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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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kalter Schmerz durch sein Herz, als hätte man ihm einen Eiszapfen in die Brust gestoßen. Gleichzeitig wurde sein Kopf plötzlich klar, seine Sinne geschärft. Er konnte einzelne Zeichen in den Flammen und Steinen erkennen, Zeichen, die sich bewegten und veränderten und neue Kombinationen bildeten. Das waren die Charterzeichen, von denen er gehört hatte. Sameths… und Liraels Magie.
    Alles, was in letzter Zeit geschehen war, wurde wieder wach in ihm. Er erinnerte sich an Lirael und den geflügelten Hund. An die Flucht aus seinem Zelt. Das Versteck im Schilf. Seine Unterhaltung mit Lirael. Er hatte ihr versprochen, alles zu tun, was in seiner Macht stand, um Hedge aufzuhalten.
    Die Flammen leckten an Nicks Brust, verbrannten seine Haut aber nicht, sondern versuchten anzugreifen, was in seinem Innern war, und den Splitter aus seinem Körper zu holen. Der aber war mächtiger als die Magie der Mauer, und diese Macht ergriff nun die Herrschaft über Nick, als er sich dem Charterfeuer hingab, in die Flammen griff und sogar versuchte, ein wenig von dem goldenen Licht zu schlucken.
    Weiße Funken stoben aus Nicks Mund, Nase und Ohren, und sein Körper richtete sich plötzlich kerzengerade auf. Wie eine Puppe mit steifen Gliedern stapfte Nick voran, während die goldenen Flammen um ihn wüteten. Tief in einem Winkel seines Verstandes wusste er zwar, was vor sich ging, konnte aber nicht eingreifen, sondern war nur ein hilfloser Beobachter. Der Splitter in ihm hatte die Gewalt über seine Muskeln übernommen, auch wenn er nicht in der Lage war, die Bewegungen Nicks richtig zu koordinieren.
    So wankte Nick mit starren Gelenken weiter, vorbei an endlosen Reihen brennender Nachtmannschaften, von denen mehr und mehr durch das ferne Ende des Tunnels hereinströmten. Viele sahen gar nicht wie die Nachtmannschaften aus, sondern wie normale Männer und Frauen, unverletzt und lebend. Nur ihre Augen verrieten den Unterschied, und tief in seinem Innern wusste Nick, dass sie alle tot waren, nicht nur krank. Ebenso wie ihre verwesenden Mitstreiter trugen auch die Neuankömmlinge blaue Mützen und Tücher.
    Vor Nick stürmte Hedge aus dem Tunnel, wandte sich um und winkte ihm. Nick spürte diesen Wink, als würde er gepackt und nach vorn gerissen. Das goldene Feuer umloderte ihn von allen Seiten, doch da waren zu viele Nachtmannschaften, zu viele brennende Körper. Das Feuer war nicht stark genug, und so stolperte er aus dem Tunnel, fort von den goldenen Flammen.
    Er hatte die Mauer durchquert und befand sich in Ancelstierre. Oder besser, im Niemandsland zwischen der Mauer und dem Grenzgebiet. Normalerweise war dies ein stiller, verlassener Ort mit Stacheldraht und nackter Erde, über dem die Windpfeifen, die Nick stets für eine Art bizarre Dekoration oder für ein Monument gehalten hatte, ihr friedliches Lied sangen. Jetzt war das Niemandsland in einen Nebel gehüllt, der in der untergehenden Sonne in einem gespenstischen Rot leuchtete und von Blitzen erhellt wurde. Da und dort wurde der Nebel dünner, während er sich unaufhaltsam nach Süden bewegte, und enthüllte schreckliche Bilder: Leichen überall, im Stacheldraht hängend, übereinander liegend – Leichen, wo der Blick zum Boden sich auftat. Sie alle trugen blaue Tücher und Kappen, und Nick wurde klar, dass es sich um Flüchtlinge aus dem Süden handelte, und dass auf eine furchtbare Art und Weise auch Hedges Nachtmannschaft aus ihren Reihen rekrutiert worden war.
    Blitze zuckten über ihm, und Donner rollte. Der Nebel wogte ein wenig auseinander, und Nick sah ein Stück weiter vorn die Silberkugeln schimmern. Sie waren mit Seilen auf großen Schlitten befestigt. Nick wusste, dass die Schlitten bei ihrer Ankunft in Rotmund bereitgestanden hatten. Aber er hatte keine Erinnerung daran – wie auch an alles andere nicht, das zwischen seinem Gespräch mit Lirael auf dem Schilfboot und seinem Erwachen kurz vor der Durchquerung der Mauer geschehen war. Die Hemisphären waren hierher gezogen worden, offensichtlich von den Männern, die sich jetzt damit abplagten. Normale Männer, jedenfalls nicht die Nachtmannschaft. Männer, die eine seltsame Mischung aus ancelstierrischen Armeeuniformen und Kleidung aus dem Alten Königreich trugen. Khakijacken, Lederhemden, bunte Beinkleider und rostige Kettenhemden.
    Die Macht, die ihn durch den Tunnel getrieben hatte, gab ihn plötzlich frei und er fiel vor Hedge zu Boden. Der Nekromant war nun mindestens sieben Fuß groß, und die roten

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