Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
abzubauen. Der Mann bestellte sich einen Virgin Strawberry Daiquiri.
»Weichei«, murmelte Robert.
»Entschuldigung«, sagte der Mann. »Haben Sie etwas zu mir gesagt?«
»Nein, ich fand nur etwas ziemlich lustig.« Robert sah dem Mann eine Weile zu, wie er seinen Drink schlürfte. Schließlich sagte er: »Lassen Sie mich Ihnen eine Frage stellen: Warum gehen Sie in eine Bar, wenn Sie nicht trinken?«
»Früher war das mein Lieblingslokal«, erwiderte der Mann und nahm einen letzten, langen Schluck. »Gelegentlich schaue ich immer noch gerne vorbei und erinnere mich.« Damit stellte er das Glas ab und steuerte auf die Tür zu. Bevor er hindurchging, drehte er sich zu Robert um. »Sie müssen gegen den Dämon ankämpfen. Sie müssen ihn auf jede erdenkliche Weise bekämpfen.«
14
»Mutter, wenn du absolut sicher bist, dass du das tun willst«, sagte Helene in missbilligendem Tonfall, »dann lass uns wenigstens Dr. Cohen darin einweihen.«
Der Klang ihrer Stimme ließ Claire ungehalten reagieren.
»Ich habe dir bereits gesagt, dass es ein äußerst experimentelles Verfahren ist und er keine Zulassung besitzt, um in diesem Land zu praktizieren. Man würde ihm Schwierigkeiten machen.«
Claire starrte durch das Fenster in den trostlosen Nachmittag. Dunkle Wolken scharten sich am Himmel, während ein paar Regentropfen auf den Fenstersims prasselten. Sie fragte sich gerade, ob Justin irgendwo im Regen feststeckte und kein Taxi bekommen konnte, als etwas sie veranlasste, zur Tür zu schauen.
In dem Moment, als sie den Kopf drehte, wusste sie, dass es Dr. Smith Viviee sein musste. Er sah aus, wie sich Claire ihn vorgestellt hatte: groß, stattlich, fast überweltlich. Ein dichter Schopf braunen Haars hing ihm über eine Seite der Stirn. Als sie von ihrem Bett aufschaute, zeichnete die Neonbeleuchtung an der Decke einen Schein rings um ihn. Claire fiel auf, dass sie nicht sicher sein konnte, welche Farbe seine Augen hatten. Sie wirkten sanft und freundlich, dennoch besaßen sie eine Tiefe, als hätten sie die Macht, direkt in ihre Seele zu blicken. Er wirkte auf eine Art vertraut, die sie sich nicht erklären konnte. Vielleicht hatte sie von ihm geträumt.
Claire spürte seine Energie, noch bevor er sie berührte. Es fühlte sich wie ein Stromstoß an, der sie erschaudern und sich ergeben ließ. Ihr weißer Ritter war eingetroffen ... und sie glaubte an ihn.
Er ergriff ihre Hand und rieb sie behutsam zwischen den Fingern. »Es wird alles gut«, sagte er. »Ich bin gekommen, um all ihre Tränen wegzuwischen.«
»Oh, Dr. Viviee, ich bin so froh, Sie zu sehen«, stieß Claire hervor und brach in Schluchzen aus.
Einen Augenblick lang schien ihr Atem auszusetzen.
Seine Worte wirkten beruhigend und hypnotisch. »Es wird alles gut, Claire. Es wird alles gut.«
Mit der linken Hand hielt er weiter die ihre fest, mit der rechten öffnete er die Schublade des Nachtkästchens. Er ergriff die Bibel, die darauf lag, verstaute sie in der Schublade und schloss diese wieder.
15
Helene standen Tränen in den Augen. Mit anzusehen, wie ihre Mutter starb, erwies sich als das Schwierigste, was ihr je geschehen konnte. Natürlich hatten sie im Lauf der Jahre ihre Differenzen gehabt – hatten sie immer noch. Dennoch war die Liebe, die sie für diese Frau empfand, abgesehen von jener für Justin, die reinste, die sie je verspürt hatte. Sie fühlte sich, als würde das Leben aus ihr gepresst. Vieles wollte sie noch sagen, doch sie konnte nur stumm weinen und die Tränen in den Augen ihrer Mutter beobachten.
Als der Arzt das Zimmer betrat, hatte sie rasch die Fassung wiedererlangt. Schweigend stand sie hinter ihm. Nach einer Weile drehte er sich zu ihr um, als hätte er ihre Gegenwart gerade erst wahrgenommen.
»Ihrer Mutter wird es wieder gut gehen«, sagte er. »Ich weiß, Sie sind besorgt, aber es gibt nichts zu befürchten. Sie wird wieder gesund. Ich werde Ihnen erklären, wie die Behandlung funktioniert und möchte, dass Sie mir ungeniert Fragen stellen, die Ihnen auf der Zunge liegen.«
»Ich dachte, Sie wären Chinese«, platzte Helene hervor, aber sein angelsächsisches Aussehen und sein Akzent bildeten nur einen Teil ihrer Überraschung. Er wirkte eher wie ein Künstler als wie ein Arzt. Sein Haar präsentierte sich auf eine Weise ungekämmt, die darauf schließen ließ, dass er zu beschäftigt war, um auf sein Äußeres zu achten. Andererseits war er gut gekleidet und trug eine traditionelle chinesische Jacke aus
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