Das Alexandria-Komplott
sah die fünf Männer an, die aufgestanden waren und seiner Autorität in unterschiedlichen Graden Respekt zollten.
Colonel Naguib Bashir, Führer des Bundes der Yazid ergebenen Offiziere, trug eine locker fließende Djellaba mit weiten Ärmeln und Kapuze, die ihm, seit er Kairo verlassen hatte, dazu diente, seine Identität zu verbergen. Auf dem Kopf von al-Hakim thronte, wie ein grotesker Stoffballen, ein Turban, und sein dünner Körper steckte von Kopf bis Fuß in einer schäbigen Robe aus schwarzer, abgetragener Baumwolle. Mussa Moheidin, ein Journalist und gleichzeitig Yazids Chefpropagandist, war lässig gekleidet. Er trug Sporthosen und ein Hemd, das am Hals offenstand. Chaled Fawzy, der ›Jungtürke‹ der Gruppe und die Speerspitze des Revolutionsrats, hatte einen Kampfanzug an. Nur Suleiman Ammar war makellos in einen maßgeschneiderten Safarianzug gekleidet.
»Ihr alle müßt euch gefragt haben, weshalb ich dieses dringende Treffen einberufen habe«, begann Yazid, »deshalb will ich keine Zeit verlieren. Allah hat mir einen Plan enthüllt, mit dem wir auf einen Schlag Präsident Hasan und seine Bande korrupter Diebe loswerden können. Bitte, nehmt wieder Platz und trinkt euren Kaffee.«
Er ging zu einer Wand hinüber und drückte auf einen Knopf. Langsam senkte sich eine große farbige Landkarte auf den Boden herab. Ammar erkannte sie als normale Karte von Südamerika, so, wie sie in den ägyptischen Schulen benutzt wurde. Eine Vergrößerung von Punta del Este, einer Küstenstadt in Uruguay, war rot umrandet. Am unteren Teil der Karte war die Großaufnahme eines luxuriösen Kreuzfahrtschiffes angeheftet.
Die Männer am Tisch setzten sich wieder. Ihre Gesichter waren ausdruckslos. Ihr Interesse war geweckt. Geduldig warteten sie auf die Enthüllung, die Allah ihrem religiösen Führer offenbart hatte.
Nur Ammar verbarg seine Skepsis. Er war viel zu sehr Realist, als daß er an göttliche Eingebungen glaubte.
»In sechs Tagen«, begann Yazid, »wird der internationale Weltwirtschaftsgipfel, der durch die weltweite Geldkrise notwendig geworden ist, in der abgelegenen Stadt Punta del Este stattfinden. Das ist der Ort, an dem zuvor die Konferenz des Amerikanischen Wirtschafts- und Sozialrates zur Schaffung der Allianz für den Fortschritt tagte. Die Schuldnernationen, bis auf Ägypten, haben sich zusammengeschlossen, um sämtliche Darlehen und Auslandsschulden für null und nichtig zu erklären. Diese Entscheidung wird Hunderte von Banken in den Vereinigten Staaten und Europa in den Ruin treiben. Westliche Banker und deren nationale Finanzexperten haben in einem letzten Versuch, die drohende Wirtschaftskrise abzuwenden, um Gespräche gebeten, die rund um die Uhr stattfinden werden. Das einzige Hindernis ist unser Präsident, der den Imperialisten die Füße leckt. Es wird erwartet, daß Hasan an den Gesprächen teilnimmt. Er wird die westlichen Geldverleiher um weitere Darlehen bitten, um Ägypten weiterhin im Griff behalten zu können. Damit untergräbt er die Positionen unserer arabischen Brüder und der Freunde aus der dritten Welt. Das werden wir nicht zulassen. Bis millah – mit Gottes Hilfe – werden wir diesen Augenblick nutzen, um für unser Volk eine wahre islamische Regierung zu bilden.«
»Ich sage, wir legen den Tyrannen um, und damit basta«, erklärte Chaled Fawzy rauh. Er war jung, arrogant und taktlos. Seine Ungeduld hatte bereits dazu geführt, daß der Coup seiner revolutionären Studenten, der dreißig Menschenleben gekostet hatte, fehlgeschlagen war. Seine dunklen Augen schossen hin und her. »Eine gutplazierte Boden-Luft-Rakete beim Start von Hasans Flugzeug nach Uruguay, und wir sind das korrupte Regime ein für allemal los.«
»Und eröffnen damit Verteidigungsminister Abu Hamid die Möglichkeit, sich als Diktator zu etablieren, bevor wir bereit sind«, führte Mussa Moheidin den Gedanken zu Ende. Der berühmte ägyptische Schriftsteller war Mitte Sechzig, ein intelligenter, gepflegter und redegewandter Mann von bedächtigem höflichen Wesen. Moheidin war der einzige Mann am Tisch, den Ammar wirklich respektierte.
Yazid wandte sich an Bashir. »Ist das eine zutreffende Prognose, Colonel?«
Bashir nickte. Eingebildet und hohlköpfig, war er stets nur allzu bereit, alles aus dem engen Blickwinkel des Militärs zu sehen. »Mussa hat recht. Abu Hamid stellt Ihnen seine Unterstützung nur in Aussicht und entschuldigt sich damit, daß er darauf wartet, daß Sie mit einem
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