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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Chartersteine jedoch, von denen Touchstone redete, schienen mit der Charter nicht nur verbunden, sondern Teil von ihr zu sein. Während die Charter alles Lebende und alle Möglichkeiten enthielt und beschrieb und überall existierte, war sie in den Großen Steinen, der Mauer und dem Geschlecht der Königsfamilie sowie in den Abhorsen und den Clayr besonders stark konzentriert. Dies hatte sich gezeigt, als zwei der Großen Steine von Kerrigor zerbrochen worden waren und die Königliche Familie verloren schien. Damals war die Charter stark geschwächt gewesen und hatte weniger Macht über Freie Magie und die Toten gehabt.
    »Wäre es nicht besser, die Konferenz hier oben abzuhalten, nachdem Mutter ihren Zauber gewirkt hat?«, fragte Sam.
    Trotz seiner Bedeutung für das Königreich hatte Sam sich am Reservoir niemals wohl gefühlt. Die Steine selbst waren beruhigend; sie hielten sogar das Wasser um sie herum warm. Doch das übrige Reservoir war kalt und erschreckend. Touchstones Mutter und seine Schwestern waren dort einst von Kerrigor ermordet worden, und viel später hatte auch Sabriels Vater dort den Tod gefunden. Sam wollte sich die schrecklichen Geschehnisse gar nicht erst vorstellen: die beiden geborstenen Steine… Kerrigor, wie er mit seinen nekromantischen Bestien und Toten Dienern in der Dunkelheit gelauert hatte…
    Touchstone hingegen, der viel eher Gründe hatte, diesen Ort zu fürchten als Sam, hatte diese Furcht schon vor Jahren überwunden, als er daran gearbeitet hatte, die zerborstenen Steine mit seinem eigenen Blut und mit Bruchteilen kaum erinnerter Magie wieder zusammenzufügen. »Es ist der einzige Ort, an dem wir mit Sicherheit nicht belauscht werden können«, sagte er. »Und es gibt zu viele Dinge, die nur ihr zwei erfahren dürft, niemand sonst. Nimm den Wein mit, Sam. Wir werden ihn brauchen.«
    »Willst du so gehen?«, fragte Ellimere, als Touchstone zum Kamin schritt. Er drehte sich bei ihrer Frage um, blickte an seinem Morgenrock hinunter und auf die darüber gegürteten Zwillingsdegen. Dann zuckte er die Schultern und ging weiter. Ellimere folgte ihm seufzend, und beide verschwanden in der Dunkelheit hinter dem Feuer.
    Sam runzelte die Stirn und griff nach der Tonkanne mit Glühwein, die ans Feuer gestellt worden war, um das würzige Getränk warm zu halten. Dann folgte er dem Vater und der Schwester, nachdem er die Hand auf die Kaminecke gedrückt hatte. Charterzeichen flammten auf, als die Geheimtür aufsprang. Dahinter konnte Sam seinen Vater und Ellimere hören, wie sie die 156 Stufen zum Reservoir, den Großen Chartersteinen und zu Sabriel hinunterstiegen.

     

24
    KALTES WASSER, ALTER STEIN
     
    Das Reservoir war eine höhlenähnliche, riesige Halle aus kaltem Stein und noch kälterem Wasser. Die Großen Steine standen in der Finsternis in der Mitte der Halle und konnten von der Stelle aus, an der die Schlosstreppe im Wasser endete, nicht gesehen werden. Rund um das Reservoir fiel Sonnenlicht durch die Gitter hoch oben und warf gekreuzte Lichtmuster auf die spiegelglatte Wasseroberfläche. Sechzig Fuß hohe Säulen aus weißem Marmor ragten wie riesige stumme Wächter zwischen den Lichtflecken auf und stützten die Decke.
    Wie stets war das Wasser unglaublich rein und klar. Sam tauchte die Hand hinein, als er seinem Vater half, die Barke freizumachen, die am Ende der Schlosstreppe vertäut war. Während das Wasser durch Sams Finger rann, sah er flüchtig Charterzeichen funkeln: Das Wasser im Reservoir absorbierte die gewaltige Magie der Großen Chartersteine.
    Die Barke war nicht viel mehr als ein Floß mit vergoldeten Knäufen an den vier Ecken. Es gab ihrer zwei im Reservoir; offenbar hatte Sabriel die andere genommen und befand sich nun im Zentrum, wohin kein Sonnenlicht fiel. Die Großen Steine glühten von Millionen Charterzeichen, die sich in ihnen und um sie herum bewegten, doch sie konnten es an Helligkeit nicht einmal mit dem trüben, gefilterten Sonnenlicht aufnehmen. Sam und die anderen würden das Glimmen erst sehen, wenn sie näher waren, fern vom lichtgesprenkelten Ufer und hinter der dritten Säulenreihe.
    Touchstone löste das Seil an seiner Seite; dann legte er die Rechte auf die Planken und flüsterte ein einzelnes Wort. Das stille Wasser begann sich zu kräuseln, und die Barke entfernte sich von der Treppe. Obwohl es keine Strömung im Reservoir gab, bewegte sich die Barke, als würden unsichtbare Hände sie durchs Wasser schieben. Touchstone, Sam und Ellimere

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