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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Sabriel nachdenklich hinzu. »Warum wohl nicht?«
    Weder Mogget noch Touchstone antworteten. Einen Moment dachte Sabriel daran, die Frau selbst zu fragen, doch ihr ungestümes Verlangen nach Ausflügen in den Tod war durch ihre letzte Erfahrung mehr als gedämpft worden. Stattdessen löste sie die Fesseln der Frau und versuchte so gut sie konnte den leblosen Körper in eine andere Lage zu bringen, so dass die Tote schließlich aussah, als würde sie schlafen.
    »Ich kenne deinen Namen nicht, Heilerin«, flüsterte Sabriel. »Aber ich hoffe, dass du rasch durch das Letzte Tor gelangst. Die Charter sei mit dir.«
    Sie trat zurück und zeichnete die Chartersymbole für das Bestattungsfeuer über der Leiche. Während sie es tat, wisperte sie die Namen der Symbole – doch ihre Finger zuckten und die Worte kamen ihr stockend über die Lippen. Der unheilvolle Einfluss des zerschmetterten Steins drückte auf sie wie ein Ringer, der ihre Handgelenke packte und ihr den Mund verschloss. Schweiß trat ihr auf die Stirn und Schmerz schoss ihr durch die Glieder. Ihre Hände zitterten vor Anstrengung und ihre Zunge lag schwer und wie geschwollen im trockenen Mund.
    Da spürte sie Hilfe. Kraft durchströmte sie, verstärkte die Symbole, beruhigte ihre Hände und befreite ihre Stimme. Sie vollendete die Litanei, und über der Frau explodierte ein Funke, der blitzschnell zur sich windenden Flamme und schließlich zu einer weiß glühenden Lohe wurde und den Leichnam zu Asche verbrannte.
    Die zusätzliche Kraft kam durch Touchstones Hand, deren Innenfläche leicht auf ihrer Schulter ruhte. Doch kaum richtete sie sich auf, schwand die Berührung. Als Sabriel sich umdrehte, zog Touchstone den rechten Degen und blickte auf die Häuser, als hätte die Hilfe, die ihr plötzlich zuteil geworden war, nichts mit ihm zu tun gehabt.
    »Danke«, sagte Sabriel. Touchstone war ein starker Chartermagier, vielleicht so stark wie sie selbst. Das überraschte sie, obwohl er kein Geheimnis daraus gemacht hatte, dass er ein Chartermagier war – sie hatte lediglich angenommen, dass er bloß ein paar kleine Zauber kannte: Symbole und Sprüche, die mit dem Kämpfen zu tun hatten.
    »Wir sollten zusehen, dass wir weiterkommen!«, mahnte Mogget, huschte erregt hin und her und achtete sorgfältig darauf, mit keinem der Trümmerstücke des Chartersteins in Berührung zu kommen. »Wir müssen ein Boot finden und noch vor der Abenddämmerung in See stechen!«
    »Der Hafen ist dort«, fügte Touchstone eilig hinzu und deutete mit dem Degen. Sabriel bemerkte, dass er und Mogget unbedingt vom zerschmetterten Stein fortwollten. Aber das wollte sie ja auch. Sogar im hellen Tageslicht schienen die Farben rundum plötzlich zu verblassen. Der Rasen war mit einem Mal eher gelb als grün, und die Schatten wurden dichter, dunkler, bedrohlicher. Sabriel schauderte und dachte an den Spaltkamm und das Ding, das sich Thralk genannt hatte.
    Der Hafen lag an der Nordseite des Felsens und konnte über Stufen erreicht werden, die in den Stein gehauen waren. Lasten ließen sich mit einem oder mehreren der scherenbeinigen Kräne den Felshang entlang transportieren. Lange Holzstege führten in das klare blaugrüne Wasser, aus dem sich eine Felseninsel erhob, die etwas niedriger war als der Dorffelsen. Ein langer Wellenbrecher aus riesigen behauenen Steinblöcken verband Insel und Küste und schützte den Hafen vor Wind und Wellen.
    Merkwürdig war nur, dass der Hafen gänzlich ausgestorben zu sein schien. Kein Schiff lag vor Anker, kein Kutter an den Piers. Nicht einmal ein Kahn war zum Teeren ins Trockene gezogen worden. Sabriel blickte ratlos von den Stufen hinunter und nahm kaum wahr, wie die blauen Schatten kleiner Fischschwärme durchs Wasser zogen und die Wellen gegen die mit Entenmuscheln übersäten Anlegestege schlugen. Sie wusste nicht, was sie und ihre Gefährten jetzt tun konnten. Mogget saß zu ihren Füßen und schnupperte die Luft. Touchstone stand etwas über ihnen und gab Acht, dass sie nicht aus dem Hinterhalt angegriffen wurden.
    »Was jetzt?«, fragte Sabriel. Sie deutete auf den leeren Hafen unten, und ihr Arm bewegte sich im gleichen Rhythmus wie die Dünung, die unablässig gegen Holz und Stein platschte.
    »Auf der Insel sind Menschen!«, erklärte Mogget, der die Augen vor dem Wind zusammengekniffen hatte. »Und zwischen den zwei Felsvorsprüngen im Südwesten sind Boote vertäut.«
    Sabriel blickte zur Insel, sah jedoch immer noch nichts, bis sie ihr

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