Das also ist mein Leben - Chbosky, S: Das also ist mein Leben - The Perks of Being a Wallflower
Elizabeth und ließ dabei das Tattoo und das Bauchnabelpiercing weg. Er grinste erst eine Weile lang, wohl um herauszukriegen, ob ich schon etwas angestellt hatte. Dann sagte er, Ja, ich könne das Auto haben. Und als Mom mit dem Kaffee kam, erzählte ihr Dad die ganze Geschichte, und ich aß schweigend meinen Nachtisch.
Später, als ich gerade mein Buch zu Ende las, kam Dad in mein Zimmer und setzte sich zu mir aufs Bett. Er zündete sich eine Zigarette an und begann, über Sex zu reden. Er hatte mir das alles zwar bereits vor einigen Jahren erklärt, aber damals war es mehr um den biologischen Aspekt gegangen. Jetzt sagte er Sachen wie:
»Ich weiß, ich bin ja nur dein Vater, aber …«
»Man kann heutzutage nicht vorsichtig genug sein.«
»Sieh zu, dass du geschützt bist.«
»Wenn sie Nein sagt, dann meint sie das auch.«
»Wenn du sie zu etwas zwingst, was sie nicht will, dann steckst du in großen Schwierigkeiten, Champ.«
»Und wenn sie Nein sagt und eigentlich Ja meint, dann spielt sie bloß mit dir und ist das Abendessen nicht wert.«
»Wenn du mit jemandem reden willst, kannst du immer zu mir kommen. Aber wenn du das aus irgendeinem Grund nicht möchtest, dann geh zu deinem Bruder.«
Und dann sagte er:
»Ich bin froh, dass wir darüber geredet haben.«
Und er fuhr mir durchs Haar und lächelte und ging. Ich sollte vielleicht dazusagen, dass mein Vater nicht wie die Väter im Fernsehen ist. Dinge wie Sex sind ihm nicht peinlich. Und er machte das ganz gut, finde ich.
Ich glaube, er war an diesem Abend auch ganz froh, weil ich, als ich klein war, öfter diesen Jungen aus der Nachbarschaft geküsst hatte, und obwohl mein Psychiater damals gesagt hatte, es sei ganz normal für kleine Jungs und Mädchen, so etwas zu tun, hatte sich Dad trotzdem Sorgen gemacht. Ich schätze, das ist auch ganz normal, auch wenn ich mir nicht sicher bin, wieso.
Jedenfalls sind Mary Elizabeth und ich zusammen ins Kino gegangen. Es war wohl, was man einen »Kunstfilm« nennt. Mary Elizabeth sagte, er hätte bei irgendeinem großen europäischen Festival einen Preis gewonnen und das sei ziemlich beeindruckend, und während wir darauf warteten, dass der Film anfing, sagte sie, es sei eine Schande, wie viele Leute sich diese blöden Hollywoodstreifen ansahen
und hier säßen nur eine Handvoll Leute. Dann sagte sie, dass sie es gar nicht erwarten könne, aus dieser Stadt rauszukommen und aufs College zu gehen, wo die Leute solche Filme zu schätzen wussten.
Dann fing der Film an. Er war in einer Fremdsprache und hatte Untertitel, was lustig war, weil ich vorher noch nie einen Film »gelesen« hatte. Der Film an sich war auch ganz interessant, aber ich fand ihn nicht richtig gut, denn ich fühlte mich hinterher nicht viel anders.
Mary Elizabeth aber fühlte sich anders. Sie sagte immer wieder, wie »ehrlich« der Film doch gewesen sei, und ich nehme an, das war er wirklich. Das Problem war nur, ich hatte keine Ahnung, was der Film sagen wollte, auch wenn er es besonders »ehrlich« gesagt hatte.
Danach fuhren wir zu diesem Underground-Plattenladen, und Mary Elizabeth gab mir eine Führung, denn sie liebte diesen Laden. Sie sagte, es sei der einzige Ort, an dem sie sich »wie sich selbst« fühle. Sie sagte, bevor die Coffeeshops in Mode gekommen seien, konnten Mädchen wie sie sonst nirgendwo hingehen, außer ins Big Boy, und das sei bis letztes Jahr auch noch nicht »in« gewesen.
Sie zeigte mir die Ecke mit den Filmen und redete über all diese Kultregisseure aus Frankreich. Dann führte sie mich in den Keller zu den Importen und redete über »echte alternative Musik«. Und dann bugsierte sie mich in die Folk-Abteilung und redete über Girlbands wie die Slits.
Sie sagte, es täte ihr wirklich leid, dass sie mir nichts zu Weihnachten geschenkt hatte, und sie wolle es wiedergutmachen. Also kaufte sie mir eine Platte von Billie Holiday
und fragte mich dann, ob ich mit zu ihr gehen wolle, um sie gemeinsam anzuhören.
Kurz darauf saß ich in ihrem Keller, während sie oben etwas zu trinken holte, und sah mich um. Der Raum war sehr sauber und roch, als ob hier niemand wohnen würde. Es gab einen Kamin und einen Sims mit Golfpokalen, einen Fernseher und eine Stereoanlage. Mary Elizabeth kam mit zwei Gläsern und einer Flasche Brandy und sagte, sie hasse alles, was ihre Eltern mochten – außer Brandy.
Ich goss Brandy in die Gläser, während Mary Elizabeth das Feuer im Kamin anmachte. Man konnte sehen, dass sie ziemlich
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