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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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der Junge ein. »Das beste Gasthaus in der Stadt, Lord und Lady.«
    Er hatte kaum geendet, als irgendwo aus dem Hafengebiet eine disharmonisch klingende Glocke zu vernehmen war. Sie läutete dreimal so schmerzhaft laut, dass die Tauben auf dem Platz die Flucht ergriffen.
    »Was ist das?«, fragte Sabriel. Der Junge starrte sie offenen Mundes an. »Weshalb läutet diese Glocke?«
    »Sonnenuntergang«, erklärte der Junge, nachdem er endlich begriffen hatte, was sie meinte. Sein Tonfall ließ erkennen, dass er nicht verstand, wieso sie überhaupt fragte. »Etwas früh, vermute ich. Vielleicht ziehen Wolken auf.«
    »Verlässt jeder die Straße, wenn zum Sonnenuntergang geläutet wird?«, fragte Sabriel.
    »Natürlich«, schnaubte der Junge. »Sonst erwischen einen ja die Gespenster oder Geister.«
    »Ich verstehe«, murmelte Sabriel. »Führ uns weiter!«
    Erstaunlicherweise machte das Gasthaus Zu den drei Zitronen einen sehr guten Eindruck. Es war ein weiß getünchtes vierstöckiges Haus, dessen Fassade zu einem kleineren Platz wies, etwa zweihundert Schritt von König Anstyrs Springbrunnen-Monument entfernt. In der Mitte des Platzes wuchsen drei gewaltige Zitronenbäume, seltsamerweise mit dichten, aromatischen Blättern und trotz der Jahreszeit reich mit Früchten behangen. Chartermagie, dachte Sabriel, und tatsächlich war ein Charterstein zwischen den Bäumen verborgen. Uralte Fruchtbarkeits- und Wärmezauber hingen in der Luft. Dankbar sog sie die nach Zitronen duftende Luft ein und freute sich, dass ihr Zimmer ein Fenster zum Platz hatte.
    Hinter ihr füllte eine Magd eine Zinkwanne mit heißem Wasser. Mehrere Eimer voll hatte sie bereits hineingeschüttet; jetzt kam der letzte an die Reihe. Sabriel schloss das Fenster und trat erwartungsvoll zu dem noch dampfenden Wasser.
    »Habt Ihr sonst noch einen Wunsch, Miss?«, erkundigte die Magd sich mit einem Knicks.
    »Nein, danke«, erwiderte Sabriel. Nachdem die Magd das Zimmer verlassen hatte, schob sie den Riegel an der Tür vor, ehe sie den Umhang abnahm und aus den stinkenden, schweiß- und salzverkrusteten Rüstungsteilen und der Unterkleidung schlüpfte. Nackt lehnte sie ihr Schwert in Reichweite an die Wanne, ließ sich dankbar ins Wasser sinken und griff nach der Zitronenseife, um sich Schmutz und Schweiß abzuwaschen.
    Durch die Wand hörte sie eine Männerstimme – Touchstone. Dann gurgelte Wasser, und die Magd kicherte. Sabriel, die sich gerade eingeseift hatte, hielt inne und lauschte auf die Geräusche im Nebenzimmer. Worte waren kaum zu vernehmen, wohl aber neuerliches Kichern und eine tiefe Männerstimme, dann ein lautes Platschen und Geräusche, als säßen nun zwei Personen statt einer in der Wanne.
    Eine Zeit lang herrschte Stille; dann waren wieder Platschen, Keuchen und Kichern zu vernehmen… war das Touchstone, der da lachte? Schließlich erklang eine Reihe kurzer, stöhnender Laute – die einer erregten Frau. Sabriel errötete und knirschte zugleich mit den Zähnen. Schließlich tauchte sie hastig den Kopf unter Wasser, damit sie nichts mehr hören musste. Im Wasser war alles still, abgesehen vom dumpfen Pochen ihres Herzens, das in ihren Ohren widerhallte.
    Was machte es schon aus? Touchstone war ihr Weggefährte, mehr nicht. Körperliche Liebe war das Letzte, das sie beschäftigte. Nur eine weitere Komplikation – Empfängnisverhütung – Emotionen. Es gab auch so schon genügend Probleme. Überleg lieber deine nächsten Schritte, denk voraus, ermahnte sie sich. Ihre… Verwirrung lag nur daran, dass Touchstone der erste junge Mann war, den sie seit Verlassen der Schule kennen gelernt hatte. Letztendlich ging es sie auch gar nichts an, was er trieb. Sie kannte nicht einmal seinen wahren Namen.
    Ein dumpfes Klopfen an der Seite der Wanne ließ sie den Kopf aus dem Wasser heben – und gerade in diesem Moment war ein sehr befriedigtes Stöhnen, eindeutig von einem Mann ausgestoßen, aus dem benachbarten Zimmer zu vernehmen. Sabriel wollte den Kopf bereits wieder untertauchen, als Moggets rosa Näschen über dem Rand erschien. Also setzte sie sich auf. Wasser strömte ihr Gesicht hinab und verbarg die Tränen, von denen sie nichts wissen wollte. Verärgert schlug sie die Arme vor die Brust und fragte: »Was willst du?«
    »Ich dachte bloß, es würde dich interessieren, dass Touchstones Gemach da drüben ist.« Mogget deutete auf die gegenüberliegende Wand. »In seinem Zimmer steht leider keine Badewanne, darum lässt er fragen, ob er

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