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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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geblieben? Ach ja, Experimente im Alten Königreich. Ich vermute, der Grund dafür, dass dort noch niemand die richtigen Forschungen betrieben hat, ist bei der Armee zu suchen. Kannst du dir vorstellen, dass gestern ein Oberst und zwei Hauptleute hier waren und verlangt haben, dass ich die offizielle Geheimhaltungsverpflichtung unterschreibe? Außerdem eine, Erklärung, dass ich nie über die seltsamen Ereignisse am
Perimeter schreibe oder spreche? Nun, das gilt dann aber nicht für Zeichensprache, also werde ich vielleicht einen tauben Journalisten informieren, wenn ich zurück bin. Aber das werde ich natürlich nicht wirklich tun. Zumindest nicht, bis ich der Welt etwas Besseres zu erzählen habe. Die Offiziere wollten, dass du die Erklärung ebenfalls unterschreibst, aber da du nicht in der rechten Stimmung warst, haben sie bloß herumgesessen, gewartet und sich über den jeweils anderen geärgert. Dann habe ich ihnen gesagt, dass du gar kein Bürger von Ancelstierre bist, worauf sie nachdenklich wurden und sich draußen auf dem Gang lange mit dem Leutnant von der Wache unterhielten. Offenbar weiß da die rechte Hand nicht, was die linke tut, denn sie waren vom militärischen Nachrichtendienst von Corvere, und die Wachen draußen kamen von den Perimeterscouts. Ich habe mit Erstaunen festgestellt, dass die Scouts deiner merkwürdigen Religion angehören und das Kastenzeichen auf der Stirn tragen, oder was immer das sein mag. Nicht, dass Soziologie mich wirklich interessiert, wie ich betonen möchte.
    Ich muss jetzt gehen. Meine alten Eltern haben irgendeinen privaten Untersekretär zum Obersekretär des Kammerherrn entsandt, damit er mich nach Hause an den Hof von Amberne bringt. Offenbar ist Vater zu sehr mit dem Südlings-Flüchtlingsproblem, den Fragen in den Kammern und dergleichen beschäftigt, und Onkel Edward braucht wie immer seine Unterstützung. Mutter hatte wahrscheinlich ein Wohltätigkeitsbankett oder etwas ähnlich Wichtiges, das ihre ganze Zeit beanspruchte. Wie dem auch sei, ich werde dir schreiben, sobald wir meinen Besuch einrichten
können. Ich schätze, das dürfte in zwei, höchstens drei Monaten geregelt sein. Lass dich nicht unterkriegen!
    Nick,
    der mysteriöse Patient X
    Sam faltete den Brief lächelnd zusammen. Wenigstens hatte Nick diese grauenvolle Nacht ohne großen Schaden und mit unversehrtem Humor überstanden. Es war typisch für ihn, dass die Toten lediglich sein wissenschaftliches Interesse geweckt hatten, ohne ihm wirklich Furcht einzujagen.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Touchstone, der geduldig gewartet hatte. Wenigstens die Hälfte der Zuschauer hatten das Interesse verloren, wie Sam bemerkte, und sich auf den Gang zurückgezogen, wo sie sich unterhalten konnten.
    »Hast du mir Kleidung mitgebracht, Vater?«, fragte Sam. »Meine Schulsachen dürften nicht mehr zu gebrauchen sein.«
    »Damed, den Koffer bitte«, rief Touchstone. »Würdet ihr anderen das Zimmer verlassen?«
    Ungeordnet wie eine Schafherde verließen die Leute das Krankenzimmer und gesellten sich zu den anderen auf dem Korridor. Endlich waren alle draußen, bis auf Damed – Touchstones oberster Leibwächter, ein kleiner dünner Mann, der sich erschreckend schnell bewegte. Damed reichte ihm einen Koffer, ehe auch er das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss.
    Im Koffer befand sich ancelstierrische Kleidung, die genau wie die Sachen Touchstones und die der Wachen im Alten Königreich vom Konsulat von Bain besorgt worden waren.
    »Trag erst einmal das hier«, forderte Touchstone seinen Sohn auf. »Im Perimeter können wir dann in vernünftige Kleidung wechsele.«
    »Kettenhemd und Helm, Stiefel und Degen«, murmelte Sameth, während er sein Krankenhaushemd über den Kopf zog.
    »Ja«, bestätigte Touchstone. Dann zögerte er. »Oder möchtest du nicht? Du könntest auch in den Süden reisen. Ich selbst muss ins Alte Königreich zurück, aber du wärst in Corvere vielleicht sicher…«
    »Nein!«, wehrte Sam ab. Er wollte bei seinem Vater bleiben, wollte das Gewicht der Rüstung am Körper und den Knauf des Degens unter der Hand spüren. Doch hauptsächlich wollte er bei seiner Mutter in Belisaere sein. Denn nur dort würde er wirklich sicher vor dem Tod sein – und vor dem Nekromanten, der bestimmt auch jetzt noch im kalten Fluss auf seine Rückkehr wartete.

20
    EINE TÜR MIT DREI ZEICHEN
     
    Um ihren neunzehnten Geburtstag zu feiern, einigten Lirael und die Hündin sich auf ein besonderes

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