Das Alexandria-Komplott
vielleicht an der Zeit, ein solches Vorgehen zu erwägen«, empfahl Schiller. »Keine der Maßnahmen Ihrer Vorgänger während der vergangenen zwanzig Jahre haben zu greifbaren, dauerhaften Ergebnissen geführt.«
»Auch die Russen können nur verlieren«, fügte Nichols hinzu. »Und unser vordringlichstes Ziel muß darin bestehen, Paul Capesterre, auch unter dem Namen Achmed Yazid bekannt, daran zu hindern, ein weiteres Desaster auszulösen. Der würde nämlich um jeden Preis versuchen, unsere Interessen im Nahen Osten zu unterminieren.«
»Mit ihrer Lagebeurteilung stimme ich nicht völlig überein«, meinte Brogan. »Aber in der Zeit, die uns noch bleibt, sollten wir die Gelegenheit nutzen und die Kontakte zu dem nächsten Mann, der in Ägypten das Sagen hat, vertiefen.«
Im Gesicht des Präsidenten zeichnete sich ein fragender Ausdruck ab. »An wen denken Sie dabei?«
»An Abu Hamid, den ägyptischen Verteidigungsminister.«
»Glauben Sie, daß er die Regierung stürzen wird?«
»Wenn die Zeit dazu reif ist, ja«, erklärte Brogan geduldig. »Er hat das Militär auf seiner Seite und hat sich geschickterweise der Unterstützung durch die gemäßigten Moslems versichert. Meiner Meinung nach ist Abu Hamid der kommende Mann.«
»Da könnte Schlimmeres auf uns zukommen«, murmelte Oates mit dünnem Lächeln. »Der war sich nicht zu schade, Schmiergelder anzunehmen und sich seinen Teil der Millionen, die wir nach Ägypten gepumpt haben, unter den Nagel zu reißen. Abu Hamid ist nicht der Mann, der einem geschenkten Gaul ins Maul schaut. Ah, ja – natürlich wird er, um die religiösen Fanatiker zufriedenzustellen, die notwendigen Lippenbekenntnisse ablegen, Israel verdammen und die Vereinigten Staaten verfluchen – doch hinter den Kulissen wird er eine gutfunktionierende Kommunikationslinie aufrechterhalten.«
»Die Tatsache, daß er eine enge Beziehung zu Hala Kamil unterhält, kann uns nur von Nutzen sein«, sagte Nichols mit ausdrucksloser Stimme.
Der Präsident schwieg und starrte in sein Glas, als handele es sich um eine Kristallkugel. Dann hob er es.
»Auf eine immerwährende Verbindung zu Ägypten.«
»Hört, hört«, sagten Mercier und Brogan gleichzeitig.
»Auf Ägypten«, murmelte Oates.
»Und auf Mexiko«, fügte Schiller hinzu.
Der Präsident warf einen kurzen Blick auf die Uhr und stand auf. Seine Ratgeber taten es ihm nach. »Tut mir leid, daß ich die Unterhaltung abbrechen muß, aber ich habe noch eine Sitzung mit Leuten aus dem Schatzamt. Übermitteln Sie allen, die an der Rettung der Geiseln beteiligt waren, meinen Dank und meine Anerkennung.« Er wandte sich an Oates. »Ich möchte, daß Sie und Senator Pitt – sobald er eintrifft – mit mir eine Zusammenkunft vereinbaren.«
»Geht es um einen Bericht über die Gespräche, die er während der Gefangenschaft mit Präsident Hasan geführt hat?«
»Ich bin eher daran interessiert zu wissen, was er von Präsident De Lorenzo über die Krise südlich unserer Grenze in Erfahrung gebracht hat. Wir können davon ausgehen, daß Achmed Yazid bis zum Ende der Saison aus dem Spiel ist, aber Topiltzin stellt eine viel ernstere Bedrohung dar. Konzentrieren Sie sich auf diesen Mann, Gentlemen. Möge Gott uns beistehen, wenn wir diesen Aufruhr in Mexiko nicht unter Kontrolle bringen können.«
63
L angsam und zögernd hob sich Pitts Bewußtsein aus den dunklen Tiefen des Schlafs und trieb an die helle Oberfläche des Wachseins – nur um zu erkennen, daß dort anhaltender, heftiger Schmerz lauerte. Pitt versuchte sich wieder zurückzuziehen und in tröstliche Ohnmacht zu versinken, aber seine Augen öffneten sich. Er konzentrierte sich auf das lächelnde, rote Gesicht, das sich über ihn beugte.
»Na, prima. Er weilt wieder unter den Lebenden«, bemerkte Finney, der Erste Offizier, gutgelaunt. »Ich werde gehen und dem Kapitän Meldung machen.«
Während Finney hinausging, ließ Pitt – ohne den Kopf zu bewegen – seine Augen schweifen und bemerkte einen kleinen kahlköpfigen Mann, der auf einem Stuhl neben seinem Bett saß. Der Schiffsarzt, erinnerte sich Pitt, aber der Name wollte ihm einfach nicht einfallen.
»Tut mir leid, Doktor, ich kann mich nicht –«
»Henry Webster«, kam er Pitt zuvor und lächelte herzlich. »Und wenn Sie sich fragen, wo Sie sind – Sie befinden sich in der luxuriösesten Suite an Bord der Lady Flamborough, die sich gegenwärtig im Schlepp der Sounder und auf dem Weg nach Punta Arenas
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