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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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wenn Sabriel fort war, um gegen Tote zu kämpfen.
    »Ich sollte mich jetzt wohl anziehen.« Sam schwang die Beine aus dem Bett. Erst da bemerkte er, dass das Nachbarbett leer und schon wieder frisch hergerichtet war.
    »Wo ist Nick?«, erkundigte er sich. »Er war doch da, nicht wahr? Oder habe ich das bloß geträumt?«
    »Das weiß ich nicht«, entgegnete Touchstone, der den Freund seines Sohnes bei früheren Besuchen in Ancelstierre kennen gelernt hatte. »Er war nicht hier, als wir ankamen. Doktor! War Nicholas Sayre in diesem Bett?«
    Der Arzt eilte herbei. Er wusste nicht, wer dieser ungewöhnliche, aber offenbar wichtige Besucher war, und konnte auch die Frage nach dem Patienten nicht beantworten, da die Armee auf Geheimhaltung und die ausschließliche Benutzung des Vornamens bestanden hatte. Jetzt wünschte der Arzt, auch den Namen des anderen Patienten nicht erfahren zu haben, da ihm der Name Sayre durchaus nicht unbekannt war. Aber der Premierminister hatte keinen Sohn in diesem Alter; deshalb konnte der Bursche nur ein Cousin oder irgendein entfernter Verwandter sein.
    »Der Patient Nicholas X«, antwortete der Arzt mit Betonung auf dem X, »wurde gestern von Beauftragten seiner Eltern abgeholt. Er hatte einen leichten Schock und geringfügige Verletzungen und Schürfwunden.«
    »Hat er etwas für mich hinterlassen?«, erkundigte sich Sam.
    »Ich glaube nicht…«, begann der Arzt, als eine Schwester sich durch die blauen, grauen und khakifarbenen, dicht gedrängten Reihen auf dem Flur zwängte. Sie war sehr jung und hübsch; ihr auffallend rotes Haar spitzte keck aus ihrer Haube heraus.
    »Er hat mir einen Brief für Euch gegeben, Hoheit«, sagte sie mit dem typischen Akzent des Nordens. Offenbar war sie in Bain zu Hause und wusste genau, wer Sam und Touchstone waren, sehr zum Missfallen des Arztes. Er nahm ihr den Brief aus der Hand und reichte ihn Sam, der ihn sofort aufriss.
    Sam erkannte Nicks Handschrift nicht sofort, weil die einzelnen Buchstaben größer und weniger verschnörkelt waren als sonst. Es musste daran liegen, dass Nick mit dick verbundenen Händen geschrieben hatte.
    Lieber Sam,
    ich hoffe, es geht dir bald gut genug, dass du diese Zeilen lesen kannst. Ich selbst bin offenbar wieder ziemlich gut hergestellt, muss allerdings zugeben, dass ich mich nur verschwommen an die Ereignisse unseres ungewöhnlichen Abends erinnern kann. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, mir diesen Nekromanten zu schnappen, den du gesucht hast. Doch bei der Dunkelheit und dem Regen war ich wohl ein bisschen übereifrig und habe nicht auf den Boden vor meinen Füßen geachtet. Jedenfalls habe ich nichts weiter zu Stande gebracht, als auf die Straße zu stürzen und das Bewusstsein zu verlieren. Ich kann von Glück sagen, dass meine Knochen noch heil sind, meinen die Ärzte, obwohl ich mir ein paar interessante Hautabschürfungen und Blutergüsse zugezogen habe. Ich glaube, die Debütantinnen in Corvere werden sie nicht so gleichmütig betrachten wie Schwester Moulin. Wenn ich es richtig verstanden habe, konnte die Armee deinen Alten Herrn erreichen, und er wird herunterkommen, um dich heimzuholen – was bedeutet, dass du den letzten Schulmonat nicht beenden wirst. Auch ich werde nicht nach
Somersby zurückkehren, schließlich bin ich ja schon in Sunbere eingeschrieben. Es würde ohne dich und den armen Harry Benlet sowieso nicht mehr so sein wie früher. Sogar Cochrane würde mir fehlen. Sie haben ihn am nächsten Morgen fünf Meilen entfernt gefunden – mit Schaum vor dem Mund und verrücktes Zeug brabbelnd. Ich nehme an, dass sie ihn inzwischen in die Anstalt in Smithwen eingeliefert haben – was sie meiner Meinung schon vor Jahren hätten tun sollen.
    Ich habe nicht übel Lust, dich in deinem geheimnisvollen Alten Königreich zu besuchen, ehe ich im Frühjahr zum College gehe. Ich gebe zu, dass mein wissenschaftliches Interesse durch diese anscheinend belebten Leichen geweckt wurde. Bestimmt hältst du es für Magie, aber ich glaube eher, das alles lässt sich durch die richtige Anwendung wissenschaftlicher Methoden erklären – und ich hoffe, dass ich derjenige sein werde, dem dieser Nachweis gelingt. Sayres »Theorie der Surrealität«. Oder Sayres »Gesetz magischer Explikation«.
    Es ist schrecklich langweilig im Krankenhaus, erst recht, wenn man sich mit seinem Zimmer geführten nicht unterhalten kann. Du musst also entschuldigen, wenn ich einfach so vor mich hin plaudere. Wo war ich gleich stehen

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