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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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war er noch immer krank, und es musste schlimmer geworden sein, sonst hätten sie ihn nicht tragen müssen.
    »Wo sind wir?«, fragte Nick schwach. Er öffnete wieder die Augen, konnte Hedge aber nicht sehen.
    »Wir werden jetzt die Mauer überqueren«, erwiderte Hedge ganz in der Nähe und lachte. Wenngleich es ein abstoßendes Geräusch war, entlockte es auch Nick ein Lachen. Er wusste nicht, warum, konnte aber nicht aufhören, bis er keine Luft mehr bekam.
    In Hedges Lachen und das ununterbrochene Donnern mischte sich ein anderes Geräusch. Nick konnte es anfangs nicht erkennen. Er lauschte angestrengt, während die vier Männer ihn unbeirrt weitertrugen, bis er schließlich zu wissen glaubte, was es war. Die Zuschauer bei einem Fußball- oder Kricketspiel, die tobten und schrien. Aber die Mauer war ein kaum vorstellbarer Ort für ein Spiel. Vielleicht spielten die Soldaten im Grenzgebiet.
    Fünf Minuten später konnte Nick Schmerzensschreie hören und wusste, dass es kein Fußballspiel war. Er versuchte sich wieder aufzusetzen, doch eine Hand drückte ihn zurück. Er wusste, dass es Hedges Hand war, obgleich sie schwarz und verbrannt aussah und rote Flammen zuckten, wo die Fingernägel sein sollten.
    Halluzinationen, dachte Nick verzweifelt. Halluzinationen.
    »Wir müssen rasch hinüber«, schärfte Hedge den Trägern ein. »Die Toten können den Durchgang nur noch ein paar Minuten offen halten. Sobald die Hemisphären durch sind, rennen wir.«
    »Ja, Sir«, antworteten die Träger im Chor.
    Nick fragte sich, wovon Hedge redete. Sie bewegten sich nun zwischen zwei Reihen seiner von einem grauenvollen Leiden befallenen Arbeiter. Nick versuchte nicht hinzusehen, denn ihn ekelte vor dem verwesenden Fleisch, das von blauen Lumpen zusammengehalten wurde. Zum Glück konnte er die entstellten Gesichter der Männer nicht sehen. Sie standen nebeneinander wie eine Ehrengarde, hatten die Köpfe gesenkt und hielten sich an den Armen untergehakt.
    »Die Hemisphären sind durch!«
    Nick wusste nicht, wer da sprach. Die Stimme war fremdartig und hallend und vermittelte ihm ein Gefühl der Unreinheit. Doch die Worte hatten eine unmittelbare Wirkung. Die Träger rannten los, so dass Nick schmerzhaft durchgeschüttelt wurde. Er klammerte sich rechts und links fest und nutzte den Extraschwung einer solchen Aufwärtsbewegung, um sich aufzusetzen und umzuschauen.
    Sie liefen durch einen Tunnel in der Mauer, die das Alte Königreich und Ancelstierre voneinander trennte. Es war ein niedriger, gewölbter Tunnel, in beiden Richtungen voll gestopft mit der Nachtmannschaft. Endlose Reihen, an den Armen untergehakt, mit nur einem schmalen Durchgang in der Mitte. Jeder Mann und jede Frau leuchtete in goldenem Licht, doch als Nick näher kam, sah er, dass das Leuchten von Tausenden kleiner goldener Flammen herrührte, die sich ausbreiteten und miteinander verbanden.
    Und die Leute weiter drinnen im Tunnel brannten lichterloh.
    Nick schrie vor Grauen, als sie in den Tunnel eindrangen. Das Feuer war überall, ein seltsames goldenes Feuer, das ohne Rauch loderte. Wenngleich die schrecklichen Kreaturen darin verbrannten, flohen sie nicht, schrien nicht, machten keinen Versuch, die Flammen zu löschen. Und wie viele dieser Geschöpfe auch verbrannten, sofort traten andere an ihre Stelle. Hunderte und Aberhunderte blau gekleideter Männer und Frauen drängten sich auf der anderen Seite herein, um die Reihen zu halten.
    Nick sah, wie Hedge sich weiter vorankämpfte. Doch es war nicht mehr die vertraute Gestalt. Es war eher ein Wesen aus Dunkelheit, das Hedge nur noch entfernt ähnelte, umflossen von rotem Feuer, das gegen die goldenen Flammen ankämpfte. Jeder Schritt schien ihn gewaltige Anstrengungen zu kosten, als wäre das goldene Feuer eine physische Kraft, die ihn daran hindern wollte, den Tunnel zu durchqueren.
    Plötzlich flammte eine ganze Gruppe der Nachtmannschaft in einer gewaltigen Lohe auf und verschwand. Bevor die Menschen auf beiden Seiten die Lücke wieder schließen oder eine neue Mannschaft herbeieilen konnte, nutzte das goldene Feuer die Chance und loderte tief in den Tunnel. Die Träger sahen es, fluchten und schrien, hielten jedoch nicht inne, sondern tauchten in die Flammen ein wie Schwimmer in die Wogen. Die Träger und die Bahre schafften es hindurch, doch Nick wurde vom Feuer erfasst, vollkommen eingehüllt und von der Bahre gerissen. Er fiel auf den Steinboden des Tunnels.
    Mit dem goldenen Feuer schoss ein stechender,

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