als die ersten Sterne über dem Luftschiff zu funkeln begannen, erklang erneut das Summen, länger und eindringlicher diesmal und nicht mehr so weit entfernt wie zuvor. Bausch fühlte, wie ihm die Kontrolle über den Zeppelin entglitt. Die Maschine begann sich aufzulösen, verlor immer größere Teile ihrer Außenhülle, die wie trockenes Laub abblätterten. Als sich endlich der Sternenhimmel über ihr öffnete, war sie nur noch ein Gerippe aus Metall, das schließlich lautlos zerbarst …
    Wieder summte die Türglocke. Bausch öffnete mühsam die Augen und setzte sich ruckartig auf. Die leere Weinflasche, die auf seinem Schoß gelegen hatte, fiel polternd zu Boden und rollte unter ein Bücherregal. Der alte Mann rieb sich die Augen und erhob sich benommen, dann schlurfte er zur Vordertür und öffnete die Schlösser. Als er die Pforte einen Spaltbreit aufgezogen hatte, erschien eine schmale Hand in der Öffnung und drückte den Türflügel ungeduldig nach innen.
    »Na, endlich!«, begrüßte ihn eine vor Kälte bebende Mädchenstimme. »Ich dachte schon, du lässt mich hier draußen erfrieren …«
    »Mira?« Bausch rieb sich die Müdigkeit aus den Augen. »Was willst du denn hier mitten in der Nacht, Prinzessin? Du weißt doch, dass du nach Sonnenuntergang nicht mehr draußen herumspazieren sollst. Wenn dich eine Ambodruse wittert, dann …«
    »Bitte, darf ich reinkommen?« Miras Stimme zitterte vor Kälte.
    Bauschs Augen verengten sich, als hätte er Mühe, seine Besucherin im Dämmerlicht des Flures zu erkennen. »Ist etwas mit deinem Vater?«, nuschelte er.
    »Nein. Ich möchte dich etwas fragen.«
    Bausch rülpste und äugte argwöhnisch in die Höhe. »Ambodrusen hört man nicht, Prinzessin. Erst wenn sich ihr Fangarm um deinen hübschen Schwanenhals schlingt und dich in die Höhe reißt – aber dann ist es eh zu spät. Geh nach Hause. Beeil dich und lass dem Kapitän seinen Schlaf.«
    Seinen Rausch, korrigierte ihn Mira in Gedanken. »Bitte, Bausch. Du bist mein Freund. Siehst du denn nicht, dass ich friere?«
    Der alte Mann stöhnte angesichts ihrer Hartnäckigkeit gequält auf. »Wenn dein Vater erfährt, dass du bei mir bist …«
    »Danke!« Mira stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte Bausch mit ihren von der nächtlichen Kälte eisigen Lippen einen Kuss auf die runzlige Wange.
    »Ja, aber … Moment mal!« Bausch reagierte viel zu träge, um das an ihm vorbeischlüpfende Mädchen zurückhalten zu können. »Das ist die falsche Richtung, Prinzessin!«, rief er ihr nach.
    Als der alte Mann in den Wohnraum zurückgeschlurft kam, hatte Mira es sich bereits im Schneidersitz auf Bauschs großem Sofa bequem gemacht und sich zwischen Dutzenden von Kissen in zwei Wolldecken gewickelt. Die Decken rochen nach Palmwein, wie fast alles im Haus. Auf dem Holztisch vor der Couch standen Dutzende von Steingutflaschen, dazwischen ein paar wenige aus Glas, in denen tote Insekten schwammen.
    Bauschs Wohnung bestand hauptsächlich aus diesem Tisch, umgeben von überquellenden Regalen, die kaum einen Blick auf die eigentlichen Zimmerwände erlaubten. Den Rest des Inventars bildeten ein Sofa, drei Sessel – und natürlich Bausch, dem sein spärliches silbergraues Haar in wirren schulterlangen Strähnen vom Kopf hing.
    Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Buch, dessen Seiten mit gelben und braunen Stockflecken übersät waren und es aussehen ließen, als besäße es eine ansteckende Krankheit. Der muffige Geruch des vergilbten Papiers stach Mira unangenehm in die Nase. Ehe Bausch es verhindern konnte, hatte sie den Wälzer zu sich auf den Schoß gezogen.
    »Mysterium Cosmographicum«, entzifferte sie den Titel auf dem Einband. Ohne hinter den Sinn des seltsamen Namens zu kommen, begann Mira, in dem stinkenden Buch zu blättern. Eine komplizierte Abbildung, die fast ein Drittel einer Buchseite einnahm, erregte ihre Aufmerksamkeit. Die Zeichnung zeigte ein seltsames Gerät. Es erinnerte an eine Waage, auf der man eine

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