Das Alte Aegypten
Weiterleben zu denken, der Tote verschwand im Nichts.
Ka, Ba und Ach
Nach altägyptischen Vorstellungen bestand der Mensch, den wir uns heute aus Leib, Seele und Geist zusammengesetzt vorstellen, aus Körper und Ka, einer Art Lebenskraft, die mit dem Menschen geboren wird und den Leichnam verlässt – sie kann sich durch die Gabe von Opfern wieder mit ihm vereinigen. Im Mittleren Reich wurde der Ka-Glaube zurückgedrängt und mehr und mehr durch den Ba abgelöst. Er wurde als Vogel mit Menschenkopf dargestellt, der, gelockt durch Wasserstellen, allnächtlich zum Grab fliegt, um sich mit dem gut konservierten Körper zu vereinigen, damit der Verstorbene wieder atmen kann. Als Ach, eine Art Gespenst, erscheint der Verstorbene den Lebenden und besitzt die Kraft, den Gefahren des Jenseits zu begegnen
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Angeklage vor dem Totengericht
Waren alle Vorkehrungen getroffen, der Tote im Idealfall in einer Nekropole begraben, begann das Totengericht. Der Gott der Begräbniszeremonien, der schakalköpfige Anubis, geleitete den Verstorbenen zum Gott der Unterwelt, Osiris, dem vier Söhne des Gottes Horus und 42 Berater zur Seite standen. Eine Liste von Vergehen, die er leugnen musste, wurde dem Toten vorgetragen oder er legte eine Art Beichte ab, die er den seinem Grab beigelegten Totenbüchern entnehmen konnte. Ob der Verstorbene die Wahrheit sagte, erkannte Anubis mittels einer Waage, auf deren einer Schale das Herz als Sitz des geheimen Wissens, der Gedanken und des Bewusstseins, auf der anderen eine Straußenfeder als Sinnbild der Maat (siehe S. 24), der Wahrheit, lag. Der ibisköpfige Schreibergott Thot (siehe S. 122) verzeichnete den Ausschlag: War die Waage im Gleichgewicht, das Herz leicht wie eine Feder, galt der Tote als sündenfrei und konnte in der Unterwelt verweilen, zu einem Stern werden oder ins Paradies eintreten. Dazu stellte er sich auf seine Beine und trat in den Himmel ein.
Doch wo ein Himmel ist, gibt es auch eine Hölle. Hatte der Verstorbene gefehlt, kein gottgefälliges Leben geführt, so fiel er der Verdamnis anheim. Allein der Gnade des Totengottes blieb es, so zuletzt der Glaube, vorbehalten, den Toten vor der Höllenpein zu retten. Hier, an einem stinkenden Ort, dessen ewige Finsternis nur durch alles verzehrende Feuer gemildert wurde, mussten die Verdammten unbeschreibliche Qualen erleiden. Sie mussten einen zweiten Tod sterben, indem sie der Schöpfungsmasse beigemischt wurden und dadurch jegliche Individualität verloren.
Im Totenbuch des Maiherperi (um 1450 v. Chr.) wird unter den Augen des Totengottes Osiris das Herz des Toten gegen Wahrheit und Gerechtigkeit aufgewogen. Ein Pavian, Symbol des Totenrichters Thot, überprüft das Ergebnis. Gleichzeitig verlässt der Ba-Vogel das Grab
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(c) dpa/picture alliance, Frankfurt am Main
Tor zur Ewigkeit
Das Grab
Es war gar nicht so leicht und vor allem teuer für ein geeignetes Grab, das als „ewiges Haus“ den Zugang zur Unterwelt bieten sollte, zu sorgen. Selten kümmerte sich der König auch um Gräber für Privatleute, etwa wenn sie ihm treu gedient hatten, und nur bis zum Ende der 1. Dynastie nahm er einen Teil seiner Dienerschaft nicht nur symbolisch mit ins Jenseits – auch für deren Gräber war damit gesorgt. Grundsätzlich blieb die Form des Grabes während der gesamten Pharaonenzeit gleich. Es befand sich – mit wenigen Ausnahmen – immer unter der Erde, bestand aus einer Kammer aus Lehmziegeln oder Stein, einer Felskammer oder einer einfachen Grube, in der der Leichnam – wenn bezahlbar – mumifiziert in einem Sarg beigesetzt wurde.
Eine Bank als Grab
Aus dem Grubengrab, über dem zur Kennzeichnung und zum Schutz vor wilden Tieren Hügel errichtet wurden, entwickelte sich ein Grabtyp mit leicht abgeschrägtem Oberbau, der einer Bank ähnelte: die Mastaba (arab. „Bank“). In ihr wurden die ersten Könige begraben, später, als die Pyramiden aufkamen, die nichtkönigliche Oberschicht. Über der eigentlichen, unterirdischen Grabkammer, die den Sarg beherbergte, befand sich die Kapelle, die ursprünglich vorgelagert, später in den Bau integriert war. An der in ihr angebrachten Scheintür, einer Nische, die wie eine Tür gestaltet wurde, konnten Opfer dargebracht und der Totenkult abgehalten werden. Neben der Kapelle befand sich außerdem der Serdab, ein besonderer Raum für die Kultfiguren des Grabinhabers. Mit der Zeit entstanden darüber hinaus in dem einstmals massiven Oberbau der Mastaba noch weitere Räume für
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