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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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als glühende Konstellation magischer Symbole in der Luft erschien.
    Sameth betrachtete sie eingehend und überprüfte den Zauber, ehe er in das glühende Muster trat. Die Zeichen wurden bei der Berührung seiner Haut heller, sprühten gegen das Charterzeichen auf seiner Stirn und flossen in Streifen goldenen Feuers über sein Gesicht.
    Er schloss die Augen, als das Feuer sie erreichte. Mit aller Kraft ignorierte er das Kribbeln unter den Lidern und den plötzlichen Niesreiz. Ein paar Minuten blieb er reglos stehen, bis das Kribbeln aufgehört hatte. Dann nieste er heftig, atmete tief ein – und öffnete die Augen.
    Im Spiegel war dieselbe Gewandung zu sehen wie zuvor, in der ein Mann von gleicher Statur steckte. Aber das Gesicht hatte sich verändert. Sam der Handelsreisende blickte aus dem Spiegel, ein Mann, der Prinz Sameth vage ähnelte, aber ohne Zweifel mehrere Jahre älter war und einen gepflegten Schnurrbart und Spitzbart trug. Sein Haar war nun von anderer Farbe, heller und glatter und im Nacken länger.
    Besser. Viel besser. Sameth – nein, Sam der Handelsreisende – zwinkerte dem Spiegelbild zu und begann sich umzuziehen. Seine alte lederne Jagdkleidung war am besten geeignet, dazu ein paar schlichte Hemden. Einen Umhang konnte er sich in der Stadt kaufen. Ebenso ein Pferd. Auch ein Schwert, da er ja seine mit Chartermagie versehene Klinge, die ihm seine Mutter zum sechzehnten Geburtstag geschenkt hatte, nicht mitnehmen konnte. Sie ließ sich nicht durch Magie verändern und wäre zu auffällig.
    Aber er konnte ein paar von den Dingen mitnehmen, die er selbst angefertigt hatte, wurde ihm bewusst, als er aus den Stiefeln schlüpfte. Er kramte ein Paar abgetragene, aber immer noch sehr strapazierfähige Schaftstiefel aus schwarzem Kalbsleder hervor.
    Als er an seine Turmwerkstatt dachte, kam ihm unweigerlich das
Buch der Toten
in den Sinn. Also,
das
würde er bestimmt nicht mitnehmen. Er wollte nur rasch die Treppe hinauf und sich verschiedene Sachen holen, außerdem seine Ersparnisse an Goldnobels und Silberdeniers, und dann sofort aufbrechen.
    Nur konnte er so, wie er jetzt aussah, nicht zum Werkraum laufen. Außerdem musste er noch Ellimeres Verdacht zerstreuen, sonst würde man ihn verfolgen und zurückbringen – mit Gewalt, denn die Gardisten würden vorrangig Ellimeres Befehlen gehorchen, nicht seinen.
    Er seufzte und setzte sich aufs Bett, die Stiefel in der Hand. Offenbar würde diese Flucht – oder vielmehr Rettungsexpedition – mehr an Vorbereitung benötigen, als er gedacht hatte. Er musste einen provisorischen Chartersendling anfertigen, ein glaubwürdiges Duplikat seiner Person, und sich eine Situation ausdenken, die Ellimere davon abhielt, zu genau nachzusehen…
    Er konnte behaupten, ungestört im
Buch der Toten
studieren zu müssen und dass er zu diesem Zweck drei Tage in seinem Werkzimmer bleiben müsse. Auf diese Weise würde er einen guten Vorsprung gewinnen. Das hieß aber nicht, dass Sam gar nicht mehr daran arbeiten wollte, Abhorsen zu werden. Doch die drei Wochen, die er wahrscheinlich benötigte, um Nicholas zu retten, waren ihm erst einmal wichtiger als drei Wochen Studium, die er nach seiner Rückkehr mühelos nachholen konnte.
    Selbst wenn Ellimere die Clayr bat, seinen Aufenthaltsort zu ermitteln, müsste der dreitägige Vorsprung genügen. Falls sie am dritten Tag herausfand, was geschehen war, und einen Kurierfalken zu den Clayr sandte, würde es mindestens zwei Tage dauern, bevor diese antworteten. Das waren insgesamt fünf Tage.
    Bis dahin würde er die halbe Strecke nach Kante zurückgelegt haben. Oder zumindest ein Viertel des Weges, dachte Sam und versuchte sich zu erinnern, wie weit entfernt die kleine Stadt am Roten See tatsächlich war. Er musste sich eine Karte besorgen und das neueste
Sehr nützliche Reisehandbuch
konsultieren, um nachzusehen, wo er unterwegs Station machen konnte.
    Es mussten wahrhaftig noch viele Dinge erledigt werden, ehe er entkommen konnte! Sam ließ die Stiefel fallen und stellte sich wieder vor den Spiegel. Er musste den Zauber erst einmal entfernen, wollte er nicht von seinen eigenen Gardisten festgenommen werden.
    Wer hätte gedacht, dass es so viele Hürden zu überwinden galt, ehe das große Abenteuer überhaupt begonnen hatte?
    Sam machte sich daran, den Charterzauber, der ihn verwandelt hatte, aufzulösen, indem er die Zeichen und Symbole in die Charter zurückfallen ließ. Sobald das erledigt war, wollte er zum Turmzimmer

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