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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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vorerst getan, ich stehe in ständigem Kontakt mit den Kollegen im Benjamin-Franklin-Krankenhaus, und ich kann Sie nur bitten, dort weiterhin mit Ihrer…mit Fliss zu Untersuchungen zu gehen. Es gibt kaum Ärzte, die sich mit dieser Erkrankung auskennen, aber ich habe Dr. Bartholomay so weit wie möglich instruiert, und er kann mich Tag und Nacht anrufen, falls er Fragen hat. Sie selbstverständlich auch.«
    Sie tauschten noch ein paar Höflichkeiten zum Abschied aus, dann war Carla alleine. Was hatte sie von ihm erhofft? Dass er ihr sagte, alles würde wieder gut werden, Fliss sei gar nicht krank? Dass er sagte: Oh, wenn sie an dieser Krankheit leidet, kann sie unmöglich Ihr Kind sein, und wissen Sie was, ich nehme mich der Sache persönlich an, in zwei, drei Tagen haben wir Ihre Tochter gefunden und Fliss bei ihren echten Eltern untergebracht? Ja, Carla hatte auf ein Wunder gehofft, das es nicht geben würde. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und schob einen Stapel mit neuen Zeitschriften, Ausstellungskatalogen und unbeantworteten Briefen zur Seite, um Platz zu schaffen. Dann öffnete sie eine Schublade und nahm ihr Adressbuch heraus. Sie blätterte eine Weile darin herum, hielt bei einigen Namen inne, dachte nach, verwarf sie, blätterte weiter und fand genau den richtigen Mann für die Situation. Sie hatte ihn vor wenigen Wochen bei der Ausstellungseröffnung »Zeichnungen deutscher Expressionisten« in ihrer Galerie kennengelernt. Er hatte sich für einige Exponate interessiert und es sehr bedauert, bei der Auktion nicht persönlich anwesend sein zu können. Bevor sie ihn anrief, dachte sie sehr lange und sehr genau darüber nach, was sie ihm wie sagen würde. Es war draußen schon dunkel, als sie endlich mit ihm sprach. Ihre Stimme klang gelöst und heiter, sie verwandte all ihre Kraft, die ihr für den Tag noch geblieben war, auf dieses Gespräch.
    Als sie fertig war, fühlte sie sich todmüde, hatte aber wieder Hoffnung geschöpft: In wenigen Tagen würde sie den Ort aufsuchen, an dem es noch Wunder gab.

5.
     
    Ihr Vater, der nicht mehr ihr Vater war, brachte sie nach Hause. Gegen ärztlichen Rat, wie die Schwestern und Ärzte in der Klinik betonten. Sie solle sich schonen und ein paar Tage im Bett bleiben. Roger Hayward bekam einen Merkzettel in die Hand gedrückt mit Dingen, auf die Fiona in der nächsten Zeit zu achten hatte. Sogar Ernährungsempfehlungen zur Blutbildung fanden sich darauf. Fiona war es egal, solange sie nur endlich nach Hause durfte.
    Sie legte sich gleich wieder ins Bett. Roger telefonierte herum, bis er jemanden fand, der heute noch im Laufe des Tages die kaputte Wohnungstür reparieren würde. Dann verschwand er, um einzukaufen. Erst bei Tesco, dann bei Real Foods, dem Bioladen in der Brougthon Street, weil sich Fiona weigerte, das von Tesco mitgebrachte Obst zu essen.
    »Kein Wunder, dass du mit deinem Geld nicht hinkommst«, schimpfte er, als er zwei große Papiertüten schleppend zurückkam. »Weißt du nicht, dass bei Tesco alles nur halb so teuer ist?«
    Fiona sah ihn lange an. »Erstens übertreibst du. Zweitens ist es meine Sache, was ich esse. Und drittens ist das wohl kaum unser Thema im Moment. Oder ist es das? Geht es ums Geld? Niemand hat dich gezwungen, jahrzehntelang in ein Kind zu investieren, das gar nicht deins ist. Du hast doch gewusst, dass ich nicht deine Tochter bin. Du hast es doch nicht erst heute Morgen von mir erfahren.«
    Roger machte sich daran, eine der Tüten auszupacken und legte das Obst auf dem Schreibtisch ab.
    »Was ist? Redest du nicht mehr mit mir?«
    Mit einem Seufzer schob Roger den alten roten Plüschsessel neben ihr Bett, nahm sich eine Mandarine und setzte sich. Er sagte noch immer nichts.
    »Hat sie dich betrogen? Oder bin ich adoptiert?«
    »Deine Mutter und ich, wir haben geheiratet, als wir gerade einundzwanzig waren. Drei Jahre später ließ sie sich von mir scheiden, weil wir keine Kinder bekommen konnten.« Er fing an, die Mandarine zu schälen.
    »Moment, sie hat mich doch mit siebenundzwanzig…« Fiona rechnete nach.
    »Ja. Wir ließen uns scheiden, sie war gerade mit ihrem Studium fertig, dann verschwand sie von der Bildfläche, und gute fünf Jahre später, im August 79, tauchte sie wieder auf. Mit dir auf dem Arm.« Er steckte sich ein Stück von der Mandarine in den Mund und zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Die sind…«
    »Ich weiß. Wer ist mein Vater?« Noch während sie diese Frage stellte, merkte sie, wie sie

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