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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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und angeblich vom »Umsiedlungsamt der ancelstierrischen Regierung« ausgegeben worden.
    »Das ist ein Schwindel«, erklärte Sam heftig. »Es gibt kein ancelstierrisches Umsiedlungsamt, und selbst wenn es eines gäbe, warum sollte man euch ausgerechnet an einen Ort wie Forwins Mühle schicken?«
    »Weil dort das Land ist«, erwiderte der junge Dolmetscher. »Und es muss ein Umsiedlungsamt geben. Warum sonst hätte die Polizei uns erlaubt, die Lager zu verlassen?«
    »Aber seht doch, was da drüben geschieht!«, rief Sam und deutete auf die Gewitterwolken und die ständig zuckenden Blitze, die nun selbst unten im Tal deutlich zu sehen waren. »Wenn ihr dorthin geht, ist es euer Tod! Deshalb haben sie euch herausgelassen! Es löst ihre Probleme, wenn ihr dort umkommt und sie sagen können, dass es nicht ihre Schuld war!«
    Die Matriarchin blickte hinauf zum Kamm, der von Blitzen erleuchtet wurde, dann auf den blauen Himmel im Norden, Süden und Osten. Sie berührte den Arm des Dolmetschers und sagte drei Worte.
    »Versprechen Sie es bei Ihrem Blut?«, fragte daraufhin der Dolmetscher und zückte ein Messer, das aus dem flach geklopften Ende eines Löffels geformt war. »Sie werden uns Land in Ihrem Reich geben?«
    »Ich verspreche es bei meinem Blut«, sagte Sam rasch. »Ich werde euch Land geben und euch bei der Besiedlung helfen.«
    Die Matriarchin streckte ihm die Handfläche entgegen, die von Hunderten punktförmiger Narben gezeichnet war, die ein komplexes Muster bildeten. Der Dolmetscher stach mit der Messerspitze in ihre Haut und drehte sie ein wenig hin und her, so dass ein neuer Punkt entstand.
    Sam streckte ebenfalls die Hand aus. Er spürte das Messer gar nicht. Alle seine Sinne waren auf den Kamm gerichtet, auf die ersten Zeichen eines Angriffs.
    Die Matriarchin sprach rasch und hielt ihre Handfläche hoch. Der Dolmetscher bedeutete Sam, seine Handfläche an die ihre zu halten. Sam tat es, und die Matriarchin packte seine Hand mit überraschend festem Griff ihrer alten knöchernen Finger.
    »Gut, ausgezeichnet«, sagte Sam rasch. »Schickt euer Volk auf die andere Seite des Flusses zurück und wartet dort. Sobald ich kann, werden wir… werde ich dafür sorgen, dass ihr euer Land bekommt.«
    »Warum warten wir nicht hier?«, fragte der Dolmetscher.
    »Weil es hier gleich zum Kampf kommen wird«, stieß Sam flehend hervor. »O Charter, hilf mir! Bitte, geht so schnell wie möglich über den Fluss zurück! Fließendes Wasser ist der einzige Schutz, den ihr habt!«
    Er wandte sich um und rannte los, bevor noch weitere Fragen gestellt werden konnten. Der Dolmetscher rief ihm etwas nach, doch Sam antwortete nicht. Er konnte spüren, dass die Toten auf dieser Seite des Kammes herunterkamen, und er hatte schreckliche Angst, dass er Lirael zu lange allein gelassen hatte. Sie war da oben am Fußweg, und er war ihr wichtigster Beschützer. Es gab nicht viel, das Ancelstierrer tun konnten, selbst diejenigen, die ein wenig von Chartermagie wussten.
    Sam sah es nicht mehr, denn er rannte, was die Beine hergaben, doch hinter ihm redeten der Dolmetscher und die Matriarchin heftig aufeinander ein. Der Dolmetscher deutete auf die Mitte des Tales und den Fluss. Die Matriarchin warf noch einen Blick auf die Blitze; dann zerriss sie das Blatt Papier in ihrer Hand, warf es zu Boden und spuckte darauf. Die Umstehenden folgten ihrem Beispiel, Einzelne zuerst, dann immer mehr, bis eine Woge des Zerreißens und Spuckens durch die Menge lief. Schließlich wandte die Matriarchin sich um und schritt nach Osten, auf das Tal und den Fluss zu. Wie eine Herde ihrem Leithammel folgte, machten auch alle anderen Südlinge kehrt.
    Sam rannte keuchend den Fußweg hinauf. Er hatte drei Viertel des Weges hinter sich, als er voraus Rufe hörte.
    »Nein! Nicht!«
    Sam zog die Klinge, während er lief. Erschrockene Soldaten sprangen aus dem Weg, als er an ihnen vorbei zu Lirael eilte. Sie verharrte noch immer regungslos und eiskalt in dem Steinring. Greene und zwei Soldaten standen vor ihr. Etwa zehn Fuß vor ihnen hatten sich zwei Soldaten über einen jungen Mann gebeugt und drückten die Bajonette an seine Kehle. Der Junge lag auf dem Boden und schrie. Seine Kleider und seine Haut waren geschwärzt, und er hatte den größten Teil seines Haares verloren. Aber er war keine Totenhand. Sam stellte fest, dass dieser versengte Flüchtling nicht viel älter war als er selbst.
    »Ich bin es nicht! Ich bin es nicht! Ich bin keiner von denen! Sie sind

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