Das Alexandria-Komplott
bedenken. »Vermutlich hat er bereits in irgendeinem öden Schlupfwinkel festgemacht.«
»Wir haben seine Schliche durchschaut«, bemerkte Gunn. »Bei ihrem nächsten Flug über den Ozean werden die Kameras des Landsat erneut aktiviert, und die Lady Flamborough, alias General Bravo, wird sich in all ihrer Pracht zeigen.«
Giordino warf Pitt einen Blick zu und erwartete einen Kommentar, aber sein Freund starrte nur ins Leere. Er kannte Pitt sehr gut und wußte, daß er versuchte, sich in seinen Gegner hineinzuversetzen. Pitt war im Geiste nicht länger auf der Sounder, sondern er stand auf der Brücke der Lady Flamborough. Keine leichte Aufgabe. Der Mann, der die Entführung geplant hatte, mußte der gerissenste Halunke sein, dem Pitt jemals gegenübergestanden hatte.
»Das weiß er«, sagte Pitt schließlich.
»Was weiß er?« fragte Gunn verständnislos.
»Er weiß, daß er anhand von Satellitenfotos entdeckt werden kann.«
»Dann weiß er auch, daß er fliehen, sich aber nicht verstecken kann.«
»Ich glaube, das kann er doch.«
»Ich wüßte zu gerne, wie.«
Pitt stand auf. »Ich gehe mal spazieren.«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet.« Jetzt war Gunn ärgerlich und ungeduldig.
Pitt wiegte sich hin und her und sah grinsend auf Gunn hinunter. »Wenn ich in seiner Haut steckte«, sagte er, als handele es sich um einen Mann, den er ganz genau kannte, »dann würde ich das Schiff ein zweitesmal verschwinden lassen.«
Gunn fiel der Unterkiefer herunter, und Giordino warf ihm einen ›Ich-hab's-dir-doch-gesagt-Blick‹ zu. Doch bevor er weiter nachbohren konnte, hatte Pitt den Speisesaal bereits verlassen.
Pitt ging nach achtern und ließ eine Leiter hinunter zum Verschlag, in dem der Deep Rover untergebracht war. Er lief um das Tauchboot herum und blieb vor der großen Rolle Plastikplane stehen, die sie vom Meeresboden geborgen hatten. Sie stand aufrecht, war beinahe so groß wie Pitt und war mit Tauen an einem Pfosten gesichert.
Beinahe fünf Minuten starrte er sie an, dann stand er auf und gab ihr mit der Hand einen Klaps. Intuition, eine Intuition, die schnell zur Gewißheit wurde, zauberte einen Ausdruck in seine Augen, den man nur als absolut machiavellistisch bezeichnen konnte.
Er stieß vier Worte hervor, so leise, daß ein Ingenieur, der nur einige Meter entfernt an einer Kurbel stand, sie nicht hörte.
»Jetzt hab' ich dich!«
45
E ine Informationsflut, die später unter dem Namen Flamborough- Krise bekannt wurde, ergoß sich über Teletype und Computer in das militärische Kommandozentrum des Pentagon, das Operationszentrum des State Department im siebten Stock und den Raum für strategische Planspiele im ehemaligen Executive Office Building.
In jedem dieser Denkzentren für strategische Probleme wurden die Daten gesammelt und nahezu in Lichtgeschwindigkeit analysiert. Dann wurde die gestraffte Fassung, angereichert mit Empfehlungen, zum Lageraum im Keller des Weißen Hauses zur endgültigen Auswertung weitergeleitet.
Der Präsident betrat den Raum und nahm am Kopfende des langen Konferenztisches Platz. Er trug eine bequem geschnittene Hose und einen Rollkragenpullover. Nachdem er über die neuesten Entwicklungen unterrichtet worden war, bat er gewöhnlich seine Ratgeber, ihm Vorschläge zur Vorgehensweise zu unterbreiten. Obwohl die endgültigen Entscheidungen von ihm allein getroffen wurden, unterstützten ihn seine Berater vom Krisenmanagement nach Kräften. Diese Männer arbeiteten an der Lösung, um einen politischen Konsens herbeizuführen, und hielten sich bereit – auch wenn Sie die Lage unterschiedlich beurteilten –, die Beschlüsse des Präsidenten auszuführen, wenn dieser seine Entscheidung einmal getroffen hatte.
Die Berichte des Geheimdienstes aus Ägypten sahen allesamt schlecht aus. Das Land befand sich auf dem Wege in die Anarchie; mit jeder Stunde verschärfte sich die Situation. Polizei und Militäreinheiten blieben in den Kasernen, während Tausende von Yazids Anhängern überall im Land Streiks und Boykotte ausriefen. Die einzige gute Nachricht war die, daß die Demonstrationen bisher nicht von Gewalttaten begleitet wurden.
Staatsminister Douglas Oates überflog kurz einen Bericht, der ihm von einem Sekretär hereingebracht worden war. »Auch das noch«, murmelte er.
Schweigend und erwartungsvoll sah der Präsident ihn an.
»Die Moslemrebellen haben die größte Fernsehstation Kairos gestürmt und besetzt.«
»Irgendein Zeichen von Yazid?«
»Er hält
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