Das Alte Aegypten
Scheidungen waren nicht selten, Gründe wie Ehemüdigkeit, Kinderlosigkeit oder der Wunsch, jemand anderen zu heiraten allgemein akzeptiert. Da es für die Eheschließung keinen Formalakt gab, verlief auch eine Trennung auf rein privater Ebene, indem der Mann seine Frau verstieß. Der umgekehrte Fall war auch möglich, es liegen jedoch bisher keine Zeugnisse darüber vor.
Wie die Tradition es vorschreibt, sitzen auf diesem Grabgemälde Mann und Frau hintereinander. Wabet, Frau des Baumeisters Onuri-cha, legt ihrem Mann die Hand auf die Schulter und demonstriert damit eine Verbundenheit, wie sie auch zu den um sie herum spielenden Enkeln besteht
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(c) akg, Berlin
Die körperliche Seite der Liebe
Sexualität
„Wenn du die Lieder in das Haus der Geliebten bringst, und du zu wild ihre ‚Höhle’ bestürmst, dann wird der Zugang zu ihr (sofort) erschwert, und ihre Hausherrin macht ihnen ein Ende. Statte die Lieder doch aus mit Musik und Tanz, dazu Wein und Bier!“ Die im Neuen Reich aufkommende Liebeslyrik verherrlichte Liebe und Erotik, reine Lebensfreude spricht aus ihr. Sexualität war für Ägypter auch schon vorher ein Thema, sie gingen mit ihr offen und unverkrampft um. Das bedeutete keinesfalls Zügellosigkeit – Ehebruch war ein schweres Vergehen, der Geschlechtsakt in heiligen Bezirken verboten. Es gab viele Statuetten kopulierender Paare oder von Männern mit übergroßem Penis, der Fruchtbarkeitsgott Min wurde mit erigiertem Phallus dargestellt, die Hieroglyphe für „koitieren“ zeigte überdeutlich einen Penis, der in eine Vulva eindringt. In der Grab- und selbst der Tempelkunst finden sich viele Anspielungen auf den Geschlechtsakt, offen gezeigt wurde er dagegen seltener, auch wenn er Teil von Göttermythen war. So ist die Vereinigung von Isis und Osiris Symbol für Erneuerung und Wiedergeburt, die Geburt der Könige (siehe S. 178) das Ergebnis des Geschlechtsakts zwischen einem menschlichen und einem göttlichen Elternteil.
Hathor
Die Himmelsgöttin Hathor, dargestellt als Kuh, in Menschengestalt mit Kuhohren oder mit einer Sonnenscheibe zwischen Kuhhörnern, war auch die Herrin der Liebe, der Musik, des Tanzes und der Freude, außerdem Göttin des Türkises und der Fayence. Ihr Hauptkultort war Dendera, ihr Kultinstrument das Sistrum. Die Göttin, deren Name „Haus des Horus“ bedeutet, galt einerseits als Gattin, überwiegend aber als Mutter dieses Gottes. Da die Pharaonen mit Horus identifiziert wurden, führten sie den Beinamen „Sohn der Hathor“
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Empfängnis und ihre Verhütung
Prostitution war nicht unbekannt, es gab Bordelle und auf den käuflichen Liebesakt wurden in späterer Zeit sogar Steuern erhoben. Gegen ungewollte Schwangerschaften empfahlen die Ärzte eine Spülung mit Sauermilch oder das Einführen einer auf eine Mullbinde aufgetragene Mischung aus Honig, gemahlenen Akazienspitzen und Datteln. In gleicher Weise sollte auch mit in Essig getränktem Kameldung verfahren werden. Generell kannten sich die Mediziner besser mit den männlichen Geschlechtsorganen aus als mit den weiblichen Genitalien. Man wusste, dass der Samen der Beitrag des Mannes zur Empfängnis war, glaubte aber, er stamme aus dessen Knochen und sorge für das Knochengerüst des Kindes, während die Frau für die Weichteile zuständig schien. Wegen seiner Ähnlichkeit mit dem männlichen Samen wurde Min Lattich geopfert.
Pornografische Kunst?
Lange Zeit sorgten zahlreiche, in Gräbern von Männern wie von Frauen gefundene Statuetten, aus Ton, Holz oder Stein, für Verwirrung, denn sie zeigten stark vereinfachte Frauengestalten mit hervorgehobenen Geschlechtsmerkmalen. Inzwischen sieht sie die Mehrheitsmeinung als Symbole für Regeneration und Wiedergeburt. Ähnliche Merkmale weisen auch zahlreiche kleine Tonplatten mit Reliefabbildungen nackter Frauen auf. Auch sie sind stilisiert dargestellt, häufig mit großer Perücke und wirken, als wären sie zum Sexualakt bereit. Forscher deuten sie als magische Täfelchen, deren Besitzer sich eine Partnerin wünschten.
Zur Homosexualität schweigen die Quellen fast ganz und öffnen Interpretationsversuchen Tür und Tor. Jedoch geht man heute davon aus, dass sie zwar existierte, gesellschaftlich aber verpönt war.
Der vermutlich aus Theben stammende Papyrus Turin zeigt in zwölf Vignetten lüsterne, ungepflegte alte Männer beim Geschlechtsverkehr mit fast nackten jungen Frauen, bei denen es sich vielleicht um Prostituierte handelt
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(c) dpa/picture alliance,
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