Das Albtraumreich des Edward Moon
schwarze fünfblättrige Blüte.
King hämmerte gegen die Tür. »Besuch!«, rief er.
»Besuch für dich!«
Ein dumpfes Knurren kam aus dem Inneren des
Wagens.
»Sie haben Geld!«, lockte King.
Ein neuerliches Knurren, wütend und animalisch.
»Wir möchten Ihnen nur ein paar Fragen stellen«,
sagte Moon besänftigend. »Wir würden uns mit einer erheblichen Belohnung dafür
bedanken.«
Zögernd öffnete sich die Tür einen Spalt, und ein
bizarres Wesen steckte den Kopf ins schwache Licht. Auf den ersten Blick schien
es gar nicht menschlicher Natur zu sein. Es war ein Monster – tierisch,
wild, das Gesicht bedeckt mit bräunlichen Beulen und Schuppen; es sah auf die
Männer herab und knurrte.
Merryweather ließ ein nervöses Hüsteln vernehmen.
»Sieht er immer so aus?«
King grinste albern. »Wie ich schon sagte, ein
aufgewecktes Kerlchen.«
Moon ignorierte die beiden. »Wir haben nicht vor,
Ihnen etwas anzutun!«
Die Fliege starrte ihn unsicher an.
»Mein Name ist Edward Moon, und dies ist mein
Assistent, der Schlafwandler. Wir untersuchen die Todesfälle Cyril Honeyman
und …«
Noch ehe er weitersprechen konnte, schrie der
Fliegenmensch gellend auf. »Moon!«, kreischte er mit gutturaler, schauerlich
klingender Stimme. »Moon!«
Der Magier lächelte. »Ganz richtig!«
»Moon!«
»Genau. Haben Sie meinen Namen schon gehört?«
Ohne seine Frage zu beachten, schoss der
Fliegenmensch zwischen den Männern hindurch und verschwand im dichten Nebel. Er
hatte sich so rasch bewegt, dass alle – selbst der Schlafwandler – zu
erschrocken und damit zu langsam waren, um ihn aufzuhalten.
»Sieht ganz so aus, als hätten Sie ihm nicht
gefallen«, feixte King und streckte die Hand aus. »Und nun zu meinem
Honorar …«
Moon stieß ihn mit der Schulter zur Seite. »Zum
Teufel damit«, rief er und rannte hinter der Fliege her in die Nebelsuppe
hinein.
Merryweather wandte sich an seine Männer. »Alles
mir nach!«
Begleitet vom Schlafwandler stürmten sie in die
Richtung davon, in die Moon verschwunden war.
Zurück blieb King, der sich achselzuckend wieder
zu seinem Wagen verzog.
Moon konnte die Gestalt gerade noch als
einen grausigen Schatten ausmachen, der irgendwo vor ihm dahinsprang –
bald zu erkennen, bald außer Sicht. Er verfluchte den Nebel. Hinter sich konnte
er das Rufen seiner Freunde hören, die alle Mühe hatten, ihm auf den Fersen zu
bleiben.
Der Fliegenmensch floh über den Anger und in die
anschließenden Straßen. Moon wollte seinen Augen nicht trauen, als er sah, wie
der Mann auf die Fassade des erstbesten Gebäudes sprang und mit der
Behendigkeit und Eleganz einer Dschungelkatze, die man hier in der Vorstadt
freigelassen hatte, daran hochhetzte.
»Bitte!«, schrie Moon in ohnmächtiger
Hilflosigkeit. »Ich möchte nur mit Ihnen reden!«
Die Fliege zischte etwas zurück. Es mochte
Einbildung sein, aber Moon hätte schwören können, dass dieses monströse Etwas
dort oben immer noch seinen Namen rief.
»Bleiben Sie stehen!«, brüllte Moon. »Kommen Sie
herunter!«
Das Wesen beachtete seine Worte nicht und begann
stattdessen, das Dach des Gebäudes entlangzujagen. Als es am Ende angelangt
war, sprang es ohne innezuhalten auf das angrenzende Haus; offenbar hatte es
die Kirche in der nächsten Straße zum Ziel. Es hüpfte, wand und schlängelte
sich über die Dächer hinweg – ein unheimliches Phantom, das sich über die
kaum auszumachende Silhouette der Häuserreihen davonmachte.
Merryweather und die anderen trafen an Moons Seite
ein – außer Atem und zu spät.
»Wo ist er?«, keuchte der Inspektor.
Schweigend zeigte Moon nach oben. Der Fliegenmann
hockte auf einem Dach, ein paar Häuser entfernt. Einen Augenblick lang
schwankte er unsicher, doch dann richtete er sich auf und hetzte weiter.
»Gütiger Himmel!« Merryweather bekreuzigte sich.
»Ist das da oben leibhaftige Realität?«
»Ich fürchte ja.«
»Sieht so aus, als hätten wir unseren Mann.«
»Er kennt mich, Inspektor!«, rief Moon.
»Irgendjemand legte ihm nahe, uns zu erwarten. Diese Fliege hat nicht allein
gehandelt!«
»Erinnern Sie mich, diesen Kerl danach zu fragen«,
entgegnete Merryweather aufreizend sarkastisch, »sobald wir ihn in Gewahrsam
haben.«
Über ihnen klapperte ihr Zielobjekt über die
Schindeln. Als sie in die Nähe der Kirche kamen, verloren sie den Fliegenmann
aus den Augen, doch gleich darauf hob sich die Nebelwand, und da war er wieder:
hoch oben auf dem Kirchturm klammerte er
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