Das Alte Aegypten
Prozessakten nutzen, die sich in großer Zahl erhalten haben, denn jedes Verfahren wurde schriftlich festgehalten und von unabhängigen Zeugen beglaubigt. Grundsätzlich zählte das Ideal der Unparteilichkeit, vor dem Gesetz waren zumindest in der Theorie alle Ägypter gleich. In der „Einsetzung des Wesirs“ aus der Grabkammer des Rechmire, des Wesirs unter Thutmosis III. und Amenophis II. heißt es dazu: „Achte auf den, den du kennst, ebenso wie auf den, den du nicht kennst, auf den, der dir nahe ist, ebenso wie auf den, der weit weg ist“, und, „Parteilichkeit ist Gott ein Greuel!“ Kläger und Beklagte hatten das Recht auf Anhörung, der Ranghöhere durfte beginnen, waren beide von gleichem Stand hatte der Beklagte das erste Wort. Nicht anders als heute wurden Zeugen vernommen, die folgenden Eid zu leisten hatten: „So wahr Amun dauert! So wahr der Herrscher dauert, dessen Zorn unheilvoller ist als der Tod!“ Und das war wörtlich zu verstehen, galt doch ein Meineid als ähnlich schwerwiegendes Verbrechen wie Grabräuberei oder Mord.
Verstümmelung als Strafe
In klaren Fällen war eine sofortige Bestrafung üblich, die eher streng ausfiel, denn der Bestrafende wollte meist nicht als zu milde gelten. Die möglichen Strafen reichten von Stockschlägen, beispielsweise bei Vernachlässigung der Steuerpflicht, bei Diebstahl oder Amtsmissbrauch, bis zur Todesstrafe bei Ehebruch durch die Frau, Grabräuberei, Rebellion und Mord. Daneben wurde Zwangsarbeit verhängt, Nasen oder Ohren abgeschnitten, das Vermögen eingezogen oder der Bann ausgesprochen.
Höchste und letzte Instanz war das Totengericht der Götter, bei dem das Herz des Verstorbenen als Sitz von Gewissen und Verstand gegen die Göttin Maat oder deren Symbol, die Feder, aufgewogen wurde. 42 Totenrichter unter Vorsitz des Osiris hatten das Ergebnis zu bestätigen. Seither gilt die Waage als Symbol der Gerechtigkeit
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Verfall und Untergang
Ptolemäerzeit (305-30 v. Chr.)
Der Retter Ägyptens, der Befreier von der zweiten Perserherrschaft war Alexander III. von Makedonien, den man den Großen nennt. Er ließ sich zum Pharao (332-323) krönen, nachdem er hierfür die Bestätigung durch das berühmte Orakel des Amun in der Oase Siwa eingeholt hatte. General Ptolemaios, der Statthalter des rastlosen Königs, regierte nach dessen Tod zuerst im Namen zweier Nachfolger, bevor er sich als Ptolemaios I. Soter (305-285) selbst zum König von Ägypten krönte. Ihm, seinem Sohn, Ptolemaios II. Philadelphos (285-246) und seinem Enkel, Ptolemaios III. Euergetes I. (246-221) glückte ein Ausgleich zwischen ihrem griechischen Erbe und altägyptischen Traditionen. Sie förderten die Wirtschaft und strafften die Verwaltung, machten Alexandria, die von Alexander dem Großen gegründete neue Hauptstadt, zur unangefochtenen Kulturmetropole ihrer Zeit und sorgten für Sicherheit, Frieden und Wohlstand. Ägypten hatte nun die größte Ausdehnung seiner Geschichte erreicht. Unter Ptolemaios III., dem bedeutendsten Herrscher der Dynastie, wurde Eratosthenes Leiter der Bibliothek von Alexandria. Ihm gelang es den Erdumfang erstaunlich genau zu berechnen.
Alexander der Große
Der 356 v. Chr. in Makedonien geborene Sohn des dortigen Königs begann mit den Siegen über die Perser einen beispiellosen Eroberungszug, der ihn zum Herrscher über das größte Reich in der Geschichte der Alten Welt werden ließ und gleichzeitig das hellenistische Zeitalter begründete. Seine Wege führten ihn auch nach Ägypten, das 332 v. Chr. Teil seines Reiches wurde. Alexander starb 323 v. Chr. in Babylon, nachdem ihm sein Heer zuvor die Gefolgschaft verweigerte, als er es nach Indien führen wollte. Sein Leichnam wurde nach Alexandria überführt. Weder seinem Halbbruder noch seinem Sohn gelang es, das Reich zu erhalten. Es zerfiel in fünf Teile, die von den Generälen Alexanders, den Diadochen, beherrscht wurden
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Rom betritt die Bühne
Doch das Glück war nicht von Dauer. Erbfolgestreitigkeiten, Intrigen und Morde in der Königsfamilie sowie unfähige oder kindliche Herrscher wendeten das Blatt. Ein Scheitern der Ptolemäerdynastie stand kurz bevor, als das aufstrebende römische Reich Ägypten als Kornkammer für sich entdeckte. Als Schutzmacht sollte es von nun an (168 v. Chr.) nicht mehr von der Seite der Pharaonen weichen.
Ptolemaios X. Alexander I. (107-88) setzte testamentarisch Rom als Erben ein, nachdem er seine Mutter, Kleopatra III., hatte umbringen
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