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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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ihrem Wesen und Streben unvereinbar.«
    »Aion, Aion …« Dr. Gayot wiederholte das Wort noch ein paarmal lautlos und schüttelte den Kopf. »Das sagt mir nichts«, gestand er. »Delius, gibt es zu diesem Terminus einen Archiveintrag?«
    Im Kopf des Roboters ertönte ein leises Surren. »Es existiert ein Eintrag zu ›Aion‹«, verkündete er kurz darauf. »Unter der Rubrik ›Götter und Dämonen‹.«
    Der Doktor hob missbilligend die Augenbrauen.
    »Lass hören«, verlangte Ben.
    »Aion«, schnarrte Delius. »Hochgott, der den vier Elementen vorsteht. Wassergott, Schirmherr der Magie, Gott der Weisheit, Schöpfer des Menschen, Prophet und Zukunftsdeuter der Kunst und des Handwerks. Älteren Schriftquellen zufolge ist Aion eine Vereinigung aus vier nicht näher definierten Gottheiten.«
    »Das würde zumindest erklären, weshalb dieses Wesen von sich als Neutrum spricht«, bemerkte Ben.
    »Sein Beiname Tetraprosopos bedeutet ›der Viergesichtige‹«, fuhr der Roboter fort. »Von den Hethitern wurde Aion in der Namensform Abasach übernommen.«
    »Geht es vielleicht etwas genauer?«, fragte Jiril, nachdem Delius verstummt war.
    »Es gibt einen Verweis zu einem Unterverzeichnis«, bestätigte der Roboter. »Laut diesem bedeutet sein Name Aion übersetzt ›Die Lebenszeit der Welt‹, oft vereinfacht als Weltzeit oder Ewigkeit wiedergegeben. Er ähnelt somit dem iranischen Zeitgott Zurvan und dem griechisch-gnostischen Zeitgott Chronos. Als Elementargottheit entspricht er in seinem Wesen entfernt auch den mesopotamischen Quellgöttern: dem babylonischen Ea, dem sumerischen Enki und dem akkadischen Apsu. Der Name Aion wird daher auch als ›Haus der Quellen‹ gedeutet. Als Machtsphäre des Gottes gilt sein unterirdischer Wassertempel Aquarea, der alle Flüsse der Welt speist. Aus ihm ging einst auch der Mensch hervor. Aion ist der Gott der Zeit, der Weisheit und der Beschwörungskunst. Das bei Zeremonien zur Reinigung von Kranken dienende Wasser wird ›Aionwasser‹ genannt. Sein Emblemtier ist der Ziegenfisch.«
    »Ziegenfisch?«, echote die Stimme an Miras rechtem Ohr verdutzt. »Ich?«
    »Schhht!«, machte das Mädchen leise.
    »Dass dieses Wasser die Menschen heilt, ist unverkennbar.« Ben sah nachdenklich über das Bassin. »Aber wie mächtig ist dieses Wesen wirklich?«
    »Die Toten kann das Aion nicht mehr lebendig machen«, erklärte Mira mit einer Spur Wehmut in der Stimme. »Aber es kann die Menschen, die noch leben, heilen und vor den Unwesen aus der Wüste beschützen, solange …« Mira stockte und sah ins Wasser.
    »Sag es ihnen!«, drängte die Flüsterstimme an ihrem Ohr.
    Das Mädchen schluckte schwer. »Das Aion …«
    »Sag es!«
    Mira schloss die Augen und holte tief Luft. »Es verlangt von mir eine Gegenleistung für seinen Schutz«, erklärte sie mit zitternder Stimme. »Einen Lebenshandel. Versage ich dabei, wird das Aion sterben.« Sie öffnete die Augen wieder und sah alle der Reihe nach an. Ihr Blick war dabei flehend, fast schon verzweifelt. »Stirbt das Aion«, sagte sie tonlos, »sterben auch die Menschen …«
     
    Sekundenlang waren nach Miras Worten alle sprachlos. Selbst die Mauersegler und Webervögel schienen bestürzt zu schweigen. Jiril war der Erste, der die Sprache wiederfand.
    »Zum Teufel mit diesem selbstgerechten Wassergeist«, giftete er und marschierte entschlossen auf das Bassin zu. »Was hindert uns denn daran, die Leute einfach da rauszuholen?«
    Aus dem Speicherbecken schossen drei schlanke, gekrümmte Wassersäulen heraus wie Harpunen, mit Enden spitz wie Dolchklingen. Wenige Zentimeter vor Jirils Gesicht kamen sie zum Stillstand.
    Der Alpha erstarrte mitten in der Bewegung und hob beschwichtigend die Hände. »Okay, okay«, sagte er, während er langsam wieder zurückwich. »Nichts passiert, ganz ruhig. Dein Tümpel, okay? Ganz allein deiner …«
    Die spitzen Fangarme folgten Jiril eine kurze Strecke nach, dann zogen sie sich auffällig langsam wieder ins Speicherbecken zurück, als trauten sie ihm nicht über den Weg.
    »Was genau verlangt dieses Aion von dir?«, wollte Ben von Mira wissen, als die Tentakel wieder mit der Wasseroberfläche verschmolzen waren.
    »Eine Arcasie«, antwortete das Mädchen leise. »Die Samenkapsel eines lebendigen Weltenbaums.«
    Ben und Dr. Gayot wechselten einen ratlosen Blick. »Für ein derartiges Tauschgeschäft erscheint mir das ein unverhältnismäßig geringer Gegenwert zu sein«, bemerkte der Doktor. »Klingt eher nach

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