Das Alte Aegypten
Ägyptens erforderte eine effektive Verwaltung. Die Überschwemmungen des Nils, von denen der Wohlstand der Anrainer abhing, mussten durch Kanalsysteme gesteuert werden. Jahre mit niedrigem Wasserstand und daraus folgenden geringen Erträgen mussten durch eine effektive Vorratshaltung überstanden, die stetig wachsende Bevölkerung regiert, organisiert und verwaltet werden.
Der Königssohn von Kusch
Schon in frühester Zeit lassen Dokumente und Grabbeigaben auf ein Beamtentum schließen. Bereits im Alten Reich (2686-2181 v. Chr.) entstanden zwei oberste Staatsämter, das Wesirat und das des Vorstehers der königlichen Arbeiten. Daneben etablierte sich eine ganze Ämterhierarchie, die von den Gouverneuren der 42 Gaue bis zu Bürgermeistern von Städten und Dörfern und schließlich zu den einfachen Schreibern und Unterschreibern reichte – es sind etwa 1600 Amtsbezeichnungen belegt. Galt anfangs noch die Zugehörigkeit zur königlichen Familie als notwendige Voraussetzung für das Ausüben eines Amtes, genügte bereits seit dem Ende der 4. Dynastie eine entsprechende Ausbildung: Ein Beamter musste lesen und schreiben können, das Zählen, den Umgang mit mathematischen Operationen und das Berechnen von Flächen und Volumen beherrschen. Verwandtschaftliche Beziehungen waren nicht hinderlich: So gab es Ämter, die über Jahrhunderte in einer Familie erblich waren. Insbesondere durch die großen Pharaonen der 18. Dynastie erlebte das Beamtentum einen systematischen Ausbau. Neue Ämter wurden geschaffen, den Beamten deren Weiterverkauf erlaubt. Man schuf ein neues Organ, den „Königssohn von Kusch“, eine Art Vizekönig für das im Süden angrenzende Nubien. Zur höchsten Beamtengruppe gehörten ferner der Schatzhausvorsteher, der Scheunenvorsteher, der königliche Oberdomänenvorsteher, der Oberbefehlshaber von Heer und Marine sowie die zwei Wesire – wegen der Fülle der Aufgaben war das alte Amt geteilt worden.
Zahlen
Das Zahlensystem war dezimal. Jede der ersten sieben Zehnerpotenzen besaß ein eigenes Zeichen, das so oft geschrieben wurde, wie der Zahlenwert der entsprechenden Potenz war. Zogen mit Ramses II. also 20 000 Mann in die Schlacht bei Kadesch, musste, um die Zahl der Kämpfenden zu notieren, zweimal das Zeichen für die 10 000 und einmal das für die Eins – der Pharao kämpfte mit – geschrieben werden. Da es die Null nicht gab, ließ man zwischen den Zeichen eine größere Lücke. Diese Schreibweise führte spätestens dann zu einer hohen Fehlerquote, wenn Zahlen wie 85 617 mit immerhin 27 Zeichen geschrieben werden mussten
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Den Menschen verpflichtet
Die Basis bildeten weiterhin die Schreiber der verschiedenen Institutionen. Ein junger Absolvent einer der Schreiberschulen begann hier normalerweise seine Laufbahn, die ihn, je nach Einfluss seiner Familie und Eignung bis in die höchsten Positionen tragen konnte. Die Beamten waren nicht nur ihren Vorgesetzten verpflichtet, sondern – zumindest in der Theorie – vor allem den von ihnen verwalteten Menschen. In literarischen Zeugnissen findet sich immer wieder ein Verhaltenskodex, der den Staatsdienern vorschreibt, die Schwachen zu schützen, sie zuvorkommend und einfühlsam zu behandeln und den negativen Begleiterscheinungen von Macht und Reichtum einen Riegel vorzuschieben. Grundlagen des Beamtentums waren zudem das Prinzip der Nützlichkeit allen Tuns für die Gesellschaft und die Zügelung der eigenen Gier.
Eine der wichtigsten Aufgaben der Beamten war es, die Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen. Zu diesem Zweck führten sie die Aufsicht über große Lager, in denen die in Naturalien bezahlten Steuern nach sorgfältiger Registrierung gesammelt wurden. Szene aus dem 2001 entdeckten Grab des Meryneith, Hohepriester des Aton, in Sakkara
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(c) Interfoto, München
Diener der Götter
Der Priester
Die Öffentlichkeit war ausgeschlossen, wenn das tägliche Ritual begann. Die Gottheit musste wie ein König bedient werden, glichen ihre Bedürfnisse doch denjenigen eines Menschen. Nachdem der höchste Priester genau in dem Augenblick, da die Sonne am Horizont erschien, die Tore geöffnet hatte, wurde im geheimsten, dunkelsten und niedrigsten Raum des Tempels der Gott mit einem feststehenden Hymnus geweckt. Dazu öffnete der Priester mit den Worten „Du erwachst schön in Frieden“ den über Nacht versiegelten Schrein, warf sich zu Boden und nahm dann die Götterstatue heraus. Dann stellte er sich als befugter Gottesdiener vor, denn in
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