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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Straße Richtung Süden nach Orchyre. Er hatte zuerst daran gedacht, westwärts bis Sindel zu reiten und von dort zum Ratterlin, auf dem er mit dem Boot bis Qyrre fahren könnte. Aber das
Sehr nützliche Reisehandbuch
erwähnte ein besonders empfehlenswertes Gasthaus in Orchyre, das für seine hervorragende Aalsülze bekannt war. Sam liebte Aalsülze und sah keinen Grund, weshalb er nicht den angenehmsten Weg nach Kante nehmen sollte.
    Nicht, dass er sich völlig sicher war, was der angenehmste Weg hinter Orchyre war. Die Große Südstraße folgte dem größten Teil der Strecke der Ostküste, doch Kante befand sich gegenüber, an der Westküste. Er würde also früher oder später nach Westen abbiegen müssen. Vielleicht könnte er sogar die »Straßen der Könige« verlassen, wie man die Hauptverkehrswege auch nannte, von Orchyre aus querfeldein reiten und darauf hoffen, auf Landstraßen zu stoßen, die ihn in die gewünschte Richtung bringen würden. Die Gefahr hier bestand in den Frühjahrsüberschwemmungen. Die Straßen der Könige hatten meist feste Brücken, im Gegensatz zu den Landstraßen, und die üblichen Furten mochten zurzeit nicht passierbar sein.
    Wie auch immer, das lag alles noch in der Zukunft, und ehe er nicht in Orchyre war, brauchte er sich darüber keine Gedanken zu machen. Bei zügigem Reiten würde er die Stadt in zwei Tagen erreichen. Über den nächsten Teil der Strecke konnte er unterwegs nachdenken – oder am Abend, wenn er in einem Gasthaus übernachtete.
     
    Doch Sam dachte nicht mehr an die Planung der nächste Teilstrecke seiner Reise, als er schließlich eine Ortschaft erreichte, in der sich eine Poststation befand und die weit genug von Belisaere entfernt war, dass er sich eine Rast erlauben konnte. Er war erst ungefähr zwanzig Meilen geritten, doch die Sonne ging bereits unter und er war müde und erschöpft. Er hatte die Nacht zuvor zu wenig geschlafen, und sein Gesäß und die Schenkel rächten sich nun dafür, dass er im Winter kaum auf einem Pferd gesessen hatte.
    Unter dem baumelnden Schild mit der Aufschrift
Zum lachenden Hund
schaffte Sam es nur noch, dem Pferdeknecht ein Trinkgeld und die Zügel in die Hand zu drücken und ihn zu ersuchen, sich um Sprosse zu kümmern. Dann ließ er sich das beste Zimmer im Haus geben und schlief auf der Stelle ein.
    Nachts wachte er mehrere Male auf. Das erste Mal, um sich der Stiefel zu entledigen; das zweite Mal, um sich im Nachttopf (mit zerbrochenem Deckel) zu erleichtern; das dritte Mal, weil hartnäckig an seine Tür geklopft wurde. Sam sah, dass bereits das erste Sonnenlicht durch die geschlossenen Fensterläden spitzte.
    »Was ist los?«, ächzte Sameth, rutschte aus dem Bett und schlüpfte in seine Stiefel. Er fühlte sich steif und ekelte sich vor sich selbst, denn er trug noch seine Reitkleidung, die unangenehm nach Pferd stank. »Gibt’s Frühstück?«
    An Stelle einer Antwort wurde nur noch heftiger geklopft. Sam schleppte sich zur Tür. Er rechnete damit, dass irgendein Dorftrottel mit einem Frühstückstablett in Händen ihn angrinsen würde. Stattdessen blickten ihn zwei breitschultrige Männer an – nicht gerade freundlich. Sie waren Landeskonstabler, wie Sam feststellte, als er die rotgoldene Schärpe über dem Kürass sah.
    Der Ältere und offenbar Ranghöhere hatte ein strenges Gesicht, graues Stoppelhaar und im Gegensatz zu seinem jüngeren Kollegen ein Charterzeichen auf der Stirn.
    »Sergeant Kuke und Konstabler Tep«, erklärte der Silberhaarige, trat ein und schob Sam grob zur Seite. Sein Untergebener folgte ihm, schloss die Tür und ließ den Riegel einrasten.
    »Was wollt Ihr?«, fragte Sam gähnend. Seine bisherigen Begegnungen mit den Konstablern, den ländlichen Polizeieinheiten, hatten sich darauf beschränkt, ihnen bei Paraden zuzusehen oder sie mit seinem Vater in einer ihrer Stationen zu besuchen.
    »Wir haben Fragen an Euch«, sagte Sergeant Kuke, der so nahe vor ihm stand, dass Sam seinen Knoblauchatem riechen und die Schnittwunden von einem offenbar etwas zittrig geführten Rasiermesser an seinem Kinn sehen konnte. »Fangen wir mit Eurem Namen und Stand an.«
    »Ich heiße Sam und bin Handelsreisender«, antwortete Sameth, während sein Blick dem Konstabler folgte, der in einer Zimmerecke sein Schwert begutachtete, das an den Satteltaschen lehnte. Zum ersten Mal verspürte er einen Hauch der Angst. Vielleicht waren diese Männer keine solchen Trampel, wie er angenommen hatte. Vielleicht kamen sie

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