Das Alte Aegypten
Patienten mussten sich vor ihm bewegen, auf und ab gehen und die Stelle lokalisieren, wo ihr Schmerz saß. Je nach Diagnose verordnete er das Tragen eines Amuletts, eine magische Beschwörung oder ein Arzneimittel. Brüche wurden geschient, Wunden genäht, geklammert oder gepflastert, selbst an Schädelöffnungen traute man sich heran. Wieviel die Patienten dabei zu leiden hatten, ist nicht überliefert!
Eine von ursprünglich 108 Kolumnen der größten Buchrolle zur Heilkunde Ägyptens, dem Papyrus Ebers. Sie stammt aus dem 16. Jh. v. Chr. und enthält 877 magische Formeln und Heilmittel. Benannt wurde sie nach dem Berliner Ägyptologen Moritz Ebers (1837-1898), der den Papyrus 1873 in Luxor erwarb
.
(c) akg, Berlin
Heilige Einmeißelungen
Die Schrift
Dem sagenhaften ersten König von Ägypten, Menes (siehe S. 22), wird der Ausspruch in den Mund gelegt, mit der Erfindung der Schrift werde das Gedächtnis der Menschen schlechter. Die Griechen glaubten gar, er habe die Schrift selbst erfunden. In beidem steckt ein Körnchen Wahrheit, denn das geschriebene Wort gilt als Gedächtnis der Menschheit, es markiert den Übergang von der vorgeschichtlichen zur geschichtlichen Zeit, an dem Menes gelebt haben soll.
Sprache
Wie auch die semitischen Sprachen, zum Beispiel Hebräisch und Arabisch, gehört das Ägyptische zu den Afroasiatischen Sprachen. Es wurde, zuletzt in Form des Koptischen, noch bis zum 17. Jh. n. Chr. gesprochen. Als Kirchensprache der ägyptischen Christen hat es bis heute überlebt und gilt damit als älteste Sprache der Erde. Mehr als 8000 Wörter sind bekannt, einige davon haben, wenn auch in veränderter Form, Einlass ins Deutsche gefunden: Ammoniak, Gummi, Ibis, Lilie, Papier, Senf und vielleicht auch Kuchen. Gemäß der historischen Einteilung in Reiche spricht man von Alt-, Mittel- und Neuägyptisch, danach von Koptisch. Als klassische Literatursprache gilt das Mittelägyptische
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Ob die Schrift in Ägypten erfunden wurde, ist umstritten. Die ältesten Tontafeln mit Schriftzeichen, die man in Mesopotamien fand, stammen aus dem 32. Jh. v. Chr., sie galten bis 1984 als die ältesten Zeugnisse einer Schrift. Damals fanden Archäologen in einem prädynastischen Königsgrab in Abydos mehrere hundert Elfenbeintäfelchen mit Hieroglyphen zur Beschilderung von Alltagsgegenständen, die mit ins Grab gelegt wurden. Sie sollen etwa 100 Jahre älter sein. Wahrscheinlich jedoch sind beide Schriftsysteme parallel entstanden, sie unterscheiden sich erheblich.
Nofretete oder Nefertiti?
Wesentliches Merkmal der ägyptischen Lautsprache und der ihr folgenden Schrift ist die Bedeutungslosigkeit der Vokale. Das Wort wird von der Reihenfolge der Konsonanten bestimmt, die Pharaonin Nfrtt kann als Nofretete oder – wie in der englischsprachigen Literatur – Nefertiti gelesen werden. Mit 800 Hieroglyphen („Heilige Einmeißelungen“) ließen sich, da es sich bei ihnen nicht nur um Bild-, sondern um Lautzeichen handelt, alle Aufgaben erfüllen, die einer Schrift im staatlichen, religiösen und privaten Bereich gestellt werden. Sie war jedoch so komplex und aufwändig zu schreiben, dass sich schon im Alten Reich eine von den Griechen als Hieratisch („heilige Schrift“) bezeichnete Schrift herausbildete, die für das Schreiben mit Binse auf Papyrus oder Scherben aus Kalkstein oder Ton (Ostraka) viel besser geeignet war. Sie diente zuerst ausschließlich profanen Zwecken. Gab es schon für das Schreiben mit Hieroglyphen kaum allgemeine Regeln – was schön war, war richtig –, erschwerten auch beim Hieratischen die individuellen Züge die Lesbarkeit. So sah man sich im 7. Jh. v. Chr. gezwungen, noch einen weiteren Schritt zur Vereinfachung zu tun und führte als offizielle Schrift nun das Demotische („volkstümlich“) ein. Kürzel ersetzten nun häufig benutzte Wörter, andere wurden aus Einkonsonanten-Zeichen in der Art eines Alphabets zusammengesetzt. Der mittlere Text auf dem Stein von Rosette (siehe S. 204), mit dem die Enträtselung der Hieroglyphen gelang, wurde in demotischer Schrift geschrieben. Von hier aus war es kein großer Schritt mehr zur letzten Stufe des Ägyptischen, dem Koptischen, das seit etwa 200 n. Chr. benutzt wurde und in den folgenden zwei Jahrhunderten die alten Schriften ganz verdrängte. Es war eine Kombination aus dem griechischen und sieben zusätzlichen Zeichen aus dem demotischen Alphabet, mit denen man der ägyptischen Sprache Rechnung trug.
Der Thronname Ramses’ II.,
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