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Das alte Haus am Meer

Das alte Haus am Meer

Titel: Das alte Haus am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wentworth
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leicht und sagte:
»Und deine Freundinnen? Vielleicht sind die auch auf
der Suche nach dem Ideal?«
»Denen geht nichts ab«, sagte Rafe. »Ich bin für sie der
ideale Mann zum Flirten, aber wenn es ernst wird, suchen
sie sich jemanden, der ihnen einen schickeren
Kinderwagen kaufen kann als ich. Die weibliche Hälfte
unserer Spezies ist wesentlich praktischer veranlagt als die
männliche.«
»Du bist ein Narr, Rafe!«
»Der Narr stirbt an gebrochenem Herzen«, sagte er.
Seine weißen Zähne blitzten, als er unvermittelt lächelte.
»Wenigstens habe ich dich zum Lachen gebracht. Ich habe
mit mir selbst gewettet, dass ich es schaffe. Also habe ich
gewonnen, und du schuldest mir sechseinhalb Pence.« »Wofür?«
»Benzin, würde ich sagen. Was machst du bloß, wenn
mein Daumen wieder heil ist? Ich kann die Quetschung
nicht viel länger simulieren oder es wird Ärger gegen.
Dale lässt dich wahrscheinlich nicht seinen Wagen fahren,
oder?«
»Evans kann mich fahren.«
»Oder Dale?« Er wartete einen Augenblick, dann
wiederholte er: »Oder Dale?«
Sie errötete und sagte ohne ihn anzusehen:
»Er hat viel zu tun, das weißt du doch. Und er hasst es,
einzukaufen.«
»Dann muss die Quetschung eben andauern. Übrigens,
wen hast du eigentlich vorhin getroffen? Ich habe dir auch
von meiner Begegnung erzählt.«
Spontan gewann ein seltsamer Wunsch in Lisle die
Oberhand.
»Sie würde dir gefallen. Sie zitiert auch Tennyson.« »Die kleine, dickliche Frau, die dich nach der
Verhandlung ansprach?«
»Rafe, woher weißt du das?«
»Ein Geistesblitz. Wer ist sie?«
Sie waren in die Crook Lane abgebogen und näherten
sich langsam der Haarnadelkurve. Sie fasste den Haltegriff
über dem Fenster und hielt sich fest.
»Macht es dir etwas aus, hier runterzufahren?«, fragte
Rafe schnell.
»Etwas schon.«
»Dann tu es besser jeden Tag, bis du dich wieder daran
gewöhnt hast. Das ist brutaler gesunder Menschenverstand. Es kann dir nicht viel passieren,
Zuckerpüppchen?«
Lisle erwiderte mit seltsam flacher Stimme: »Wirklich?« Sie hielt sich fest, bis sie die Kurve, in der ihr Wagen
gegen Coopers Scheune gerast war, hinter sich gelassen
hatten. Dann seufzte sie auf und ließ los.
»Erzähl mir von deiner Freundin«, sagte Rafe. »Kann
ich sie kennen lernen? Wir könnten Zitate austauschen.
Wer ist sie, und warum habe ich noch nie von ihr gehört?« Lisle beantwortete nur eine der Fragen. Spontan sagte
sie:
»Sie ist Detektivin. Zumindest steht ›Privatdetektivin‹
auf ihrer Visitenkarte.«
Rafe sagte nichts. Sie blickte ihn an und sah sein Profil
in etwa so, wie es Miss Silver bei der Verhandlung
erschienen war: die braune Haut straff über den
Wangenknochen und dem Kinn, die Lippen unbeweglich,
zusammengepresst und ausdruckslos. Es schoss ihr durch
den Kopf, dass sie ihn nicht erkannt hätte, wenn man ihr
ein solches Bild von ihm zeigen würde. Es schien, als
wäre er nicht lebendig.
Und dann löste sich der Eindruck plötzlich wieder. Er
hatte wieder sein gewohntes Gesicht, lebendig und
ausdrucksvoll. Lachend sagte er:
»Wo hast du sie kennen gelernt?«
»Im Zug.«
»Und sie kam auf dich zu und sagte, darf ich etwas für
Sie ausspionieren? War es so?«
Lisles Spontaneität erlosch. Erleichtert sah sie, dass sie
sich den beiden großen Steinsäulen näherten, von denen
zwei Wappentiere bösartig alle angrinsten, die nach
Schloss Tanfield kamen. Wenn sie wartete, bis sie dort waren … Sie schätzte die Entfernung mit den Augen ab. Nein, so lange konnte sie nicht warten. Sie musste reden, irgendetwas sagen. Wenn sie es nicht tat, würde er denken … Was würde er denken? Spielte es eine Rolle, was er
dachte? Ja, das tat es.
Das alles ging ihr in schmerzhaften Bruchteilen von
Sekunden durch den Kopf. Sie zwang sich zu einem
Lächeln und sagte:
»Das möchtest du wohl wissen?«
Langsam rollten sie zwischen den Säulen hindurch und
ließen die grinsenden Tiere hinter sich. Rafe erwiderte
trocken:
»Ja, unbedingt. Sagst du es mir?«
»Ich weiß nicht.« Ihre Lippen lächelten, aber in ihr
schrie es verzweifelt. »Er weiß es so oder so. Er weiß es
jetzt schon. Wenn ich es ihm doch nur sagen könnte. Aber
ich kann nicht!«
Er meinte: »Solltest du es mir nicht lieber erzählen?«,
und sah aus den Augenwinkeln, wie sie schwach den Kopf
schüttelte.
Als sie vor der Treppe zum Schloss hielten, lachte er
wieder.
»Und wenn ich nun die Spürnase selbst frage? Meinst
du, sie würde es mir verraten?«
»Es gibt nichts zu verraten.« Sie öffnete die

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