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Das alte Haus am Meer

Das alte Haus am Meer

Titel: Das alte Haus am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wentworth
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mag sie auch nicht. Bei diesem Klima verbreiten sie eine Friedhofsatmosphäre. Sie brauchen einen italienischen Himmel, um zur Geltung zu kommen.«
    »Heute haben wir ihn«, erwiderte March. »Ja, aber man kriegt ihn nicht auf Bestellung. Das Ganze ist die Kopie eines berühmten Gartens in Capua. Und die Statuen stammen von einem Vorfahren, der nicht so recht wusste, was er mit seinem vielen Geld anfangen sollte. Er entwickelte ein ziemliches Talent dafür, es zum Fenster hinauszuwerfen, daher gedenken wir seiner nicht allzu gerne.«
    Von dem italienischen Garten gelangten sie durch einen von Bäumen gesäumten Weg und über einen langen Graspfad zu dem Mäuerchen am Meer. Die Bucht lag klar vor ihnen in der Morgensonne. Tane Head auf der anderen Seite der Bucht lag hinter einem hauchdünnen Dunstschleier. Linker Hand fielen die Klippen und die Shepstone-Felsen zum Meer hin ab und durchbrachen die Wasseroberfläche mit einer gefährlichen Zackenlinie. Es war Flut, und außer um die aus dem Wasser ragenden Felsen herum war das Meer seidenglatt und blau.
    March wandte sich mit dem Rücken gegen Tane Head und betrachtete die Klippen.
»Ein gefährliches Stück Küste, nicht wahr?«
»Sehr. Wenn man den Shepstone-Felsen hinter sich gelassen hat, kommt kein richtiger Strand mehr. Es gibt eine alte Geschichte, die man zu Zeiten meines Großvaters erzählte. Damals glaubte man, die Bucht sei früher bis nach Sharpes Point gegangen, das ist die nächste Landzunge. Damals gab es noch keinen dieser Felsblöcke. Überall war feiner, harter Sand. Der Bösewicht der Gegend, er hieß Schwarzer Nym, ritt immer bei Ebbe von Point herüber, raubte, mordete und machte sich auf jede Weise unbeliebt. Einmal kam er am Sonntagabend, als alle Menschen in der Kirche waren, und trieb eine große Herde Schafe davon. Er brachte sie hier herunter und ritt über den Strand mit ihnen davon, dabei schrie er aus Leibeskräften und zog über die Tölpel her, die im Gottesdienst saßen. Die sollten lieber mal kommen und sehen, wie viel besser einen der Teufel bezahlte. Als ich acht Jahre alt war, lebte im Dorf eine fast hundertjährige Frau. Sie hat mir die Geschichte so erzählt: ›Und dann, Master Rafe, kam ein schrecklicher Sturm auf und ein Donner, der den Himmel hätte spalten können. Auf einmal wurde es pechschwarze Nacht, und er hörte die Schafe blöken und das Meer tosen, aber er konnte nichts sehen, nicht einmal mehr die Hand vor Augen. Er fluchte schlimmer als je zuvor. Manch einer hörte ihn, und einige sagten, eine Stimme habe ihm aus der Bibel geantwortet: Der Lohn der Sünde ist der Tod. Andere sagten, es gab keine Stimme, nur einen Blitz und einen Donnerschlag, dass die Klippen zerbarsten. Das Meer bäumte sich zu einer Riesenwelle auf, und die Klippen kamen ihm entgegen. Was aus dem Schwarzen Nym geworden ist, weiß nur sein Herr, der Teufel. Manche behaupten, die Schafe seien zu Felsblöcken geworden, aber ich halte das für eine Redensart. Ertrunken sind sie, die armen Dinger. Keiner kann mir einreden, dass diese gefährlichen schwarzen Felsen jemals so etwas wie harmlose, dumme Schafe gewesen sein sollen. Teile der Klippen sind heruntergebrochen, so war es und nicht anders. Aber wie auch immer, man gab ihnen den Namen Shepstone-Felsen, nach den Schafen.‹«
March lächelte.
»Eine gute Geschichte. Ich hätte die alte Frau gerne kennen gelernt.«
»Sie war die Großmutter meines Kindermädchens«, sagte Rafe. Er wandte sich ab und ging voraus, die Mauer entlang. »Hier geht’s runter.«
Die Treppe befand sich am Ende des Mäuerchens Richtung Landzunge. Am Fuß der Stufen über der Flutmarkierung stand eine weißgrün gestrichene Badehütte – zwei Räume und eine breite Veranda mit Stühlen und bunten Kissen. Ein festgetretener Fußweg lief daran vorbei und weiter die Klippen entlang.
Es war, wie Rafe gesagt hatte, ein schwieriger Weg im Dunkeln. Der Pfad ging bald in tiefen, weichen Sand über, gelegentlich unterbrochen von Kieselbänken und scharfen Felsen.
Als sie den Halbkreis der Bucht etwa zur Hälfte abgegangen waren, blieb Rafe stehen und sagte:
»Hier etwa muss ich umgekehrt sein.«
March blickte zur Landzunge, wandte sich zurück in Richtung Badehütte und sah dann erneut zur Landzunge hinüber.
»Wenn Ihre Augen so gut wie meine sind, dann müssen Sie jeden, der sich auf den Klippen befindet, ziemlich deutlich sehen.«
»Bei diesem Licht schon.«
»Wie dunkel war es, als Sie umkehrten? Konnten Sie die Kissen auf der

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