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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Demeter war auch kein Flüchtlingsschiff.« Dr. Gayot umkurvte Ben und schwebte zu einem Wandschrank. Ihm entnahm er eine schlanke Flasche und ein dickwandiges Glas, füllte es zwei Finger voll mit der dunkelgrünen Flüssigkeit aus der Flasche und kippte das Getränk, ohne abzusetzen, in sich hinein. Er stellte Glas und Flasche wieder zurück und starrte eine Weile auf die geschlossenen Schranktüren. »Es war ein unbemannter Frachtzeppelin«, sprach er zu den Türen. »Er wurde Ende 2057 auf die Reise geschickt, sechzehn Jahre nach dem dritten Sonnensturm …« Ruckartig wendete Dr. Gayot in der Luft und schwebte zurück zur Fensterfront.
    Ben schüttelte sekundenlang ungläubig den Kopf. »Warum ist darüber in keinem der Archive etwas verzeichnet?«
    »Höhere Politik. Die Demeter stand damals unter Militärkommando. Und wo keine Menschenleben zu beklagen sind, bedarf es auch keines Gedenkens. Aus den Augen, aus dem Sinn, wie es so schön heißt. Dort draußen liegt nichts weiter als Schrott und Stahl. Es war eine Ironie des Schicksals, dass die Nathan damals nur knapp zwanzig Kilometer weiter östlich havarierte.«
    »Gibt es Aufzeichnungen über dieses Luftschiff?«, fragte Ben interessiert. »Über seine Ausrüstung, den Zweck seiner Reise? Wenn es ein Frachtzeppelin war, was hatte er geladen?«
    Dr. Gayot lächelte müde. »Dazu brauchen wir keine Aufzeichnungen, Ben, das kann ich dir auch sagen: Es war eine Terramotus-Anlage. Der Prototyp einer selbstständig arbeitenden Fabrik, die fähig war, ohne menschliche Hilfe eine funktionierende Biosphäre zu errichten. Die Lebensversicherung der Flüchtlinge sozusagen. Daher auch der Name des Luftschiffes. Demeter war im antiken Griechenland die Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit. Für den damals nicht auszuschließenden Fall weiterer heftiger Sonnenstürme hätten die Menschen in der Anlage Schutz finden sollen – in der Höhle der Demeter, um es vielleicht mythologisch zu umschreiben. Vertrauen war gut, Sicherheit war besser. Ob weitere Flares oder atmosphärische Störungen, von der Strahlung veränderte Mikroben, mutierte Bakterien, schädliche Sporen oder giftige Insekten; niemand konnte sagen, was für Überraschungen die Wüste nach den Strahlenstürmen für die Menschen bereithielt.«
    »Eine Terramotus-Anlage.« Ben ließ den Begriff über seine Zunge fließen. »Eine sich selbst erbauende Fabrik …«
    »Ja, sozusagen. Lernfähig dazu. Wäre die Demeter nicht abgestürzt, hätte die Anlage zu arbeiten begonnen, sobald das Luftschiff gelandet wäre. Ihre Aufgabe wäre es gewesen, organische Stoffe zu sammeln und zu reproduzieren, um so Schritt für Schritt eine bewohnbare Biosphäre zu erschaffen.«
    »Aber woher hätte sie die Rohstoffe dafür nehmen sollen, und vor allem die Energie, um zu funktionieren?«
    »Aus dem Sonnenlicht«, erklärte der Doktor. »Und aus dem Sand.«
    »Sand?«, echote Ben.
    »Genauer gesagt: aus Silizium. In der Natur kommt es nicht in reiner Form vor, sondern ist immer chemisch gebunden, meist mit Sauerstoff als Siliziumdioxid. Und das ist nichts anderes als gewöhnlicher Quarzsand und Quarzgestein, aus dem drei Viertel der Erdkruste bestehen – oder drei Viertel der Wüste, je nachdem. Die Terramotus-Anlage hätte in ihm alle Grundstoffe zum Bau einer Biosphäre gefunden: vom Baustoff für die Innenwände über Kupfer für elektrische Leitungen und den mannigfaltigen Verwendungen von Silikon bis zum Silizium für die Halbleitertechnik.
    Ursprünglich waren die Terramotus-Anlagen für die Verarbeitung von Regolith konzipiert worden, um daraus Helium und Sauerstoff zu gewinnen. Ihr geplantes Einsatzgebiet wäre auch nicht die Sandwüste gewesen, sondern der Mond und der Mars, wo sie die Lebensbedingungen für Minen- und Wissenschaftskolonien hätten schaffen sollen. Der Prototyp an Bord der Demeter war kaum größer als eines unserer Hovercrafts und wog nicht einmal zwei Tonnen. Er besaß einen Raupenantrieb, ein Schürfrad, Solarzellen und einen kleinen Redoxreaktor zur Metallgewinnung.« Dr. Gayot hob die Roboterschildkröte empor und sah nachdenklich in ihre Objektiv-Augen. »Aber so etwas – das ist absolut unmöglich. Zumal nichts von Menschenhand Geschaffenes den Absturz der Demeter heil überstanden haben kann, geschweige denn bis heute funktionieren würde. Das wäre völlig paradox.«
    »Dann sollten wir uns davon überzeugen und nachsehen, was in der Wüste vor sich geht«, erklärte Ben. Er packte die

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