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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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auf, und er sagte: »Ah, ja!«
    Ein Geräusch ertönte, als ob hinter dem Bücherregal ein verborgener Mechanismus in Gang gesetzt würde. Kurz darauf strich ein kühler Lufthauch um Miras Beine, der sie frösteln ließ. Verunsichert warf das Mädchen einen Blick auf Bausch, der sich schnaufend gegen das Regal lehnte – dann klaffte vor Mira plötzlich eine mannshohe, rechteckige Öffnung in der Wand. Die Dunkelheit dahinter schien jegliche Wärme aus Bauschs Zimmer einzuatmen wie das Maul eines hungrigen Riesen.
    »So«, meinte der alte Mann und rieb sich die Hände. »Gib mir dein Ehrenwort, dass du niemandem davon erzählst. Wenn der Dorfrat davon erfährt, lässt er mich einsperren!«
    »Ich bin der schweigsamste Mensch der ganzen Zone«, flüsterte Mira.
    Bausch sah das Mädchen streng an. »Hand aufs Herz!«
    Mira legte geistesabwesend ihre rechte Hand auf die Brust. Beklommen blickte sie auf den Absatz einer Metalltreppe, die in eine lichtlose Tiefe hinabführte.
    »Was – ist dort unten?«
    Bausch aktivierte eine abwärtsführende Kette kleiner, in die Decke eingefasster Lampen. »Die Vergangenheit, Prinzessin. Geschichten aus der alten Welt!«
     
    Der Gang, in den die Treppe mündete, war das genaue Gegenteil von Bauschs Säuferklause. Fein gearbeitete Teppiche bedeckten einen staubbedeckten Metallfußboden oder überzogen hohe, von elektrischen Lampen beleuchtete Wände. Zwischen den Wandteppichen hingen Dutzende von Bildern, Fotografien mit seltsamen Strukturen, die Mira nicht zu deuten wusste. Manche von ihnen sahen aus wie das Innere riesiger Häuser. Andere zeigten weiße Berge von unglaublicher Höhe oder riesige Wasserflächen. An einem Bild mit schwarzen Türmen, in denen Tausende von Lichtern glühten, blieb Mira fasziniert stehen. Ein weißer Mond hing am nachtblauen Himmel.
    »Ist das die Stadt, aus der Ben kommt?«, fragte Mira staunend. »Sie ist voller Licht, obwohl es Nacht ist. Hat man dort keine Angst vor den Ambodrusen?«
    Bausch rümpfte die Nase. »Diese Stadt gibt es nicht mehr, Prinzessin. Zumindest ist sie für uns unerreichbar geworden.« Er nahm einen Schluck aus seiner Flasche. »Komm weiter!«, drängte er. Dann drehte er sich um und lief zu einer großen Tür am Ende des Flurs. Nachdem er sie geöffnet hatte, winkte er Mira heran und trat hindurch.
    Der Raum hinter der Tür war oval und kaum breiter als Bauschs Wohnzimmer, doch fast dreimal so lang. Eine Reihe großer Fenster war in beide Wände eingelassen, aber sie gestatteten weder einen Ausblick auf eine Landschaft noch den in ein geheimnisvolles, von unwirklichem Licht erfülltes Höhlensystem. Hinter den Scheiben gab es nichts als Sand. Mira fragte sich verwundert, wieso man einen Raum, der sich unter der Erde befand, mit Fenstern versah. Einige von ihnen waren mit Metallplatten abgedeckt oder mit Holzlatten vernagelt worden. Auf dem Boden unter ihnen entdeckte Mira teilweise fast hüfthohe Sandhaufen, so, als seien manche der Scheiben geplatzt und der Wüstensand durch sie ins Innere gerieselt. Bausch musste die kaputten Fenster schließlich notdürftig verrammelt haben.
    In der Mitte des Raumes gruppierten sich zehn Sessel um einen langen schwarzen Tisch, auf dem ein pyramidenartiges Metallgebilde stand. Von ihm führten sechs Kabel zu wiederum sechs kugelförmigen Gegenständen, die wahllos auf den Sesseln verteilt lagen. Ein seltsames Mobiliar, wie Mira fand.
    Sie trat an einen der Sessel heran und ließ ihre Hände über das fremdartige Material gleiten. Es war glatt und nachgiebig und erwärmte sich unter ihren Fingern. Die kugelförmigen Objekte auf den Sesseln hingegen waren starr, dafür jedoch sehr leicht und allem Anschein nach hohl. Neugierig untersuchte Mira die am nächsten liegende Kugel und warf einen fragenden Blick zu Bausch.
    Der alte Mann sah das Mädchen an, dann zog er sein Hemd über den Kopf und stand mit entblößtem Oberkörper vor ihr. Mira ließ die Kugel auf den Sessel plumpsen und wich erschrocken ein paar Schritte zurück, während sich ein flaues Gefühl in ihrer Magengrube ausbreitete. Auf Bauschs linker Brustseite prangte ein handgroßes Feuermal in der Form eines auf dem Kopf stehenden Dreiecks, daneben ein kleineres, fingernagelgroßes, das aussah wie ein menschlicher Schädel.
    Zuerst regte sich nichts in Bauschs Gesicht, fast so, als müsse er überlegen, weshalb er sein Hemd ausgezogen hatte. Dann begann er breit zu grinsen und sagte: »Wenn der Wind reitet auf seinem Ross namens

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