Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
Vom Netzwerk:
stemmte er den Oberkörper hoch – aber das war auch schon alles. Er war zu schwach und zu nah an den Hemisphären.
    Mogget musterte ihn verärgert. Sein Schwanz peitschte hin und her.
    »Wenn du nicht mehr zu Wege bringst, werde ich dich wohl tragen müssen«, sagte der Kater.
    »Und wie…?«, murmelte Nick. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie diese kleine Katze einen erwachsenen Mann tragen wollte, selbst wenn er so geschwächte war wie er.
    Mogget gab keine Antwort. Er stellte sich nur auf die Hinterbeine – und begann sich zu verwandeln.
    Nick starrte auf die Stelle, an der die kleine Katze eben noch gewesen war. Seine Augen tränten von den steten grellen Blitzen. Er hatte die Verwandlung gesehen, doch es fiel ihm schwer, seinen Augen zu trauen.
    Denn statt einer kleinen Katze stand da nun ein sehr kleiner, schlanker, breitschultriger Mann. Er war nicht viel größer als ein zehnjähriges Kind und besaß das weiße Haar und die durchscheinende blasse Haut eines Albinos. Doch seine Augen waren nicht rot, sondern hellgrün und mandelförmig – so, wie die Augen der Katze gewesen waren. Der Mann hatte einen hellen Ledergürtel um die Körpermitte, an dem eine kleine silberne Glocke hing. Nick fiel auf, dass das Gewand der Erscheinung zwei breite Bänder an den Ärmeln besaß, die mit kleinen silbernen Schlüsseln übersät waren – die gleichen silbernen Schlüssel wie an Liraels Mantel.
    »Also«, sagte Mogget wachsam. Er spürte das Fragment des Zerstörers in Nick und erkannte, dass er vorsichtig sein musste, nun, da die größeren Teile vor ihrer Vereinigung standen. Doch eine List mochte helfen, wo die Kraft versagte. »Ich werde dich jetzt tragen, und wir werden uns einen guten Platz suchen, wo wir die Vereinigung der Hemisphären beobachten können.«
    Bei der Erwähnung der Hemisphären durchfuhr ein brennender Schmerz Nicks Brust. Ja, es war fast so weit. Er konnte es spüren…
    »Ich muss die Arbeit überwachen«, krächzte er und schloss wieder die Augen, und das Bild der Hemisphären brannte heller in seinem Bewusstsein als jeder Blitz.
    »Die Arbeit ist getan«, sagte Mogget beschwichtigend. Er hob Nick hoch und hielt ihn in seinen unnatürlich starken Armen, darauf bedacht, Nicks Brust nicht zu berühren. Was das betraf, glich der Albino einer Ameise, die eine Last trug, die schwerer war als sie selbst. »Wir suchen uns nur eine Stelle, wo wir besser sehen können, wie die Hemisphären zusammenkommen.«
    »Besser sehen…«, murmelte Nick. Irgendwie linderte es den Schmerz in seiner Brust, doch es weckte auch seinen eigenen Verstand.
    Er hob die Lider und blickte in die grünen Augen des fremden Mannes, in denen sich Emotionen spiegelten, die er nicht zu deuten vermochte. War es Furcht… oder Vorfreude?
    »Wir müssen es aufhalten!«, stieß er hervor, und der Schmerz kam so heftig in seine Brust zurück, dass er schrie. Sein Schrei ging im Donnergrollen unter. Mogget neigte den Kopf zu ihm hinab, als Nick mit fast tonloser Stimme weitersprach: »Ich kann es dir zeigen… in den Verteilerkästen… die Hauptkabel trennen…«
    »Dafür ist es zu spät«, sagte Mogget, ging hangaufwärts und bewegte sich geduckt zwischen den Blitzableitern – mit einer Voraussicht, die nur bedeuten konnte, dass er im Voraus wusste, wo und wann ein Blitz einschlagen würde.
    Hinter Mogget und seiner Last war einer der letzten lebenden Arbeiter Hedges dabei, die Hauptkabel mit den Halterungen der Hemisphären auf den Schienenwagen zu verbinden. Die Wagen standen fünfzig Meter voneinander entfernt, und die Hemisphären ruhten solcherart in den Halterungen, dass ihre flachen Seiten aufeinander zu gerichtet waren. Die Kabel wurden mit den metallenen Streben der Halterungen verbunden. Es war keine Vorrichtung zu erkennen, die beide Wagen – und die Hemisphären – aufeinander zubewegten, und genau das war eindeutig die Absicht.
    Viele der Blitzableiter wurden getroffen und leiteten die Energie in die Hemisphären. Lange blaue Funken sprühten um die Wagen, und Mogget spürte, wie der Zerstörer sie gierig aufsog, wie die uralte Wesenheit sich im Silbermetall regte.
    Der Albino beschleunigte seinen Schritt. Er hätte sich viel schneller bewegen können, doch er wollte die Kreatur in Nick in Sicherheit wiegen. Der junge Mann lag still in seinen Armen. Ein Teil seines Ichs war zufrieden, dass es zu spät war, die Vereinigung zu verhindern, während der andere Teil bekümmert war, dass er versagt

Weitere Kostenlose Bücher